Mord ist der Liebe Tod
„Das haben Sie bis jetzt nicht erwähnt. Woran lag das?“
„ Frau Markgraf hatte sich Hoffnungen auf die Stelle gemacht, die ich dann bekommen habe. Das hat sie mir nachgetragen. Seitdem gingen wir uns aus dem Weg, soweit das in so einem Büro möglich ist.“
„ Interessant. Gut, dann können Sie jetzt gehen. Zeigen Sie mir bitte noch das Büro von Frau Wilhelm.“
Frau Kümmel ging voraus und öffnete , ohne zu klopfen, die Tür zu einem der anderen Büros.
„ Elvira, Frau Becker von der Polizei möchte dich sprechen.“
Sie blieb neben Jenny in der offenen Tür stehen und ging erst, als Jenny „Bitte lassen Sie uns alleine!“ sagte. Mit Sicherheit rennt sie sofort zu Herrn Konrad, dachte Jenny.
Elvira Wilhelm war ein ganz anderer Typ. Höchstens Mitte zwanzig, alles an ihr war beige. Die Haare, der Teint und die Kleidung. Hell und unauffällig. Als Frau Wilhelm hinter ihrem Schreibtisch aufstand, war sie nur unwesentlich größer als vorher. Jenny schätzte, dass sie kaum fünfzig Kilo wog.
„ Guten Tag, kommen Sie doch bitte herein. Möchten Sie vielleicht einen Tee? Oder Kaffee?“
Zu einem Kaffee sagte Jenny normalerweise nie nein, aber ihr lief die Zeit davon. Jeden Moment konnte Konrads Kundentermin vorbei sein und wenn er hier auftauchte, würde das Gespräch sicher nicht so unbeschwert verlaufen wie in seiner Abwesenheit.
Also lehnte sie schweren Herzens ab und nahm nur den angebotenen Platz an.
„ Frau Wilhelm“, lächelte sie die schüchtern wirkende Frau vor sich freundlich an, „ich habe gehört, Sie haben sich ab und zu mit Frau Markgraf unterhalten?“
„ Nun“, der Blick der jungen Frau ging unsicher zur Tür hinüber.
„ Alles, was S ie mir erzählen, bleibt unter uns“, beruhigte Jenny sie.
„ Ja, also, das stimmt. Sie war sehr nett zu mir. Besonders als ich neu hier war.“
„ Ah“, nickte Jenny verständnisvoll, „das ist immer schwer. Und wenn dann noch manche Kollegen etwas , sagen wir, schwierig sind…“
Frau Wilhelm schenkte ihr ein kleines Lächeln und nickte.
„ Mein Kollege , Herr Stein, hat schon mit Ihnen gesprochen. Er ist manchmal etwas … einschüchternd.“
Frau Wilhelm nickte wieder. „U nd Herr Konrad war auch dabei“, flüsterte sie fast. „Er hat uns angewiesen, so wenig wie möglich zu sagen. Er sagt, die Polizei im Haus schadet dem Ruf der Bank.“
„ Ein ungeklärter Mordfall ist auch nicht gerade förderlich für den Ruf“, meinte Jenny trocken.
„ Mord?“ Frau Wilhelm blickte sie entsetzt an. „Ich dachte, es war Selbstmord. Das wäre schon schlimm genug, aber Mord?“
„ Die Indizien sprechen eindeutig für Mord. Deswegen ist es wichtig, dass wir so viel wie möglich über Frau Markgraf herausfinden. Können Sie mir etwas über sie erzählen? Irgendetwas?“
Frau Wilhelm legte den Kopf schief, während sie überlegte, und sah dabei aus wie ein blasser Vogel.
„ I ch kannte sie seit etwa einem Jahr. Damals habe ich hier angefangen. Wie gesagt, sie war sehr hilfsbereit. Ich war nie außerhalb der Bank mit ihr zusammen. Was wollen Sie denn genau wissen?“
„ Wir versuchen, mehr über ihr Leben herauszufinden. Kennen Sie Freunde von ihr? Haben Sie mal gesehen, wie sie abgeholt wurde? Oder gehört, wie sie telefoniert hat?“
„ Nun, ich kenne ihren Verlobten, von dem Foto auf ihrem Schreibtisch. Davon hat sie viel erzählt, von ihm und der Hochzeit. Die sollte ja bald sein. Gesehen hab ich ihn nie. Ich bin ab und zu abends mit ihr gegangen, aber ich habe nie gesehen, dass jemand sie abgeholt hat.“
„ Wussten S ie, dass sie Geldschwierigkeiten hatte?“
„ Nein, das kann ich mir auch gar nicht vorstellen.“
„ Frau Wilhelm, ich sage Ihnen jetzt etwas im Vertrauen. Frau Markgraf war nicht verlobt. Mit dem Mann auf dem Foto hatte sie eine Affäre, die schon über ein Jahr lang vorbei war.“
„ Was?“ S ie starrte Jenny verblüfft an. „Aber sie erzählte doch von der Hochzeit. In allen Einzelheiten!“
„ Tja, nichts davon war wahr.“
Frau Wilhelm überlegte lange. „Also we nn ich das jetzt in diesem Licht betrachte. Komisch war das schon, dass er sie nie abgeholt hat. Sie hat sich abends immer so schön gemacht. Als würde sie ausgehen.“
„ Ja, der Grund dafür würde uns auch interessieren.“
„ Wenn Sie etwas herausfinden wollen, dann müssten Sie mal in ihren PC schauen. Ich weiß aber nicht, ob Sie das dürfen. Sie hat den ganzen Tag im Internet gesurft, wenn sie nicht gearbeitet hat.
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