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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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mir auf, die ich vorher übersehen hatte: Tracys Kleidung,
die sie trug, als sie zuletzt gesehen wurde (ein rotes Alpaka-Cape, Jeans und
zum Cape passende rote Gummistiefel); die Zulassungsnummer des blauen Volvo,
der vom Clubparkplatz gestohlen worden war und später verlassen in den Santa
Cruz Mountains gefunden wurde (Halter: Atlas Development Corporation);
Zeugenaussagen, nach denen ihre Vorstellung an diesem letzten Abend abgebrochen
worden war und daß Tracy kurz vor Verlassen des Clubs telefoniert hatte.
    Den Stapel mit Ben Gallaghers
hingekritzelten Notizen hatte ich mir für zuletzt aufbewahrt. Ich ging sie
schnell durch und fand die meisten unwichtig. Dennoch gab es ein Blatt, das
mich interessierte: Notizen über eine telefonische Anfrage beim Zentralen Verkehrsregister.
Tracy hatte offensichtlich ein Strafmandat wegen rücksichtslosen Fahrens
bekommen (Linksabbiegen unter Mißachtung des Gegenverkehrs). Das war zwei Tage
vor ihrem Verschwinden in Napa County gewesen.
    Was hatte sie da oben gemacht? fragte ich
mich. Und mit wessen Wagen, nachdem sie selbst ja keinen besaß? Ich sah mir die
Notizen genauer an und bemühte mich, das Gekritzel zu entziffern. Plötzlich
fiel mir der Umschlag von meiner Freundin vom ZVR wieder ein, den ich in meine
Tasche gesteckt hatte, als ich am Abend zuvor All Souls verließ. Ich zog ihn
heraus und fand darin einen Computer-Ausdruck von Tracys Eintragungen. Das
Datum der letzten Eintragung war hier jedoch ein anderes.
    Nach Gallaghers Notizen war das
Strafmandat vom elften Februar um zehn nach zwei morgens. In dem Ausdruck stand
der dreizehnte. Wenn der Ausdruck korrekt war, war Tracy gute vier Stunden, nachdem ihr Streit mit Bobby Foster vor dem Café Comédie beobachtet worden war, in Napa
County gewesen. Und etwa fünfzehn Minuten, nachdem Foster nach Aussage seiner
Kollegen zum Club zurückgekehrt war.
    Ich hob Gallaghers Notizen ans Licht
und sah mir das Datum genau an. Die zitterige »1« konnte durchaus auch »3«
sein. Die Bedeutung des Datums war Ben möglicherweise gar nicht aufgegangen,
als er es notiert hatte. Vielleicht war er auch unterbrochen worden und erst
eine ganze Weile später wieder zu seinen Notizen zurückgekehrt. Und da hatte er
dann nur noch eine »11« gelesen, zwei Tage zu früh, um irgendeine Bedeutung für
das Verschwinden zu haben.
    Als »Tatort« war Cuttings Wharf Road am
Highway 121 in Napa County angegeben. Ich hatte keine Ahnung, wo das war, aber
es mußte mindestens eine Stunde außerhalb der Stadt sein. Der Wagen, den Tracy
gefahren hatte, war ein Volvo gewesen, seine Zulassungsnummer —
    Ich warf einen Blick auf die Angaben,
die ich mir zu dem gestohlenen Wagen kopiert hatte, dessen Halter die Atlas
Developing Corporation war. Das Nummernschild war das gleiche.
    Es gab keine schriftliche Bestätigung
vom ZVR für Gallaghers Anfrage, aber das überraschte mich nicht. Vielleicht war
sie gar nicht abgeschickt worden, oder sie war als ein Stück Papier von vielen
in diesem Wust verloren gegangen.
    Ein Stück Papier, das Bobby Fosters
Geständnis ungültig gemacht hätte. Ein Stück Papier, dessen Nichtvorhandensein
ihn zum Tode verurteilt hatte.
    Ich starrte einen Augenblick auf
Gallaghers Notizen. Obwohl ich mich selbst ermahnte, meine euphorischen Gefühle
zu zügeln, stieg ein gewisser Optimismus in mir auf. Es war der erste
Durchbruch — und kein kleiner dazu — in einem Fall, den ich anfangs für
unlösbar gehalten hatte. Ich überprüfte noch einmal Datum und Uhrzeit des
Strafmandats und stand dann auf und ging zur Tür von Gregs Kämmerchen. »Kannst
du einen Moment mal herschauen?« fragte ich.
    Da es Neujahr war und auch der nächste
Tag ein Feiertag, konnte Greg nicht viel unternehmen, um diesem Widerspruch
nachzugehen. Er wollte gleich am Dienstag Datum und Uhrzeit sowie die
Zulassungsnummer des Fahrzeugs beim Zentralen Verkehrsregister überprüfen
lassen. Außerdem wollte er sich mit der Highway-Patrouille in Verbindung
setzen, um zu erfragen, ob der Beamte, der das Mandat ausgestellt hatte, sich
noch an Einzelheiten jenes Vorfalls erinnerte. Aber er warnte mich, weil er das
für ziemlich unwahrscheinlich hielt. Polizisten teilen so viele Strafzettel
aus, daß sie sich einfach nicht an einen bestimmten Fall erinnern können, der
so lange zurückliegt — es sei denn, es hätte sich dabei um besonders
ungewöhnliche Umstände gehandelt. Dennoch ließ ich mich nicht entmutigen.
    Ich verließ das Justizgebäude,
kletterte in

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