Mord mit kleinen Fehlern
daran, dass sie nachts schlafen, wie du es auch hättest tun sollen. Kurzum, du kommst hier nicht wieder zurück, ohne dass du oder dein Auto erkannt werdet.«
Das Auto ist nicht das Problem.
»Wir treffen uns im Büro«, erklärte Bennie streng. »Nimm den Hintereingang. Wir müssen uns auf die Trauerfeier vorbereiten. Die findet heute Mittag statt. Es wäre schön, wenn du daran teilnehmen würdest. Du bist schließlich der Ehrengast.«
»Ich weiß. Tut mir Leid.«
»Na gut. Ich sehe dich dann im Büro. Sei vorsichtig.«
»Keine Sorge.«
Bennie schnaubte, dann hängte sie ein.
Anne ließ das Handy wieder in ihre Tasche gleiten und eilte zur nächsten Ecke, wo sie auf ein Taxi hoffte. Es war jedoch keines zu sehen, darum ging zu sie Fuß weiter. Von hier aus würde sie keine Stunde bis zur Kanzlei brauchen. Unterwegs nahm sie eine kostenlose Zeitung aus einem der offenen Zeitungskästen. Es war City Beat , die Zeitung, von der sie gestern gehört hatte und deren Auflage sich offenbar auf die Stadt beschränkte. DE R FLÜCHTIG E lautete die Schlagzeile, die über einem vergrößerten Fahndungsfoto von Kevin prangte, und Anne war begeistert. Jetzt würde jeder nach ihm Ausschau halten.
Sie las den Artikel im Gehen. Er breitete ihre ganze Vorgeschichte mit Kevin aus, und in einem eingerückten Kasten fand sie das Interview mit Mrs. Brown. Anne suchte nach dem Verfasser des Artikels: Von Angu s Connolly . Der schlaksige Reporter in dem australischen Outback-Lederhut hatte seinen großen Exklusivbericht bekommen. Sie wünschte ihm alles Gute, dann warf sie die Zeitung in den nächstbesten Abfalleimer.
Als Anne die Kanzlei erreichte, schwitzte sie mächtig. Sie schlich sich die Locust Street entlang, vorbei an einer Horde von Reportern, Fernsehkameras und Nikkon-Fotoapparaten. Dann eilte sie in die Gasse hinter dem Bürogebäude, verbarg ihre Brüste vor dem heißen Herb und floh schließlich über die Treppe in die Kanzlei. Vorbei an der verlassenen Empfangstheke ging sie zu Bennies Büro im hinteren Teil der Kanzlei.
Bennies Tür stand offen. Judy und Mary saßen auf den beiden Besucherstühlen vor dem Schreibtisch, Bennie dahinter. Das Büro war voller Fachbücher, diverser Auszeichnungen und dunkelroter Lepaelloordner, und die drei Frauen beugten sich über etwas, das Anne nicht sehen konnte. Sie begrüßte sie mit schuldbewusstem Blick, und alle drei Köpfe schossen auf einmal in die Höhe. Mary und Judy lächelten, aber Bennie warf ihr einen Blick zu, der eindeutig besagte: Du bist dermaßen in Schwierigkeiten, dass knöchelhoch in der Scheiße zu stecken noch eine Verbesserung wäre.
»Es tut mir so Leid, dass du dir wegen mir Sorgen machen musstest«, beeilte Anne sich zu sagen, und sie meinte es ehrlich. Sie hatte zehn Häuserblocks lang darüber nachdenken können, was für ein Trottel sie gewesen war, und sie war zu dem Schluss gekommen, dass Matt zwar ein wunderbarer Mann war, sie aber nicht zu ihm gehörte. Noch nicht. Dienstag würde sie vor Gericht gegen ihn antreten, und zudem war ein Mann eben nicht immer die Antwort. Anne fühlte sich fast wie eine rückfällige Alkoholikerin. Mentale Notiz: Der Wiedereinstie g i n ei n Lebe n mi t Männer n is t kacke.
»Darüber sprechen wir ein anderes Mal. Jetzt gibt es Arbeit zu tun.« Bennies finsterer Blick wurde noch unterstrichen von der Trauerkleidung, die sie trug: ein schwarzes Kostüm mit einer cremefarbenen Bluse und schwarzen Pumps. Ihre lockigen blonden Haare wurden von einem schwarzen Leinenhut gezähmt. »Irgendwann in der Zukunft akzeptiere ich vielleicht deine Entschuldigung. Momentan ziehe ich mich innerlich zur Urteilsberatung zurück.«
Judy lächelte. »Hattest du denn Spaß, Miss Lebenslustig?« Sie trug einen schwarzen Baumwollpulli mit kurzen Ärmeln und einen unsäglichen schwarzen Rock, der ihr bis auf die Schienbeine reichte. Dazu schwarze Clogs mit nachgemachtem Ponyfell.
»Ach, hör auf, Jude«, warf Mary ein. Sie wirkte in ihrem schlichten schwarzen Kleid, das unten weit ausgestellt war, wie eine freundliche Nonne. »Ich finde Matt auch heiß. Anne, du verdienst es, glücklich zu sein, nach allem, was du durchgemacht hast. Natürlich gehe ich davon aus, dass du ihm nichts über den Fall gesagt hast.«
»Danke«, meinte Anne.
Bennie lächelte immer noch nicht. »Übrigens will ich meinen Revolver zurück«, knurrte sie.
»Klar. Tut mir Leid.« Anne zog die Waffe aus ihrer Handtasche, und Mary wurde bleich.
»Ist das
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