Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
wenigstens brauchen wir jetzt nicht mehr nach häßlichen kleinen Päckchen Ausschau zu halten.«
»Wie meinen Sie das?« Merediths Magen krampfte sich zusammen.
»Wer, glauben Sie denn, hat diese grauslichen kleinen Visitenkarten hinterlassen? Der Töpfer natürlich.«
»Sie haben kein Recht, so etwas zu behaupten!« platzte sie heraus.
»Sie werden es schon noch einsehen. Vergessen Sie nicht, ich bin länger hier als Sie. Und wir haben uns schon früher mit solchem Zeug herumschlagen müssen. Jetzt, da es ihn nicht mehr gibt, werden wir auch nichts mehr finden.«
Das klang so überzeugt, daß sie schwankend wurde. »Warum hätte er so etwas tun sollen?«
»Er war verrückt nach der Kleinen, nach Sara. Kommen Sie schon, das ergibt einen Sinn. Junge Liebe, die zu Bitterkeit geworden ist. Nicht, daß ich mich in diesen Dingen gut auskennen würde.«
Meredith blickte ihn an und meinte sarkastisch: »Das glaube ich gern.«
»Lady«, sagte Elliott, »ich kenne die Menschen. Sie sind mein Beruf.«
Sie war müde, und außerdem machte sich – verspätet – der Schock bei ihr bemerkbar. Sie war nicht imstande, sich jetzt mit ihm auseinanderzusetzen. »Es gibt keine Möglichkeit, das, was Sie da behaupten, zu beweisen, Albie. Ich bin überzeugt, Sie wissen eine Menge mehr darüber, als Sie mir sagen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, mit Chief Inspector Markby zu sprechen.«
»Freiwillig nie, Schätzchen. Haben Sie ihm alles gesagt?«
»Ja.« Meredith wurde rot. »Nun, nein, nicht alles.«
»Haben Sie ihm von dem Ochsenherzen und der Puppe erzählt?« Sein Ton war schärfer geworden.
»Nein …« Sie riß sich zusammen. »Ehe es keinen Obduktionsbefund gibt, wissen wir nicht, warum Lorrimer gestorben ist oder ob unsere Funde irgendwie mit ihm zusammenhängen.« Ihre Stimme klang wenig überzeugend.
Elliott lächelte boshaft. »Er ist tot. Ist es wichtig zu wissen, warum? Aber es war gut und richtig, daß Sie über das Herz und die Puppe nichts gesagt haben. Vergessen wir beides, ja?«
»Ich weiß nicht, was Sie für ein Spiel spielen, Albie«, sagte Meredith leise, »aber ich bin nicht in der Stimmung, noch länger über diese Sache zu sprechen. Und, Albie – ich mag es nicht, wenn man mir nachspioniert.«
»Verzeihen Sie mir«, sagte er sarkastisch.
Alan Markby kam am Ende eines nicht sehr erfolgreichen Tages nach Hause. Mit einem Becher Tee in der einen und einem Insektenspray in der anderen Hand ging er in seinen Hinterhof – halt, er mußte sich endlich angewöhnen, das Ding Patio zu nennen.
Wenn man die Weißfliegen erfolgreich bekämpfen wollte, mußte man sich unbemerkt anschleichen und sie besprühen, ehe sie davonflattern und sich in Luft auflösen konnten, um sich später, wenn man gegangen war, wieder zu sammeln. Es erforderte eine gewisse Geschicklichkeit, einerseits richtig zu sprühen und andererseits den Tee außerhalb der Reichweite des Pestizids zu halten. Während er beides gleichzeitig versuchte, sagte er sich, daß es so gewiß nicht richtig war: Auf diese Weise vergifteten sich die Leute unabsichtlich.
Hatte sich eigentlich je ein Mensch unabsichtlich vergiftet? Das war die Frage. Er stellte das Spray auf den Tisch, setzte sich auf eine wacklige Bank und genoß die letzten Strahlen der Abendsonne. Die bedrohlichen Regenwolken hatten sich nun doch aufgelöst. Sein Haus war das letzte in einer Reihe, es stammte aus frühviktorianischer Zeit, war ursprünglich gebaut worden, um die Ansprüche einer aufstrebenden Mittelschicht zu erfüllen, und hatte später schwerere Zeiten durchzustehen. Jetzt war Viktorianisches wieder modern. Die sozialen Aufsteiger waren in die Reihenhäuser gezogen. Markby, der das Haus früher als alle anderen erstanden hatte – und noch bevor die Immobilienpreise in die Stratosphäre geschnellt waren –, betrachtete die Neuankömmlinge voller Mißtrauen. Einer hatte sogar – Großer Gott, hilf! – eine Satellitenschüssel auf sein Dach montiert. Entrüstet hatte Markby seine Schwester Laura gefragt: »Braucht der Kerl denn keine Baugenehmigung dazu?«
»Nun ja«, hatte Laura geantwortet, »was Satellitenschüsseln angeht, gibt es eine Grauzone. Vielleicht könntest du ihn dazu bringen, daß er sie wieder abbaut. Vielleicht aber auch nicht. Auf jeden Fall würde das für böses Blut zwischen Nachbarn sorgen, und da mußt du dir schon überlegen, ob sich das wirklich lohnt oder ob du nicht lieber den Anblick in Kauf nehmen solltest, auch wenn er deine Augen beleidigt. Du mußt
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