Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
hättest ihn benutzt. Und das hast du ja auch, nicht wahr?« sagte Meredith unbarmherzig. »Er war ein junger Mann, Sara, kein alter Opa, dem du einfach dein Herz ausschütten konntest. Er war ein junger Mann, egal mit wie vielen Fehlern, der in einem Dorf lebte, das ihn nicht mochte und verachtete. Er lebte allein mit zwei Katzen, und auf einmal warst du da, ein hübsches Mädchen aus der besten Gesellschaft, hast ihn regelmäßig in seinem Atelier besucht, ihm bei der Arbeit geholfen, dich an seiner Schulter ausgeweint und ihm das Gefühl gegeben, gebraucht zu werden, stark und klug zu sein, obwohl er nichts von alledem war. Er war schwach, es fiel ihm schwer, Freundschaft zu schließen, und er hatte irgendeinen Komplex. Wer weiß, vielleicht war er sogar impotent. Aber du hast ihm das Gefühl gegeben, er sei sexy und begehrenswert wie kein anderer, und dann hast du ihm den Teppich unter den Füßen weggezogen. Ja, das hast du getan, als du mit diesem Wunderkind ankamst, das mit dem Porsche vorfährt, maßgeschneiderte Anzüge trägt und kreuz und quer durch die Welt jettet!«
»Hör auf!« schrie Sara. »So war es nicht. Phil war gräßlich! Du kannst ihn doch nicht verteidigen. Du würdest schließlich auch nicht die Männer verteidigen, die die Frauen tyrannisieren und verprügeln, die zu uns in das Heim kommen, also versuch gar nicht erst, eine Entschuldigung für ihn zu finden.« Sie ballte die Hand, und der große Rubin funkelte auf der blassen Haut. »Er hätte es nicht gewagt, sich so zu benehmen, wenn Robert noch gelebt hätte. Er sagte so häßliche Dinge und spielte mir widerliche Streiche. Schickte mir ein Päckchen mit einem toten Vogel. Es muß einer gewesen sein, den die Katzen getötet hatten. Aber er lag in einer kleinen Schachtel, in Seidenpapier gebettet und das Ganze hübsch in Geschenkpapier verpackt. Als ich die Schachtel aufmachte, lag da der Vogel, tot und voller Maden. Es sind auch noch andere Sachen passiert.«
Also hat Albie Elliott doch recht gehabt, dachte Meredith.
Sara fröstelte und kreuzte die bloßen Arme vor der Brust. »Er machte mir auch peinliche Szenen. Und er gab sich nicht mit unflätigen Reden zufrieden, er wurde gewalttätig. Einmal schlug er mir ins Gesicht, aber ich habe es Mummy nicht erzählt. Er kam zu uns ins Haus und brüllte mich vor ihr an. Sie sagte, er solle gehen, und er packte eine Tischlampe und warf sie nach ihr. Hat sie nur knapp verfehlt und dabei auch den Bilderrahmen beschädigt. Erst danach ließ Mummy das Sicherheitstor und die Alarmanlage einbauen.«
»Hat eine von euch es der Polizei gemeldet?«
»Nein. Wir wollten nicht, daß Jon davon erfährt. Jon mag wegen seines Jobs und seiner so reizenden Familie keine negative Publicity. Mummy, die so bekannt ist, konnte es auch nicht riskieren. Außerdem hätte Jon sich über mich und Phil ein falsches Bild machen können, wenn er es erfahren hätte. Schließlich war ich jeden Tag ins Atelier gegangen und so … Vielleicht hätte er meine Motive mißverstanden.«
»Ja, vielleicht. Lorrimer hat es jedenfalls getan. Und bilde dir nicht ein, daß Jon nichts davon weiß. Du hast dich von Lorrimer malen lassen, nicht wahr? Als du ihn fallenließt, hat er das Bild nach Bamford in eine kleine Galerie gebracht, um es zu verkaufen.«
Sara schluckte. »Ich weiß. Ich habe ihn gebeten, es zurückzuholen. Als ich lange genug gebettelt hatte, behauptete er, er werde es tun. Aber er hat es nicht getan. Er log mir vor, es sei bereits verkauft.« »Er hat nicht gelogen, Sara. Jonathan hat es gekauft.«
Einen Moment lang dachte Meredith, Sara würde gleich in Ohnmacht fallen. Sie wankte, und ihre Augen wurden glasig. Dann weiteten sie sich vor Entsetzen. »Nein – das ist unmöglich! Er hat nichts von dem Bild gewußt.«
»Er hat es gewußt. Irgendwo hat Jonathan eine Informationsquelle, die wir nicht kennen. Lorrimer war in der Galerie, um das Bild zu holen, aber er kam zu spät. Lazenby war vor ihm dort gewesen. Lorrimer erriet, wer es gekauft hatte. Von seinem Standpunkt aus war es das Schlimmste, was passieren konnte.«
»O nein«, stieß Sara verzweifelt hervor. Dann blickte sie mit einem Anflug von Trotz in den Augen auf. »Du redest noch immer so, als hättest du Mitleid mit ihm. Er war ein so gräßlicher Mensch. Warum gibst du mir die Schuld?«
Meredith seufzte. »Ich gebe dir nicht die Schuld, Sara, nicht dir allein. Du hast dir leid getan und hast ganz egoistisch nur an dich gedacht, sonst hättest du nämlich
Weitere Kostenlose Bücher