Mord nach Drehbuch
bisschen zu sarkastisch geklungen.
Die rosa Lippen verzogen sich zu einem Schmollmund. Die blauen Augen wurden zur Decke gerichtet, und kleine schwarze Flocken der dick aufgetragenen Wimperntusche bröckelten auf die Wangen, während Candy nachdachte.
»Ich bekomme einen Anruf von der Agentur. Datum, Uhrzeit und Ort. Ich mache den Kontakt. Mr North übernimmt den Rest.«
»Immer?«
»Das hängt davon ab, wo ich den Mann treffen und Eindruck auf ihn machen soll. Und von der Veranstaltung und dem Ort.«
»Was für Treffpunkte sind das gewöhnlich?«
Wieder wanderten die blauen Augen zur Decke. Zweifellos auf der Suche nach tiefschürfenden Gedanken.
»Nun – wissen Sie«, sagte Candy mit Piepsstimmchen, »es hat immer was mir ihrem Beruf oder mit ihren Hobbys zu tun. Ich muss natürlich vorher ein bisschen Hausarbeiten machen. Zum Beispiel Golf. Mr North hat für mich den besten Golflehrer engagiert, den er finden konnte. Der meinte, ich wäre eine echte Naturbegabung im Golfen. Ist das nicht was?«
»Wunderbar.«
»Ich habe einen sehr guten Schwung beim Golf, hat man mir gesagt. Wollen Sie mal sehen?«
»Das verschieben wir besser auf ein andermal. Was passiert dann?«
»Nun!« Candys Hand kreiste über den restlichen Edelpralinen und Geleewürfeln – die es nur bei Harrods zu kaufen gab. »Ich sorge dafür, dass sie zur richtigen Zeit im richtigen Zimmer landen, gewöhnlich ohne Kleider – oder zumindest in einer eindeutigen Situation. Mr North übernimmt den Rest. Sein Fotograf gibt sich als Zimmerkellner aus – und das war’s dann. Fotos und ein enthüllendes Interview mit meiner Wenigkeit. Sex steigert die Auflage, sagt man.«
Dagegen konnte Honey nichts sagen. Während Candy noch redete, kam Honey eine Idee. Hätte ich die Courage, so etwas zu machen? Nein! Es war wohl auch ein bisschen spät. Sie war kaum noch die ideale Besetzung für das dumme Blondchen. Andererseits: jeder Mann hatte einen anderen Geschmack. Manche mochten ja ältere Frauen. Da war nur ein Haar in der Suppe: Ihre Mutter würde sie umbringen, wenn sie so etwas machte. Was war also mit Candys Mutter?
»Weiß Ihre Familie, was Sie tun?«
Candy warf den Kopf in den Nacken, zeigte ihren langen Schwanenhals und lachte laut und kehlig.
»Meine Mutter findet, dass es der beste Job ist, den ich je hatte. Ich gehöre zu dieser neuen Welle von Berühmtheiten – ein Niemand mit genug Mumm, um sich eines Tages zu einem echten VIP zu mausern. Ich werde zu jeder Menge Talkshows und Partys eingeladen. Ich war sogar schon im Fernsehen. Das wird bestimmt meiner Karriere förderlich sein. Meine Mama meint, ich sollte mich gar nicht so bemühen, berühmt zu werden. Sie ist überzeugt, dass ich schließlich meinen Millionär heirate. Wahrscheinlich stimmt das. Es würde mich nicht weiter stören, wenn die Ehe nur kurze Zeit hielte, solange ich nur bei der Scheidung ein ordentliches Sümmchen kriege.«
»Ja. Das kann ich mir vorstellen.«
In Gedanken verglich Honey Candy mit Lindsey. Sie mussten ungefähr gleich alt sein. Was würde sie davon halten, wenn ihre Tochter eine professionelle »Liebesfalle« wäre, ein Lockvogel für die Reichen und Berühmten?
»War es schwer, sich daran zu gewöhnen – denn Sie sind in einer ganz normalen Umgebung groß geworden und hatten vorher einen Job in einer Drogerie, hat Zoë mir erzählt.«
Wie eine Pinzette senkten sich die langen Fingernägel in Pink mit den glitzernden Verzierungen über die Schachtel und hoben geschickt ein weiteres – diesmal mit Mandeln verzierte – Stück Konfekt in die Höhe.
»Ja, ich habe ein ziemlich normales Leben geführt, ehe all das hier passiert ist. Am Anfang war alles schon ein bisschenseltsam. Erst erscheint es einem komisch, dass man nicht pleite ist – Geldbeutel leer, Kreditkartenlimit erreicht. Und dann, rums, hat man plötzlich richtig Geld auf dem Konto.« Sie lächelte süß. »Aber ich komme schon klar.«
»Also hat Perdita Moody eine Weile hier gewohnt.«
»Drei Tage. Sie ist Tag für Tag zu den Agenturen gewandert. Sie hat jede Menge Exemplare von
The Stage
angeschleppt und andere Zeitschriften, in denen kleine Rollen und Posten im Chor ausgeschrieben werden.« Sie zuckte die Achseln. »So was mache ich nicht mehr. Die zahlen so gut wie nichts. Wenn ich meine Trümpfe richtig ausspiele, kriege ich jede Menge Knete.«
»Hat Perdita einen Job gefunden?«
Candys Stirn legte sich in Grübelfalten. Honey schloss daraus, dass ernsthaft nachgedacht
Weitere Kostenlose Bücher