Mord ist der Liebe Tod
legte die Kopien beiseite.
„ Jetzt kommen wir zum interessanten Teil. Naja, dem anderen interessanten Teil. Das Telefonbuch im Handy. Über achtzig Eintragungen. Also ich hab höchstens ein Viertel davon. Und hier, die Namen. Die gleichen Abkürzungen wie im Kalender. Ganz wenig unauffällige Eintragungen: Mama, Mario, Gerlinde. Dann geht’s weiter mit Odysseus, Bärli und so weiter. Hoffentlich finden wir über die Telefonnummern die richtigen Namen raus.“
Sascha wiegte zweifelnd den Kopf.
„ Was ist los?“
„ W enn sich jemand solche Mühe gibt und nicht unter seinem richtigen Namen auftaucht, dann hat er bestimmt kein Handy, mit dem man ihn zurückverfolgen kann. Das sind sicher Prepaid Handys. Gibt’s ja heutzutage an jeder Ecke.“
„ Wollen wir mal hoffen, dass du unrecht hast. Vielleicht war der eine oder andere unvorsichtig. Mit wem hat sich Wilma nur eingelassen? Ob sie doch auf den Strich gegangen ist?“
„ Also Bärli hört sich schon nach was Sexuellem an“, meinte Logo trocken.
„ Deine Fantasien nun wieder.“ Jenny musste kurz grinsen und hielt geschockt inne. Geschockt, aber auch ein bisschen erfreut. Sie hatte das erste Mal seit Monaten das Wort Sex gehört und nicht automatisch an …IHN gedacht. Kam das, weil langsam die Heilung einsetzte? Hoffentlich. Irgendwann, so in zehn bis zwanzig Jahren, würde sie gerne wieder ein normales Leben führen. Auch wenn die Erinnerung sie wohl nie vollständig verlassen würde.
Energisch verbat sie sich, diese Gedankengänge weiter zu verfolgen. Jetzt musste sie sich auf die Arbeit konzentrieren. Der Fall war seltsam genug.
Sie blätterte nochmal die Liste durch und verglich sie mit den Kalendereintragungen.
„ Mensch, ich bin immer noch nicht wieder ganz da. Was ist denn mit dieser krankgeschriebenen Kollegin, dieser Gerlinde? Habt ihr sie erreicht?“
Sascha schüttelte den Kopf. „ Ich hab sie sogar gestern Abend von zu Hause aus angerufen. Ans Telefon gegangen ist sie zumindest nicht. Soll ich bei ihr vorbeifahren? Nicht, dass ihr auch etwas passiert ist.“
„ Ja, mach das . Wenn keiner aufmacht, guck halt, ob du mit den Nachbarn sprechen kannst. Du weißt ja selbst, was du zu tun hast.“
Sascha grinste. „ Ja, mittlerweile schon. Meistens zumindest. Frau Sturm wohnt in Schwanheim. Da werd ich ne Zeit lang unterwegs sein.“
„ Und ich fahr in die Bank“, sagte Jenny. „Ruf mich auf dem Handy an, wenn du was Spannendes herausfindest.“
„ Und was mach ich?“ schaltete sich Logo ein.
„ Du kümmerst dich um die Telefonnummern.“
„ Super! Ich krieg wieder den langweiligsten Job.“
„ Aber den wichtigsten. Tröstet dich das?“
„ Nee.“
„ Blöd, machen musst du ‘s nämlich trotzdem. Wir sind dann mal weg. Vielleicht bringen wir dir was Feines mit. Schokolade?“
„ U nd was zum Spielen?“
„ Mal sehen.“ Lächelnd brachen Jenny und Sascha auf.
Jenny fühlte sich schon wieder so sicher, dass sie die Kollegen auf den Gängen gar nicht mehr wahrnahm. Offensichtlich war es das Beste, was sie tun konnte. Einfach nicht auf ihr Verhalten achten, dann kümmerten die Kollegen sich auch nicht um sie.
Vor der Tür verabschiedete sie sich von Sascha und fuhr Richtung Innenstadt, während er Frau Sturm einen Besuch abstatten wollte.
Der kleine Stadtteil Schwanheim lag, umgeben von Feldern und Wald, auf der südlichen Mainseite am westlichen Ende der Stadt.
Als Sascha Frau Sturms Wohnung gefunden hatte, parkte er ein Stück weiter und lief zurück. Sie wohnte im zweiten Stock eines gepflegten Mehrfamilienhauses in einer wenig befahrenen Seitenstraße. Auf sein Klingeln machte ihm niemand auf und im Briefkasten steckte das Käseblatt, das heute verteilt worden war. Die Eingangstür zum Treppenhaus war nicht richtig ins Schloss gefallen und Sascha ging hinein.
E inen Hausmeister schien es nicht zu geben, zumindest stand nichts auf den Klingelschildern und auch auf dem schwarzen Brett im Erdgeschoß war niemand aufgeführt. Er stieg die Treppe hinauf und versuchte es an Frau Sturms Wohnungstür. Wieder passierte nichts. Es drangen auch keine Geräusche aus der Wohnung. Er wartete ab und klingelte dann bei der Nachbarwohnung. Nach wenigen Sekunden wurde die Tür aufgerissen und Frau Sturms Nachbar stand in der Tür.
Sascha verschlug es kurz die Sprache. Herr Mattuschek war etwa 1,70 groß und ungefähr so breit wie hoch. Ein umfangreicher Schmerbauch hing über seine hellblaue Jogginghose, die nur aufgrund
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