Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord ist auch eine Lösung

Mord ist auch eine Lösung

Titel: Mord ist auch eine Lösung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean G. Goodhind
Vom Netzwerk:
sich um die Familie zu kümmern hatten. Honey konnte sich gut vorstellen, wie sie hier wie geschäftige Mäuschen herumwuselten und alle Aufgaben erfüllten, die ein solch großes Herrenhaus reibungslos wie ein Uhrwerk am Laufen hielten.
    So war es heutzutage überhaupt nicht mehr. Heute war der Flur kalt und leer. Das einzige Geräusch außer ihren lauten Schritten war ein langes, leises Winseln, als pfiffe der Wind unter einer schlecht eingepassten Tür hindurch. Es zerrte an den Nerven, war beinahe ein bisschen gespenstisch. Aber Honey lebte ja mit Gespenstern. Laut Mary Jane spukte es in ihrem Hotel regelmäßig. Manchmal glaubte Honey ihr das sogar.
    Die Kälte, die aus den Wänden zu strömen schien, ließ Honey bis ins Mark hinein frösteln, als hätte ihr jemand mit einer eisigen Hand über den Rücken gestrichen.
    |156| Es waren auch hier Farbeimer aufgereiht, diesmal mit der Bezeichnung »Terracotta«. Jemand hatte sich offensichtlich vorgenommen, das Farbschema im Haus ein wenig bunter zu gestalten. Jahrhundertelang waren diese Wände gekalkt worden. Wo schon gestrichen war, leuchteten die Wände terracottafarben, jedoch war die Farbe teilweise bereits wieder abgeblättert. Die neuzeitliche Farbe hatte offensichtlich die alte Tünche nicht überdecken können, weil die alte nicht auf der neuen Farbe haftete.
    Es standen drei Farbtöpfe nebeneinander. Bei einem fehlte der Deckel. Ein Pinsel lag quer über dem Rand. Honey hatte einen Verdacht und hob den Pinsel hoch. Richtig, die Borsten waren knochenhart. Sie tupfte damit gegen die Seite des Farbtopfs. Genau! Damit hätte man eher jemanden erdolchen, als eine Wand streichen können.
    Honey legte den Pinsel zurück, richtete sich auf und schaute in den finsteren Raum, der vor ihr lag. Also, was tun?
    Sie ging weiter. Rechts und links zweigten die Küche und einige Vorratsräume vom Flur ab. Im Augenblick brannte kein Licht, und kein Lebewesen – außer der einen oder anderen Spinne vielleicht – hielt sich an diesem einsamen Ort auf. Honey schob die Schwingtür auf und schaute in die Küche. Die Edelstahlflächen waren sauber geschrubbt, und keine einzige Pfanne, kein Topf, keine Servierplatte war mehr zu sehen. Der Raum roch auch so, als sei er schon eine ganze Weile nicht mehr benutzt worden: Der Geruch nach altem Putz und Acrylfarbe übertönte den nach abgestandenen Kochdünsten.
    Am anderen Ende des Tunnels – so beschrieb man dies hier wohl am besten – schimmerte verlockend das Tageslicht.
    Nachdem sich Honey überzeugt hatte, dass in der Küche oder im Vorratsraum nichts von Interesse zu finden war, machte sie sich zum anderen Ende des Flurs auf.
    Als sie in die Nähe des Tageslichts kam, spürte sie plötzlich |157| einen kräftigen Luftzug, der ihr das Haar ins Gesicht wehte. Mit einem Mal stand sie im Freien und schaute zum Himmel hinauf. Rechter Hand führten weiß getünchte Treppenstufen nach oben. Unmittelbar über ihr verhinderte ein schmiedeeisernes Geländer, dass jemand in den kleinen Treppenschacht zwischen dem Gebäude und der Außenwelt stürzte. Das Geländer war schlichter gehalten als die sehr kunstvoll verzierten am Haupttor, aber das hier war ja schließlich der Dienstboteneingang.
    Honey wollte gerade die Tür geräuschvoll hinter sich zufallen lassen und die Treppe hinaufgehen, als sie laute Stimmen hörte. Zwei schattenhafte Gestalten zeichneten sich vor dem Himmel ab. Sie waren in eine erhitzte Diskussion verstrickt, wirkten erregt und kampfeslustig. Honey erkannte die Stimmen sofort. Es waren die von Camilla Boylan und Julia Porter. Krieg der Star-Designerinnen!

|158| Kapitel 24
    Vorsichtig und so lautlos wie möglich schloss Honey die Tür hinter sich und drückte sich flach an die Mauer unmittelbar unter den Designerinnen. Camilla brüllte: »Philippe war
mein
Partner. Also übernehme
ich
diesen Auftrag.«
    Julia war nicht minder laut und giftig. »Er ist tot, Schätzchen! Was begreifen Sie denn nicht an der Sache, hm? Also noch einmal, ganz langsam für Ihr Spatzenhirn: Der Auftrag ist mit ihm gestorben. Punkt. Aus. Jetzt können sich wieder alle bewerben, und ich habe den Leuten hier ein Preisangebot für die Fertigstellung der Arbeiten gemacht. Mit ein paar Veränderungen, die meine Lesart von Philippes Entwurf widerspiegeln. Das war’s.«
    »Wagen Sie bloß nicht, mich so von oben herab zu behandeln!« Camilla platzte beinahe vor Wut. Honey erwartete, dass bald die Fetzen fliegen würden. Die beiden klangen wie

Weitere Kostenlose Bücher