Mord ist ihre Leidenschaft
vielen Tagen nicht mehr mit Wasser in Berührung gekommen war. »Welcher Mann?«
»Der Typ, der mir gesagt hat, dass ich warten soll. Er meinte, Sie würden mir noch zwei Dollar geben, wenn ich Ihnen ausrichte, was er zu mir gesagt hat.«
»Was hat er denn gesagt?«
Er kniff die Augen zusammen und sah sie argwöhnisch an. »Er hat gesagt, dass Sie mir erst zwei Dollar geben.«
»Sicher, klar.« Eve suchte hastig in ihrer Tasche, wobei sie darauf achtete, in lockerem Ton zu sprechen und unbekümmert zu lächeln. »Also, was hat er gesagt?«, fragte sie, als der Junge die Münze in seiner schmutzigen Faust versteckte.
»Er hat gesagt…« Der Junge schloss die Augen. »Sie ist die Dritte, aber nicht die Letzte. Sie sind schnell, aber nicht schnell genug. Bei aller Eleganz und allem Reichtum kann doch kein Hurensohn aus Irland der Vergangenheit entkommen. Amen.« Er schlug die Augen wieder auf und grinste.
»Ich habe es richtig gemacht, nicht wahr? Ich habe ihm gesagt, dass ich es richtig machen kann.«
»Gut für dich. Und wenn du noch etwas dazuverdienen willst, bleibst du jetzt schön brav hier. Peabody.« Sie wartete, bis sie oben angekommen waren. »Kümmern Sie sich um den Kleinen. Rufen Sie beim Kinderschutzdienst an und gucken Sie, ob Sie irgendeine Beschreibung aus ihm herausbekommen. Roarke, du begleitest mich. Drittes Opfer, dritter Stock«, sagte sie zu sich selbst. »Hinter der dritten Tür.«
Sie wandte sich nach links, hob ihre Waffe in die Höhe und klopfte laut an. »Da drinnen spielt Musik.« Sie spitzte angestrengt die Ohren.
»Das ist ein Jig. Ein Tanzlied. Jennie hat immer gern getanzt. Sie ist bestimmt da drin.«
Ehe er sich jedoch Zugang verschaffen konnte, hielt ihn Eve zurück. »Los. Geh an die Seite.« Sie entsicherte den Stunner, öffnete die Tür und schob sich in geduckter Haltung in den Raum.
Das Serviermädchen, das gern getanzt hatte, hing an einer Kordel von der befleckten Decke. Ihre Zehen berührten knapp die Oberfläche eines wackeligen Hockers. Die Schnur hatte ihr so tief in den Hals geschnitten, dass ein dünner Blutfaden auf ihre halb entblößten Brüste rann. Das Blut war noch so frisch, dass es wie ein Kupferpfennig roch und es sich nass glänzend von ihrer weißen Haut abhob.
Ihr rechtes Auge fehlte und ihre vom Zerren an der Kordel aufgerissenen Finger hingen schlaff herab.
Die laute, fröhliche Musik kam aus einem kleinen, unter dem Hocker aufgebauten Discman. Die Statue der Jungfrau stand, das marmorne Gesicht der Toten zugewandt, direkt auf dem Boden.
»Dieser dreckige, verfluchte Bastard. Dieser verdammte, verfickte Sohn einer Hure.« Roarke sah schwarz vor lauter Zorn. Er schubste Eve zur Seite und warf sie, als sie versuchte, ihn zurückzudrängen, beinahe um. »Geh mir aus dem Weg.« Sein Blick war so scharf und kalt wie ein gezücktes Schwert. »Verdammt, geh mir aus dem Weg.«
»Nein.« Sie tat das einzig Mögliche, drängte ihn rückwärts gegen die Wand und rammte ihm ihren Ellbogen unsanft in den Hals. »Du darfst sie nicht berühren. Verstehst du? Du darfst sie nicht berühren. Sie ist tot. Du kannst nichts mehr für sie tun. Das hier ist meine Aufgabe. Sieh mich an, Roarke. Bitte, sieh mir ins Gesicht.«
Durch das Rauschen seines Bluts hörte er ihre Stimme nur verschwommen, doch er zwang den Blick von der in der Mitte des Raums hängenden Toten zurück zu seiner Frau.
»Jetzt musst du mich versuchen lassen, ihr zu helfen.« Wie gegenüber jedem Opfer sprach sie in ruhigem, doch entschiedenem Ton. Am liebsten hätte sie ihre Wange an sein Gesicht geschmiegt und ihn tröstend in den Arm genommen, doch sie presste weiter ihren Ellbogen gegen seinen Kehlkopf. »Ich kann nicht zulassen, dass du die Spuren verwischst. Ich möchte, dass du jetzt rausgehst.«
Auch wenn seine Lungen brannten, bekam er doch zumindest wieder Luft. Und auch, wenn noch ein dunkler Schleier vor seinen Augen wehte, wurde sein Blick wieder einigermaßen klar. »Er hat den Hocker absichtlich dort stehen lassen. Hat sie auf den Hocker verfrachtet, damit sie ihn gerade mit den Zehen erreichte. Sie konnte am Leben bleiben, solange sie die Kraft hatte, den Hocker zu erreichen. Sie muss langsam erstickt sein, ihr Herzschlag muss ihr fast die Brust gesprengt und ihre Lunge muss gebrannt haben wie Feuer. Aber sie durfte leben, solange sie die Balance halten konnte. Sie hat sicher bis zum Schluss gekämpft.«
Eve ließ den Ellbogen sinken und umfasste seine Schultern. »Das hier ist
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