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Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Titel: Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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eine Medizin nahm, die auf der Basis dieser wohlbekannten Pflanzen hergestellt war, wußte man wenigstens, was man sich einverleibte.
    Doch jetzt hatte Meredith entdeckt, wonach sie eigentlich suchte. In die hohe Backsteinmauer am Ende des Pfarrgrundstücks war eine stabile Holztür eingefügt. Berts Ada hatte keine Verehrer haben dürfen, also hatte sie sich abends »zur hinteren Gartentür« geschlichen, um dort den liebeskranken Bert zu treffen. Was die Phantasie ein bißchen ins Trudeln brachte. Doch das mußte die Tür sein, ganz bestimmt, und dahinter lag die Love Lane. Von da, wo sie stand, konnte Meredith oben an der Tür einen Eisenriegel ausmachen. Wahrscheinlich war er nach all den Jahren verrostet. Als sie näher kam, sah sie jedoch, daß das nicht der Fall war. Der Riegel war schwarz und glänzend und noch vor kurzem geölt worden. Meredith streckte die Hand aus und drückte dagegen. Er glitt leicht zurück, und auf ihren Fingerkuppen blieb überschüssiges Öl haften. Sie wischte sich die Hand an ihrem Taschentuch ab und öffnete die Tür.
    Sie knarrte ganz leise, doch auch die Angeln mußten erst kürzlich geölt worden sein, und das Knarren kam vom alten Holz der Tür. Meredith trat hinaus – sie fühlte sich wie eine Figur aus einer Viktorianischen Kindergeschichte. Vor ihr lag ein schmaler Pfad. Er führte an der Mauer des Pfarrgartens entlang zu einer entfernten Baumgruppe. Love Lane – »die Liebesgasse«. Jetzt gab es freilich nur wenige junge Leute im Dorf, die es nutzen konnten. Die Überraschung kam jedoch, als sie sich umschaute, um zu sehen, was auf der anderen Seite an die Love Lane grenzte: Sie blickte über eine Hecke direkt in die Gärten, die sich hinter den beiden von Bert und Phil Lorrimer bewohnten Cottages erstreckten.
    Meredith legte die Stirn in Falten und versuchte, sich im Geist einen Plan von der Örtlichkeit zu machen. Ja, natürlich. Das Pfarrhaus, obwohl ziemlich weit weg von den Cottages, lag parallel zu ihnen, und das weitläufige Grundstück reichte bis an ihre Gärten, wobei die Love Lane die Trennlinie bildete. Das näher gelegene Cottage gehörte Philip. Sie sah, daß die Hintertür offenstand. Ein Stück weiter unten im Garten, ihr gegenüber, entdeckte sie ein viereckiges, unansehnliches Gebäude aus Schlackenstein mit einem Wellblechdach; das mußte das Atelier sein. Sie fragte sich, ob er wohl eine Baugenehmigung dafür hatte. Wahrscheinlich nicht.
    Urplötzlich zerriß ein seltsamer, schauerlicher Schrei die Stille. Meredith zuckte zusammen. Wieder ertönte der Schrei, und jetzt identifizierte sie ihn als einen jener seltsamen Laute, die Siamkatzen ausstoßen. In der Hecke war eine Lücke, und Meredith zwängte sich hindurch und betrat Philip Lorrimers Garten.
    Der Kater stand ein paar Meter entfernt an der offenen Tür des Ateliers. Seine auffallend blauen Augen sahen in dem dunkelbraunen, keilförmigen Kopf riesig aus, und das kurze silbrige Fell war gesträubt. »Tom!« rief Meredith, doch er lief davon.
    Sie blickte zur offenen Küchentür. Nirgends ein Lebenszeichen. Zögernd ging sie auf das Atelier zu und rief: »Philip? Ich bin es, Meredith Mitchell aus der Pfarrei! Alles in Ordnung? Phil?«
    Die Tür knarrte im Wind. Von irgendwoher aus dem Gebüsch stieg wieder Toms schauerliche Klage in die Luft.
    Meredith spürte, wie sich ihr die Haare im Nakken aufrichteten – und schuld daran war nicht nur der unheimliche Schrei des Katers, es gab hier noch etwas anderes. Sie legte die Hand auf die Klinke der Ateliertür. Ihr Herz hämmerte wild, und sie hatte plötzlich einen trockenen Hals. Sie gab sich einen Ruck, stieß die Tür auf und betrat das Atelier.
    Philip lag der Länge nach auf dem Boden, sein Körper war unnatürlich verkrümmt, der Kopf zurückgeworfen, und die Knie waren angezogen wie bei einem Fötus. Ein Arm lag unter dem Oberkörper, der andere war ausgestreckt und wies auf die Tür, zu der Philip in seiner Todesqual offenbar hatte kriechen wollen. Seine Finger hatte er in den staubigen Boden gekrallt und sich dabei die Nägel abgerissen.
    Das Schrecklichste aber war der Ausdruck seines zur Seite gewandten Gesichts, das zu ihr heraufstarrte. Keine Spur mehr von Jugend und Schönheit. Die offenen, blicklosen Augen waren fast aus den Höhlen gequollen, die Lippen zurückgezogen wie bei einem zähnefletschenden Tier. Er hatte sich übergeben, überall auf dem Fußboden war Erbrochenes.
    Meredith fiel auf die Knie, streckte eine zitternde Hand aus

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