Mord nach Liste
das Büro hinter sich. »Abgesehen davon, wird er Sie wieder an mich verweisen, und ich habe Ihnen nichts mitzuteilen.«
»Ist etwas unternommen worden? Hat jemand mit den Nachbarn gesprochen oder -?«
»So wie’s aussieht, hat dieser Shields nichts Illegales getan. Ich weiß, das ist schwer zu akzeptieren, aber so ist es nun mal. Die Frau hat ihm freiwillig ihr ganzes Geld gegeben und sich anschließend umgebracht. Schlicht und einfach. Der Fall ist erledigt.«
»Also handelt es sich gar nicht um eine laufende Ermittlung, richtig?«
Sie war wütend, ihr Gesicht war puterrot. Achselzuckend erwiderte Sweeney: »Natürlich läuft die Ermittlung. Sobald uns handfeste Beweise vorliegen.«
Hilfesuchend sah sich Regan um. Sie schaute hinüber zu den vier Männern im gläsernen Büro am anderen Ende des Raumes. Der Mann, der hinter dem Schreibtisch stand, war mit Sicherheit der Lieutenant. Er brüllte und fuchtelte mit den Armen.
Dann zog ein anderer Mann Regans Aufmerksamkeit auf sich. Er war nachlässig gekleidet, lehnte am Fenster und sagte etwas zum Lieutenant, das diesen völlig aus der Fassung brachte. Er schlug mit den Fäusten auf den Tisch und schrie. Der erneute Wutausbruch schien den am Fenster Stehenden kalt zu lassen.
Der Zorn des Lieutenants richtete sich auf einen Polizisten in Uniform. Selbst bei geschlossener Tür konnte Regan die gehässigen Beschimpfungen und Drohungen des Lieutenants hören. Der Mann am Fenster kam dem Polizisten zu Hilfe. Er stellte sich vor ihn und sagte etwas, das den Vorgesetzten noch mehr in Rage brachte.
Regan wollte die Polizisten im gläsernen Büro nicht stören. Mit diesem Lieutenant wollte sie nichts zu tun haben. Auf keinen Fall würde sie ihn um Hilfe bitten.
Sie fand, dass sie alles getan hatte, was sie konnte, nahm ihre Tasche und verließ die Dienststelle. Kaum war sie draußen, holte sie ihr Handy aus der Tasche und rief Sophie an.
»Ich habe mit Detective Sweeney gesprochen.«
»Und?«
»Der Mann ist ein Idiot.«
»Das hat Cordie auch gesagt«, entgegnete Sophie. »Aber hat es was gebracht? Hat er dir irgendwas mitgeteilt, was uns nützen könnte?«
»Nein, nichts«, gab Regan zurück. »Ich glaube, er hat überhaupt nichts unternommen. Die arme Mary Coolidge war ihm absolut egal.«
»Hast du das Tagebuch gelesen?«
»Ja, hab ich. Dr. Shields muss das Handwerk gelegt werden.«
»Deswegen solltest du ja zur Polizei gehen und herausfinden –«
»Sophie, es gibt keine Ermittlung.«
»Hast du mit Lieutenant Lewis gesprochen?«
»Nein. Aber er wäre auch keine große Hilfe. Er ist noch schlimmer als Sweeney, falls das überhaupt geht.«
»Ich denke, du hast nicht mit ihm gesprochen.«
»Hab ich auch nicht, aber ich habe ihn in Aktion gesehen. Er hat rumgebrüllt und einen ziemlichen Aufstand gemacht.«
»Was genau hat Sweeney gesagt?«
Regan gab im Gehen ihre Unterhaltung mit dem unsympathischen Polizisten wieder. »Ich kann dir sagen, das war die reinste Zeitverschwendung.«
Schließlich beendete sie das Gespräch und bog um die Ecke. Sie glaubte, jemanden rufen zu hören, und drehte sich instinktiv um.
Der Zusammenstoß war unvermeidlich.
9
Alec Buchanan hatte es eilig, zu seinem Auto zu kommen und nach Hause zu fahren, um endlich seine schmutzigen Klamotten ausziehen zu können. Er hatte das Gefühl, kleine Tierchen krabbelten über seinen Körper, er wollte nur noch lange und heiß duschen. Im Laufschritt bog er um die Ecke und hätte die Frau, die ihm entgegenkam, fast über den Haufen gerannt.
Er prallte heftig mit ihr zusammen. Ihre Aktentasche flog in hohem Bogen durch die Luft. Er bekam die Frau um die Taille zu fassen und hielt sie fest, damit sie nicht mit dem Kopf gegen die Hauswand stieß.
Alec richtete sie wieder auf. Mein Gott, war sie hübsch! Und sie duftete wunderbar. Er wunderte sich, dass er nach der Nacht im Müllcontainer überhaupt noch etwas riechen konnte.
Dann ließ er sie los, hob ihre Tasche auf, reichte sie ihr und trat einen Schritt zurück. »Tut mir leid.«
Sie nickte, um ihm zu zeigen, dass sie seine Entschuldigung annahm. Aber sie sagte nichts, sondern sah ihm in die Augen, versuchte zu lächeln, drehte sich um und ging, so schnell sie konnte, davon. Sie atmete tief durch, bemühte sich, nicht zu würgen. Du lieber Himmel, von seinem Gestank traten ihr Tränen in die Augen.
Dann prustete sie los. Sie schaute sich um, Alec sah ihr immer noch nach. Grinsend bog sie um die Ecke und brach erneut in Lachen aus.
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