Mord ist ihre Leidenschaft
Richtung der Verbindungstür zu ihrem eigenen Büro.
»Eve«, bat Roarke mit ruhiger Stimme. »Ich muss mit dir reden.«
»Nicht jetzt«, war alles, was sie sagte, ehe sie die Tür zwischen ihnen zuwarf und sogar noch abschloss.
»Sie hat bereits entschieden, dass ich schuldig bin.« Jetzt leerte Summerset sein Brandyglas mit einem großen Schluck.
»Nein.« Schwankend zwischen Ärger und Bedauern blickte Roarke auf das Paneel, das ihn von seiner Gattin trennte. »Sie hat entschieden, dass sie keine andere Wahl hat, als Fakten zu sammeln.« Er wandte sich seufzend an seinen Butler. »Um den Fall aufklären zu können, muss sie alle Fakten kennen.«
»Dadurch würde die Situation nur noch verschlimmert.«
»Sie hat ein Recht darauf, die Tatsachen zu kennen.«
Summerset stellte den Schwenker auf den Tisch und erklärte eisig: »Ich sehe, wem gegenüber Sie sich zu größerer Loyalität verpflichtet fühlen.«
»Sehen Sie das?«, murmelte Roarke, als Summerset steifbeinig den Raum verließ. »Sehen Sie das wirklich?«
Eve schlief in ihrem Arbeitszimmer, und sie schlief erbärmlich. Es war ihr egal, wenn es vielleicht kleinlich wirkte, dass sie Roarke absichtlich auswich. Sie brauchte einfach die Distanz und so fand sie sich schon früh am nächsten Morgen auf der Wache ein. Lustlos spielte sie mit einem pappigen Bagel und einem Becher spülwasserähnlichen Kaffees und bestellte schließlich ihre Assistentin in Verhörraum C.
Prompt wie eine Palastwache traf die brave Peabody noch vor ihr in dem kleinen, gefliesten, mit Spiegelwänden bestückten Zimmer ein. »Haben wir einen Verdächtigen?«
»Ja.« Eve füllte einen Krug mit Wasser. »Aber wir sollten versuchen, die Sache erst publik zu machen, wenn das Verhör vorbei ist. «
»Sicher, aber wer…« Peabody verstummte, als ein uniformierter Beamter mit Summerset und Roarke in der Tür erschien. »Oh.«
»Officer.« Eve nickte dem Beamten zu. »Sie können gehen. Roarke, du kannst entweder draußen warten oder in meinem Büro.«
»Summerset hat das Recht auf Beistand.«
»Du bist aber kein Anwalt.«
»Das muss sein Beistand auch nicht sein.«
Sie biss so fest die Zähne aufeinander, dass es beinahe wehtat. »Du machst alles nur noch schlimmer.«
»Vielleicht.« Er nahm Platz und faltete die Hände auf dem verkratzten Tisch. Seine elegante Erscheinung bot einen scharfen Kontrast zu dem jämmerlichen Raum.
Eve wandte sich an Summerset. »Sie wollen sicher keinen Freund, sondern einen Anwalt«, erklärte sie mit mühsam ruhiger Stimme.
»Ich mag Anwälte fast ebenso wenig wie die Polizei.« Er setzte sich ebenfalls auf einen Stuhl und zog dabei mit seinen knochigen Fingern die Knie seiner gebügelten Hose sorgsam glatt.
Um sich nicht die Haare zu raufen, stopfte Eve die Hände in die Taschen ihrer Hose. »Peabody, schließen Sie die Tür. Rekorder an.« Sie atmete tief ein. »Verhör mit – bitte nennen Sie mir Ihren vollen Namen.«
»Lawrence Charles Summerset.«
»Verhör mit Lawrence Charles Summerset im Mordfall Thomas X. Brennen, Aktenzeichen 44.591-H, sowie im Mordfall Shawn Conroy, Aktenzeichen 44.599-H. Siebzehnter November zweitausendachtundfünfzig, acht Uhr drei. Anwesend sind der zu Befragende, der von ihm gewählte Beistand Roarke, Officer Delia Peabody und Lieutenant Eve Dallas als Leiterin des Verhörs. Der zu Befragende ist freiwillig zum Verhör erschienen.«
Immer noch stehend klärte sie Summerset über seine Rechte auf. »Haben Sie alles verstanden?«
»Vollkommen.«
»Und Sie verzichten zu diesem Zeitpunkt auf anwaltlichen Beistand?«
»Das ist richtig.«
»Welche Beziehung hatten Sie zu Thomas Brennen und Shawn Conroy?«
Summerset blinzelte vor Überraschung, als sie so direkt zur Sache kam. »Als ich noch in Dublin lebte, habe ich die beiden flüchtig gekannt.«
»Wann war das?«
»Vor über zwölf Jahren.«
»Und wann haben Sie Brennen zum letzten Mal gesehen oder gesprochen?«
»Das kann ich nicht genau sagen, vor mindestens zwölf Jahren.«
»Trotzdem waren Sie erst vor zwei Tagen, am Tag von Brennens Ermordung, in den Luxury Towers.«
»Zufall«, antwortete Summerset und zuckte kämpferisch mit seiner linken Schulter. »Ich wusste nicht, dass er dort eine Wohnung hatte.«
»Was haben Sie dort getan?«
»Das habe ich Ihnen bereits gesagt.«
»Sagen Sie es mir noch einmal. Für das Protokoll.«
Er atmete zischend aus, schenkte sich jedoch mit ruhiger Hand ein wenig Wasser in ein Glas. Dann wiederholte er mit
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