Mord inclusive
Tagen ist er wieder ganz der Alte. Das Morphium hatte auch einen Vorteil. Er hat die Stiche nicht gespürt.«
»Was für Stiche?«, fragte ich erschrocken.
»Sehen Sie da über der Augenbraue. Insgesamt acht. Das habe ich doch gut hingekriegt, oder?«, sagte er begeistert. »Im Moment ist es noch geschwollen und sieht gefährlich aus, aber ich gebe Ihnen mein Wort, davon bleibt nur ein feiner weißer Strich übrig. Er muss einen Stein oder etwas anderes Scharfkantiges abgekriegt haben. War bestimmt sehr schmerzhaft.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Morphium schon gewirkt hat, als der Stein ihn traf. Kann er da viel davon gemerkt haben?«
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Nein, wahrscheinlich überhaupt nichts. Morgen früh werden ihn allerdings tüchtige Kopfschmerzen plagen.«
Ich umfing Alans reglose Gestalt mit einem Blick.
»Diese Schlangen«, sagte ich, und mein Schuldgefühl schwand. Schließlich hätte ich den Stein nicht geworfen, wären da nicht Mohamed, Flora und Fiona gewesen. Es war also eigentlich nicht meine Schuld.
»Ja, das ist wohl die richtige Bezeichnung für diese Leute«, pflichtete der Arzt mir bei. »Die wollten ihn offenbar umbringen. Aber warum haben sie ihm noch mit einem Stein auf den Kopf geschlagen, wenn sie ihm schon das Morphium verabreicht hatten?«
Ich beschloss, das Thema zu wechseln. »Sie haben sich aber weit weg von zu Hause eine Arbeit gesucht.«
Er lächelte. »Baltimore und Luxor sind Partnerstädte. Wir haben da ein Programm für Mediziner, die jedes Jahr ein paar Wochen hierherkommen, aushelfen und dabei Erfahrungen sammeln. Außerdem schauen wir uns natürlich auch die Sehenswürdigkeiten an, bekommen aber wesentlich mehr vom Alltag der Ägypter mit als ein gewöhnlicher Tourist. Das ist richtig cool.«
Jetzt ließ sich Anni wieder hören. »Am besten, wir fahren zum Schiff zurück. WorldPal schickt gleich morgen früh jemand anderes, der sich um Alan kümmern wird. Ich begleite die Reisegruppe nach Kairo, wie vorgesehen.«
Ich schluckte schwer. Ich wusste, dass sie recht hatte. Es war wohl das Beste, die Reise wie geplant abzuschließen. Was sollte ich in diesem merkwürdigen Land ohne Sprachkenntnisse, ohne Einfluss und mit sehr wenig Geld auch tun? Und in welchem Verhältnis stand ich zu Alan? Zu einem Mann, den ich erst seit ein paar Tagen kannte, mit dem ich ein wenig gescherzt und einmal getanzt hatte. Der in einem Monat bestimmt schon meinen Namen vergessen haben würde. Der Gedanke tat mir furchtbar weh.
Anni sah meine Verwirrung und nahm mich beim Arm. »Keine Sorge. Er wird schon wieder gesund. Sie haben ihm das Leben gerettet, das wissen Sie. Ich denke, Sie werden ihn wiedersehen.«
Samstag und danach
Sie kehren nach Kairo zurück und verbringen dort Ihre letzte Nacht. Am Nachmittag haben Sie die Möglichkeit, sich für eine Fahrt zum Chan el-Chalili, Ägyptens berühmtestem Basar, zu entscheiden, bevor Sie Ihren Reisegefährten Lebewohl sagen und sich auf den Heimflug begeben.
Flyer von WorldPal
15. KAPITEL
LÖSUNGEN UND WIEDERSEHEN
Am nächsten Morgen kehrten wir mit dem ersten Flug nach Kairo zurück. Unsere kleine Reisegesellschaft wirkte jetzt merkwürdig geschrumpft. Nicht, dass mir Mohamed oder die verwirrten Alten, diese Mörderbande, fehlten, aber mir war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr Alan für mich zu der Gruppe gehört hatte. Dass er nicht da war, nahm dem Tag viel von seinem Glanz. Außerdem schmerzte mein Hals immer noch, ich war griesgrämig, und der ganze Körper tat mir weh. Zu Boden geworfen zu werden ist wohl doch nicht so folgenlos, wie es im Film aussieht.
Im Wartebereich des Flughafens nahm mich Yvonne beiseite.
»Nun?«, fragte sie und schien fast vor Neugier zu platzen.
»Zumindest mit Mohamed haben wir recht gehabt«, sagte ich und erzählte ihr kurz, was am Abend zuvor passiert war.
Sie ließ einen leisen Pfiff hören. »Flora und Fiona? Tatsächlich? Die haben ihre Rolle glänzend gespielt, das ist mal klar. Auf sie wäre ich nie gekommen«, fügte sie bedrückt hinzu.
»Ich auch nicht. Aber Anni haben sie offenbar nicht hinters Licht führen können. Nur hat sie Mohamed gebeten, die beiden im Auge zu behalten. Was ihm perfekt in den Kram passte, denn das hatte er sich sowieso vorgenommen.«
Ich warf einen Blick auf die ganze Gruppe, die mir so ans Herz gewachsen war. DJ und Nimmi standen an einem kleinen Verkaufsstand und hatten noch nicht genug vom Feilschen.
»Was will er nur mit
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