Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord ist auch eine Lösung

Mord ist auch eine Lösung

Titel: Mord ist auch eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
Vom Netzwerk:
Honey konnte sich nicht beherrschen und streichelte zärtlich mit dem Finger über das winzige Händchen.
    »Jetzt sei ein braves Engelchen und sei ganz leise, während ich die Betten mache. Tante Honey hat nämlich ein Hotel zu managen. Auch wenn ich mich manchmal frage, ob das jemand sonst mitkriegt«, fügte sie mit leiser Stimme hinzu.
    Bronica hatte offensichtlich ein hervorragendes Gehör. Sie begann sich zu bewegen, und ihr Mündchen verzog sich zu einem klagenden Miauen, begleitet von kleinen hustenähnlichen Grunzern.
    »Ah!« Blitzschnell entfernte Honey den störenden Streichelfinger. »Bronica, du enttäuschst mich. Wenn du nur ein kleines bisschen warten könntest …«
    Es war lange her, dass sie die Verantwortung für ein so winziges Wesen gehabt hatte – neunzehn Jahre, um genau zu sein. Es wird ja immer behauptet, dass man derlei nicht verlernt. Ehrlich gesagt, sie hatte nicht die geringste Lust, das alles noch mal zu durchleben. Sie hatte das Füttern, Wickeln und Hintern-Abwischen hinter sich, und, nein, vielen Dank, sie wollte damit lieber nicht wieder anfangen.
    Besorgt schaute sie in die Richtung, in die Anna verschwunden war, und murmelte eine ganze Latte beruhigender Lügen vor sich hin. Anna würde nur eine Zigarette rauchen. Sie würde nur sehr kurz telefonieren. Sie würde nur eine einzige Tasse Tee trinken. Und natürlich würde sie ihr Baby nicht vergessen … oder?
    Das Baby begann zu schreien.
    »Schsch!« Honey ruckelte die Tragetasche sanft hin und her. »Die Mama kommt gleich zurück. Warte nur ein Weilchen …«
    Bronica nahm keine Notiz von ihr. Das Schreien wurde lauter. Aus einem Zimmer streckte eine Frau den Kopf in den Korridor. Inzwischen hatte das St. Margaret’s Court ihr noch weitere Gäste überlassen. Denn dort ging es nur sehr |97| schleppend voran mit den Umbauarbeiten und den Nachforschungen der Polizei.
    »Meinen Sie, Sie könnten das Kind beruhigen? Mein Mann muss ruhen, nachdem er seine Medikamente genommen hat.«
    Typisch! Nicht alle alten Schachteln – Verzeihung: Senioren – waren aus dem Haus gegangen, um sich die Sehenswürdigkeiten der Stadt anzuschauen.
    Die Dame mit den bläulich getönten Haaren und der auffälligen, strassbesetzten Brille und dem Morgenrock mit Blümchenmuster grummelte noch, Kinder sollte man sehen, aber nicht hören. Der Typ Mary Poppins war die bestimmt nicht.
    Honey wollte gerade zurückknurren, dass die Dame die kleine Bronica ganz gewiss nicht gesehen haben konnte, weil sie gut im Wäscheschrank verborgen war. Das Gebrüll war natürlich eine andere Sache… Nein. Irgendwie ging das nicht. Also musste Honey weiter beruhigende Geräusche von sich geben und ab und zu »Schlaf schön, kleine Maus« murmeln.
    »Schsch«, beschwor sie das Baby. »Mami kommt gleich zurück.« Sie lächelte hoffnungsfroh in das goldige kleine Gesicht hinunter.
    Bronica ließ sich aber nicht beruhigen. Sie jaulte nur noch lauter und machte zwischendurch kleine Schmatzgeräusche und spitzte das Mäulchen, als wollte sie trinken.
    »Schau gut hin«, meinte Honey ganz ernst. Sie legte die Hände an die Brust. »Die hier sind nur Schau, hier gibt’s keine Milch.«
    Keine Chance.
    Sie war sich ziemlich sicher, dass Bronica gestillt wurde. Osteuropäische Frauen waren da sehr vernünftig. Muttermilch war billiger und praktischer als das Zeug, das man aus Pulver anrühren und mit der Flasche füttern musste.
    Honey verlegte sich erneut darauf, an der Tragetasche zu ruckeln. Und weiter beruhigende Mantras zu säuseln. »Sch, |98| sch, die Mami kommt gleich wieder.« Das Kind gluckste fröhlich.
    Honey war sehr zufrieden mit sich. »Braves Mädchen. So, und jetzt gehe ich nur ganz schnell und …«
    Kaum wollte sie nach rechts verschwinden, da legte Bronica auch schon wieder los.
    Honey verdrehte die Augen gen Himmel. »Scheiße noch mal!«
    Der Himmel schickte keine Hilfe. Verzweifelt suchte Honey nach einer Lösung.
    Auf gar keinen Fall wollte sie zwischen dem Bettenmachen und Säubern der Zimmer immer wieder zum Wäscheschrank rennen.
    Die Hände in die Hüften gestützt, schaute sie zu dem Baby hinunter und schüttelte den Kopf. »Du lässt mich nicht weg, was?« Sie fühlte sich merkwürdig privilegiert, dass sie so begehrt war. Irgendwie war das rührend, und ihr wurde ganz warm ums Herz. Sie hatte es also doch noch nicht verlernt.
    Natürlich gab das Kind keine Antwort, wenn auch der Gesichtsausdruck Bände sprach. Seltsam, dass diese kleinen Gesichter

Weitere Kostenlose Bücher