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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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das man ihnen auf schönem Porzellan zusammen mit passendem Wein in altmodischen Kristallgläsern serviert hatte. Michelle André hatte Fisch, Gemüse und kleine Kartoffeln gekocht und ihnen aufgetan, ohne dass etwas daneben gegangen wäre. Anna hatte sie gefragt, wie lange sie bereits Probleme mit den Augen habe, und die Antwort erhalten, es hätte schon vor ihrem dreißigsten Geburtstag angefangen. Die dunklen Elfen, die jetzt vor ihren Augen tanzten, würden bald ebenfalls verschwinden.
    Michelle Andrés Stimme hatte dabei gleichgültig geklungen, als beträfe es sie eigentlich gar nicht. Sofort danach hatte sie einige der Fragen gestellt, die sie bereits am frühen Abend angekündigt hatte. Was sie über ihren Sohn wüssten. Mit wem er befreundet gewesen sei. Ob sie eine Vorstellung davon hätten, was wirklich geschehen sei. Die Art, wie sie diese Fragen stellte, ließ keine Trauer erkennen, und sie hatten die Fakten referiert, jedoch darauf bedacht, niemanden bloßzustellen.
Mari hatte vom Fata Morgana erzählt, da ihr klar war, dass Michael Pfeil zur Beerdigung kommen würde. Anna hatte das Café erwähnt und die Tatsache, dass sie mit Fredrik zusammengearbeitet hatten. Von Kleopatras Kamm war nicht die Rede gewesen.
    Mari spürte, dass das Bett in der Mitte eine Kuhle hatte, vermutlich weil die Matratze durchgelegen war. Das war ihr aufgefallen, als sie das Laken geradegezogen hatte. Sie wusste, dass es ihr schwerfallen würde, einzuschlafen, obwohl sie einiges von dem guten Wein getrunken hatte, nicht unbedingt, weil sie ihn genossen hätte, sondern eher, um den Nachgeschmack herunterzuspülen. Ein bedeutungsloser Gedanke streifte sie. Bald war Weihnachten.
    »Glaubst du, dass Fredrik seinen Vater erschossen hat?« Annas Frage schnellte durch die Dunkelheit wie der Rückstoß einer Waffe. Mari war froh, dass Anna ihr Gesicht nicht sehen konnte.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte sie flüsternd. »Aber wenn ja, kann ich ihn beinahe verstehen. Die Haustiere des eigenen Kindes zu erschießen … es dann noch zu zwingen, diese aufzuessen …«
    Sie sprach nicht weiter, sondern biss sich auf die Unterlippe und dachte, dass sie sich jetzt auf gefährlichem Terrain befanden. So hatte alles angefangen. Mit Verständnis. Sie konnte es sich wirklich nicht erlauben, den Mord an einem Unterdrücker zu rechtfertigen.
    »Nein«, sagte sie dann immer noch flüsternd, weil sie Angst hatte, Michelle André könnte an der Tür horchen. »Nein, ich glaube nicht, dass er geschossen hat. Wenn alle anderen davon ausgingen, dass es ein Unfall oder ein Selbstmord war …«
    »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, meinst du? Obwohl er ja nicht sein leiblicher Vater war.«
    »Und wahrscheinlich auch nicht sein gefühlter. Er scheint wirklich ein Ekel von Mann gewesen zu sein.«

    »Ein Mann, der alles kontrollierte. Der zuerst an seine eigenen Wünsche und Bedürfnisse dachte und nicht verstand, dass andere Menschen anders veranlagt sein könnten.«
    Mari war sich nicht sicher, ob das eine Anspielung auf ihr Verhältnis zu David sein sollte. Sie entgegnete nichts, dachte aber daran, was sie von dem Unfall gehört hatte. Ein Schuss. Ein Kainsmal.
    »Ich glaube es auch nicht.« Das war wieder Annas Stimme. »Wenn er jemanden erschossen hätte, dann doch wohl sie. Michelle. Obwohl das vielleicht gar nicht nötig war. Sie ist bereits tot. Kalt und gefühllos. Weißt du, dass mich passive Brutalität oft mehr erzürnt als alles andere? Etwas Bestialisches zu tun ist einfach bestialisch. Aber danebenzustehen und zuzuschauen und dann zu behaupten, man hätte nicht eingreifen können, aus welchen Gründen auch immer, das erfüllt mich fast mit noch größerem Ekel.«
    »Tot, hast du gesagt. Meinst du, wie ein ausgestopftes Tier? Wie Elsa Karlsten?«
    »Nein, mit tot meine ich seelenlos. Diese Frau ist eine der schlimmsten Personen, die mir je begegnet sind. Ist dir aufgefallen, wie sie von ihrer toten Tochter erzählt hat? Sie hat keine Miene verzogen. Hat nur an diesem verdammten Tee genippt und den kleinen Finger abgespreizt.«
    »Ich gebe dir recht. Gleichzeitig denke ich aber auch, dass es für ihre Mutter in Paris die Hölle gewesen sein muss. Sowohl während des Krieges als auch danach. Und dann der Umzug hierher, jung und schwanger. Wie entsetzlich, Paris gegen das hier einzutauschen. Dann die Entdeckung, dass man einen Sadisten geheiratet hat. Zu wissen, dass man ein Geheimnis hat. Ein Kind zu verlieren. Vielleicht konnte sie auch nur

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