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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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»Vermutlich werden sie dich abfinden wollen.«
    »Mich abfinden?«
    »Sei nicht so schockiert.« Ellie lachte wie ein glückliches kleines Mädchen. »Man nennt es nicht gerade so, aber sie haben auch Minnie Thompsons ersten Mann mit Geld abgefunden, wusstest du das?«
    »Minnie Thompson? Ist das die bekannte Ölerbin?«
    »Ja, genau die. Sie brannte damals durch und heiratete einen Rettungsschwimmer vom Strand weg.«
    »Hör zu, Ellie«, sagte ich nervös, »ich war auch mal Rettungsschwimmer, in Littlehampton.«
    »Ach, wirklich? Wie lustig! In Dauerstellung?«
    »Nein, natürlich nicht. Einen Sommer, nicht länger.«
    »Mach dir nur keine Sorgen«, bat Ellie.
    »Wie war das genau mit Minnie Thompson?«
    »Ich glaube, sie mussten bis auf zweihunderttausend Dollar hinaufgehen. Darunter hätte er’s nicht getan. Minnie war nämlich mannstoll und im Grunde ein Fall für die Nervenklinik.«
    »Du bist einfach umwerfend, Ellie. Ich hab mir in dir also nicht allein ein Eheweib zugelegt, sondern außerdem ein Anhängsel, das ich jederzeit für gutes Geld weiter verkaufen kann.«
    »Sehr richtig«, lachte Ellie. »Du brauchst nur nach einem tüchtigen Anwalt zu schicken und ihm bedeuten, du seist gewillt, Tacheles zu reden. Dann arrangiert er alles mit der Scheidung und der Abfindungssumme«, setzte Ellie meine Lektion fort. »Meine Stiefmutter beispielsweise war viermal verheiratet und hat allerhand dabei herausgeschlagen.« Sie stutzte. »Oh, Mike, schau doch nicht so entsetzt drein!«
    Seltsamerweise war ich tatsächlich entsetzt. Ellie hatte so etwas Kleinmädchenhaftes, Einfaches an sich gehabt, fast etwas Rührendes, dass es mich erstaunte, sie so weltgewandt und abgebrüht zu erleben. Und doch war mein erstes Urteil im Kern richtig. Ich kannte Ellies Art ziemlich gut, ihre Geradlinigkeit, ihre Gefühlsbedingtheit und den natürlichen Liebreiz. Aber dies bedeutete nicht, dass sie zugleich weltfremd sein musste. Was sie kannte und für selbstverständlich hielt, war eine bestimmte, nicht allzu verbreitete Sorte Menschen. Andererseits wusste sie wenig über meine Welt, die Welt der Stellungslosen, der Rauschgift- und Wett-Banden, der bösen Fallstricke, der mit allen Wassern gewaschenen Erfolgstypen, die ich so gut kannte, weil ich mich mein ganzes Leben lang gegen sie hatte behaupten müssen. Sie wusste nicht, was es hieß, in allen Ehren, aber immer knapp bei Kasse aufzuwachsen, mit einer Mutter, die sich im Namen dieser Ehrbarkeit die Finger wund arbeitete und eisern entschlossen war, dass ihr Sohn ein anständiges Leben führen sollte. Die jeden Penny zusammenkratzte und sparte und dann verbittert mit ansah, wie der lebenslustige sorglose Herr Sohn auf all seine Chancen pfiff oder sein gesamtes Geld auf einen guten Tipp im 3.30-Uhr-Rennen setzte.
    Ellie hörte mich genauso gern aus meinem Leben erzählen wie ich sie aus dem ihren. Jeder von uns erforschte da ein unbekanntes Land.
    Jetzt in der Rückschau weiß ich, wie herrlich glücklich jene ersten Tage mit Ellie waren. Damals allerdings hielt ich dieses Leben für selbstverständlich, und sie tat es ebenfalls. Wir heirateten auf einem Standesamt in Plymouth. Guteman ist kein seltener Name, und niemand, weder Reporter noch sonstwer, wusste, dass sich die Guteman-Erbin in England aufhielt. Gelegentlich waren in den Zeitungen Meldungen aufgetaucht, wonach sie sich in Italien oder auf irgendeiner Jacht befand.
    So schlossen wir die Ehe nur in Gegenwart des Standesbeamten und einer Sekretärin in mittleren Jahren als Zeugin. Der Beamte hielt uns eine ernsthafte kleine Predigt über verantwortungsbewusste Eheführung und wünschte uns zuletzt viel Glück. Dann traten wir hinaus auf die Straße, unbehelligt und frisch getraut, als Mr und Mrs Michael Rogers! Eine Woche blieben wir noch in einem Strandhotel, dann fuhren wir ins Ausland. Drei wundervolle Wochen reisten wir kreuz und quer durch die Welt, wohin es uns gerade zog und ohne dass wir uns auch nur das Geringste abgehen ließen.
    Von Griechenland ging es nach Florenz und von da nach Venedig, wo wir uns auf dem Lido aalten, dann weiter an die französische Riviera und in die Dolomiten: Orte, von denen ich heute nicht einmal mehr die Namen weiß. Wir flogen, charterten eine Jacht oder mieteten uns große schicke Wagen. Und die ganze Zeit, während wir das Leben genossen, hielt Greta die Heimatfront, wie ich von Ellie erfuhr. Das hieß, sie absolvierte ihre besondere Reiseroute, schrieb Briefe und sandte all die

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