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Mord inclusive

Mord inclusive

Titel: Mord inclusive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janice Hamrick
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aufgehalten von Charlie und Yvonne, die vor der Treppe standen und sich aneinanderklammerten. Mit mehr oder weniger Geduld warteten wir darauf, dass sie entweder hinunterstiegen oder -fielen.
    Als es dann geschafft war, traten wir in einen niedrigen länglichen Raum. Auf dem Boden lag ein abgetretener grüner Teppich, und die mit Holz verkleideten Wände zierten Dutzende gerahmte Malereien. Vier relativ junge Männer und zwei junge Frauen standen im Raum verteilt und erwarteten uns. Sie trugen westliche Kleidung, die Frauen Kopftücher wie Anni. Auf einem großen flachen Tisch mitten im Raum sahen wir Schalen mit Wasser und zahlreiche Werkzeuge. Das Neonlicht war sehr grell und warf von dem Teppich ein grünliches Licht auf unsere Gesichter.
    Als wir dicht herantraten, um die Malereien auf Papyrus genauer zu betrachten, war ich tief enttäuscht. Das Papier war aus hellbraunen Streifen von schilfähnlichem Material gemacht, die mich sehr an die Bambussprossen in einem fernöstlichen Hühnerfleischgericht erinnerten. Sie waren zu einem Gitter zusammengepresst, wie Kinder zu Ostern kleine Platzdeckchen aus Papierstreifen flechten. Natürlich hatten die Ägypter ein Pressverfahren entwickelt, das ein festes Blatt ergab, aber die Streifen waren nach wie vor zu erkennen. Mehr überraschte mich jedoch, dass man für die Malereien so grelle Farben benutzte. Es waren viele traditionelle ägyptische Motive zu sehen, aber ein beträchtlicher Teil – Kätzchen oder Vögel – schien dem westlichen Geschmack angepasst. Einige hätte ich mir in einem Autoverleih in Arkansas gut vorstellen können.
    »Und das soll das echte Zeug sein«, flüsterte Kyla mir zu. »Stell dir vor, wie dann der billige Kitsch wohl aussieht.«
    Sie trat zur Seite, während wir anderen uns um den Tisch versammelten, um zuzuschauen, wie ein Mann mittleren Alters den Stängel einer Papyruspflanze einweichte und breit klopfte. Als der die Breite eines Besenstiels erreicht hatte, schnitt er ihn mit einem gefährlich scharfen Messer ein und zog einen langen Streifen nasser Faser ab. Er war nicht mit viel Vergnügen bei der Sache, denn entweder war es noch zu früh am Tage oder er hatte diese Vorführung schon zu oft wiederholt. Lustlos hielt er uns den Schlägel hin, damit wir  es selbst probieren sollten. Chris Peterson sprang vor und bot sich an. Sofort begann er zu hämmern, so hart und schnell er nur konnte. Stücke von Papyrus flogen nach allen Seiten. Mit beträchtlichem Mut packte seine Mutter ihn beim Handgelenk und entwand ihm das Werkzeug, bevor er den ganzen Vorrat zertrümmern oder jemandes Finger zu Matsch zerschlagen konnte. Widerwillig überließ er den Schlägel Yvonne und trat zurück, während ihm seine Mutter etwas ins Ohr zischte. Ich hätte beinahe laut aufgelacht. Da tauchte Alan neben mir auf.
    Ich blickte zu ihm hoch. Selbst bei dieser unvorteilhaften Beleuchtung sah er gut aus. Seine Augen wirkten jetzt mehr grau als grün. Die Wimpern hatten dieselbe hellbraune Farbe wie sein Haar.
    »Was meinen Sie?«, fragte er und wies mit dem Kopf auf Yvonne, die gerade mit beträchtlicher Kraft den Schlägel betätigte. Dass sie ständig danebenschlug, störte sie überhaupt nicht.
    »Sehr interessant«, log ich. Natürlich nicht so interessant, wie mit ihm zu sprechen. Ich blickte mich nach Kyla um, aber sie beachtete uns überhaupt nicht.
    »Tatsächlich?« Er hob die Augenbrauen.
    »Nein.«
    Nun musste er so laut lachen, dass die Peterson-Jungen neugierig herumfuhren. Susan packte beide bei den Armen und drehte sie wieder der Vorführung zu.
    »Sorry, Jungs«, sagte Alan leise. Er lächelte mir zu. »Sie werden heute wohl keinen Händler glücklich machen?«
    »Kaum. Das heißt, etwas Kleines könnte ich schon kaufen, um es meinen Schülern zu zeigen. Es wäre nett, etwas zu finden, das nicht so ...« Ich suchte nach dem richtigen Wort.
    »... scheußlich aussieht?«, kam er mir zu Hilfe.
    »Ich wollte modern sagen, aber scheußlich passt auch. Die Farben sind mir viel zu kräftig.«
    »Um gerecht zu sein, ich glaube, so etwa können ägyptische Malereien einst ausgesehen haben, als sie noch frisch waren. Wir sind so daran gewöhnt, uns dreitausend Jahre alte Dinge nur von Sonne und Wind verwittert vorzustellen, dass frische Farben wie gefälscht auf uns wirken.«
    Ich dachte über seine Worte nach. »Sie meinen also, das alte Ägypten hätte wie Munchkinland im Zauberer von Oz ausgesehen?«
    »Nein, so habe ich das nicht gemeint.

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