Mord inclusive
erfuhr ich, dass Kyla, durch mein Verschwinden aufs Höchste alarmiert, die Gruppe zusammengetrommelt hatte, um nach mir zu suchen.
Als ich schon mitten unter meinen Reisegefährten war, packte mich Mohameds Hand bei der Schulter. Er riss mich zurück, und die Beine versagten mir den Dienst. Er beugte sich über mich und griff nach meiner Kehle. Offenbar bemerkte er gar nicht, dass rundherum Leute standen. In einem lichten Moment, von dem sie später ihr Leben lang mit Stolz berichten sollte und ich nie genug hören konnte, sprang Kyla von hinten herzu und trat Mohamed mit aller Kraft mitten zwischen die gespreizten Beine.
Anders als ich zuvor traf sie perfekt. Ich hörte den dumpfen Aufschlag, mit dem ihre spitze Gucci-Stiefelette auf seiner empfindlichsten Stelle landete. Er ließ meine Kehle los und knallte zu Boden wie ein Stein. Das heißt, wenn ein Stein sich wie ein Embryo zusammenkrümmen und sich vor Schmerzen winden könnte.
Auch DJ war herzugesprungen, um Mohamed zu packen, aber da das jetzt nicht mehr nötig war, half er mir auf die Beine. Ich rang nach Luft und schrie mit heiserer Stimme: »Alan! Sie haben Alan!«
»Wer? Wer hat Alan? Was geht hier vor? Ist mit Ihnen alles okay?«, fragte Anni. Sie war tief erschüttert, versuchte aber instinktiv, mich zu beruhigen und die Lage unter Kontrolle zu bekommen.
Ich wollte schreien, konnte aber nur krächzen: »Sie bringen Alan um!« Ich packte DJ bei der Hand und zerrte ihn hinter mir her. Jetzt begriffen auch die anderen, dass etwas Schlimmes passiert sein musste, und wir liefen los. Mohamed ließen wir liegen, wo er war.
Ich rannte wie gehetzt zwischen den Säulen hindurch, an der Sperrkette und den bröckelnden Mauern vorbei. Zu meiner riesigen Erleichterung waren Flora und Fiona fort, und Alan lag da, wo ich ihn zuletzt gesehen hatte. Er bewegte sich ein wenig. DJ beugte sich über ihn und zückte eine kleine Taschenlampe.
»Er ist am Kopf verletzt«, sagte er. »Er blutet und kann eine Gehirnerschütterung haben. Wir brauchen sofort einen Krankenwagen.«
Anni tippte bereits in ihr Handy.
»Sie haben ihm Morphium gegeben«, rief ich.
Drei Paar Augen schauten mich überrascht und ungläubig an.
»Ich habe gehört, wie sie darüber redeten«, erklärte ich. »So haben sie ihn überwältigt. Sie haben ihn hierhergelockt und es ihm gespritzt, bevor er sich wehren konnte.«
DJ griff nach Alans Handgelenk. »Das ist möglich. Sein Puls ist sehr schwach. Die sollen sich beeilen«, rief er Anni zu.
»Wer hat das getan?«, fragte Kyla und blickte erschüttert zu Alan hinunter. »Mohamed und wer noch?«
Bevor ich es sagte, wusste ich bereits, dass sie mir nicht glauben würden. Zwei alte Damen, tatterig und schwach. Aber sie würden es glauben müssen, wenn die Polizei Mohamed verhört hatte, dachte ich bei mir. Er würde sie bestimmt verpfeifen.
»Flora und Fiona«, sagte ich, bemüht, ruhig zu sprechen, damit es überzeugender klang. Meine Kehle tat mir weh. Sogar sehr.
Während DJ und Kyla mich entgeistert anstarrten, nickte Anni zu meiner Überraschung.
Als sie meine Verblüffung bemerkte, sagte sie: »Ich wusste, dass sie nicht waren, was sie vorgaben. Ich habe viel mit älteren Frauen zu tun, aber die beiden, wie soll ich sagen, wirkten ... nicht echt. Das Dumme ist nur, dass ich ausgerechnet Mohamed gebeten habe, sie im Auge zu behalten.«
Dann ging alles sehr schnell. Ein Team von Rettungsassistenten lief herbei und brachte Alan auf einer Trage fort. DJ blieb bei ihm, um sicherzugehen, dass er ordentlich behandelt wurde. Mich packte die Reue, dass ich ihn je verdächtigt hatte. Ich wollte ebenfalls mitgehen, aber Anni hielt mich zurück.
»Sie können jetzt nichts für ihn tun. Außerdem brauche ich Sie, damit Sie der Polizei berichten, was hier vorgefallen ist.«
Sie winkte die Polizisten herbei, als die auf der Bildfläche erschienen, und erklärte ihnen mit einem Redeschwall auf Arabisch, begleitet von heftigen Gesten, was passiert war. Ich fragte mich, wozu sie mich überhaupt brauchte. Zwei Mann stürzten sofort davon, offenbar um Mohamed zu verhaften. Der dritte Beamte hörte Anni mit zunehmend skeptischer Miene zu und kritzelte etwas in ein kleines Notizbuch. Als sie von mir sprach, schaute er zu mir hin.
»Jocelyn, kommen Sie doch bitte mal. Ich möchte dem Herrn Ihren Hals zeigen.«
»Was?«, fragte ich und trat zu ihr.
»Ihren Hals. Da sind schon Hämatome zu sehen. Spüren Sie das nicht?«
Als ich mein Oxford-Shirt
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