Mord Nach Maß
kennen.‹ Darauf sagte ich, dass du bei mir schon gut aufgehoben sein würdest.«
»Ich weiß schon, was ich will«, erwiderte ich verdrossen. »Ich hab mir das Ziel selber ausgesucht, und wir gehen gemeinsam dahin, du und ich.« Santonix’ Worte ärgerten mich. Er war wie meine Mutter: besser über mich im Bilde als ich selbst.
Ellie wandte sich praktischeren Dingen zu. »Sie haben schon angefangen, die Ruine von The Towers abzureißen. Sobald die Pläne fertig sind, muss es sehr schnell gehen. Wir müssen uns beeilen, sagt Santonix. Wollen wir nächsten Dienstag heiraten? Dienstag ist mir sympathisch.«
»Nur wir zwei, sonst niemand.«
»Bis auf Greta«, sagte Ellie.
»Ach, hol sie doch der Teufel, diese Greta«, explodierte ich. »Zu meiner Hochzeit kommt sie mir nicht. Nur du und ich – sonst niemand. Die Zeugen können wir uns von der Straße holen.«
Wenn ich jetzt zurückblicke, so war das, glaube ich, wirklich der glücklichste Tag meines Lebens.
Zweites Buch
9
D amit also war alles klar: Ellie und ich heirateten.
So formuliert, klingt es sehr abrupt, aber genauso war es ja auch: Wir hatten uns entschlossen und führten unseren Entschluss aus.
Im Grunde war alles unwahrscheinlich einfach. In ihrem Freiheitsdrang hatte Ellie ihre Spuren bisher sehr geschickt verwischt. Die hilfreiche Greta hatte all die notwendigen Schritte unternommen und wachte ständig über sie. Ziemlich bald war mir klar, dass es eigentlich niemanden gab, dessen Hauptaugenmerk die Sorge um Ellies Wohlergehen oder um ihr Tun und Lassen war. Ihre Stiefmutter war vollauf mit ihren eigenen gesellschaftlichen Verpflichtungen und Affären beschäftigt, und wenn Ellie es vorzog, sie in irgendeinen Winkel der Welt lieber nicht zu begleiten, so blieb ihr das unbenommen.
Natürlich hatte man ihr all die standesgemäßen Erzieherinnen, Zofen und Ausbildungsmöglichkeiten gewährt, und wenn ihr der Sinn nach Europa stand – warum nicht? Wenn sie ihren einundzwanzigsten Geburtstag in London feiern wollte – was sprach dagegen? Jetzt, da sie die Verfügungsgewalt über ihr ungeheures Vermögen besaß, hatte sie die gesamte Familie an der Kandare. Wenn sie sich eine Villa an der Riviera, ein Schloss an der Costa Brava, eine Jacht oder sonst etwas wünschte, brauchte sie diese Tatsache nur zu erwähnen, und sofort hätte einer aus dem Gefolge, das Millionäre immer umgibt, alles Nötige veranlasst.
Greta galt der Familie offenbar als hochwillkommener Handlanger: tüchtig, ein Organisationsgenie, zweifellos unterwürfig und liebenswürdig gegenüber der Stiefmutter, dem Onkel und den verschiedenen Vettern, die sich im Dunstkreis der Familie herumzutreiben schienen. Nach dem zu schließen, was Ellie gelegentlich erwähnte, hörten nicht weniger als drei Anwälte ständig auf ihr Kommando, war sie der Mittelpunkt eines riesigen finanziellen Geflechts von Bankiers, Rechtsberatern und Treuhandverwaltern – eine Welt, in die ich nur hin und wieder einen Blick werfen konnte, meist aufgrund achtloser Zufallsbemerkungen Ellies, der es natürlich nie in den Sinn kam dass mir all dies böhmische Dörfer waren. Sie allerdings war in diesem Milieu erzogen worden und folgerte nur zu selbstverständlich, dass jeder andere im Bilde sein musste.
In der Tat genossen wir es während unserer Flitterwochen mit am meisten, solche gelegentlichen Blicke auf die besonderen Eigenheiten des Lebens werfen zu können, das der andere führte. Um es einmal ganz grob zu sagen – und ich vergröberte damals vieles, denn es war die einzige Methode, wie ich mein neues Leben bewältigen konnte –, um es also grob zu sagen: Die Armen haben keine Ahnung vom Leben der Reichen und umgekehrt, und dieser Unwissenheit abzuhelfen, birgt für beide Seiten viele Reize.
Eines Tages fragte ich etwas unbehaglich: »Schau mal, Ellie, werden sie nicht ein fürchterliches Gezeter veranstalten, wegen unserer Heirat, meine ich?«
Ellie erwog das ohne besonderes Interesse. »Oh«, sagte sie dann, »sicher, sie werden sich wahrscheinlich schrecklich anstellen.« Und sie fügte hinzu: »Hoffentlich macht es dir nicht allzuviel aus.«
»Mir? Warum denn auch? Aber du – werden sie dich deshalb schikanieren?«
»Wahrscheinlich«, meinte Ellie, »aber man muss ihnen ja nicht zuhören. Hauptsache, sie können nichts mehr dagegen tun.«
»Aber versuchen werden sie wohl alles?«
»Oh, bestimmt. Versuchen werden sie’s.« Und nach einer Pause fügte sie nachdenklich hinzu:
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