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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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Gezeiten und Sahne, Schatten und Regen. Eine Weile lagen sie so da, und Anna machte beruhigende Geräusche. Fredrik würde nie mehr atmen. Nie mehr lachen oder weinen, etwas spüren oder sein. Sich nie mehr erinnern.
    »Sie haben mich nie geschlagen. Sie haben nie auf körperliche Gewalt zurückgegriffen. Meist haben sie mich wie Luft behandelt, auch wenn ich nichts angestellt hatte. Wollten sie zum Ausdruck bringen, dass ich etwas Dummes getan hatte –
so nannten sie das, ›zum Ausdruck bringen‹ -, so sprachen sie einfach nicht mit mir. Als Fredrik erzählte, er sei einmal Luft gewesen, hat mich das sehr mitgenommen. Denn ich weiß, wie man sich fühlt, wenn man nicht wahrgenommen wird. Manchmal schwiegen sie tagelang. Vielleicht habe ich es deshalb so lange mit David und seinem Schweigen, wenn er deprimiert war, ausgehalten. Ich war es gewohnt.«
    Sie spürte Annas warme Atemzüge am Hals und im Haar. Sie schloss die Augen und meinte den Duft von Kardamom und Geborgenheit wahrzunehmen. Als sie wieder zu sprechen begann, war der Beschluss zu bekennen nicht mehr ihr eigener.
    »Einmal haben meine Eltern einen ganzen Monat lang nicht mit mir gesprochen. Mama hat es gelegentlich versucht, aber Papa war konsequent. Das war er immer. Konsequent. Dieses Wort mochte er sehr. Aber jenes Mal glaubte ich, den Verstand zu verlieren. Ich war noch recht klein und hatte gerade erst mit der Schule angefangen.«
    Wieder Annas Stimme. Warm und weich im Ohr und mit einem aufrichtigen Mitgefühl, das das Zittern und den Sturm zum Erliegen brachte. Wie Jesus auf dem Wasser. Man darf nicht nach unten schauen und den Glauben verlieren. Denn dann fällt man.
    »Was hattest du denn Schreckliches getan, um ihrer Meinung nach eine derartige Strafe zu verdienen?«
    Schweigen. Die Erinnerung an eine Schale, die auf Glas splittert, und an eine weißgelbe Flüssigkeit, das Embryo von etwas, was vielleicht einmal hätte fliegen können.
    »Ich aß rohes Ei zum Frühstück. Im Schulbus.«

KAPITEL 25
    G alway Road. Main Street. Market Square. Beach Road. Clifden. Connemara. Zuletzt war sie im Sommer hier gewesen, und vor den Pubs hatten Tische gestanden. Jetzt lag die Kälte wie eine blaue Haut auf Straßen und Häusern. Während Mari die vertrauten Straßen entlangschlenderte, kamen ihr die bunten Fassaden in dem bleichen Winterlicht, das vorsichtig zwischen den Wolken hervorsickerte, gedämpft vor. Sie betrachtete die Wollpullover und den keltischen Schmuck in den Schaufenstern. Seit sie zuletzt in Irland gewesen war, hatte sich nicht viel verändert. Die Touristen schienen mit den Gezeiten gekommen zu sein. Sie hatten ihre Andenken gekauft, waren verschwunden und von neuen Touristen ersetzt worden. Im Fenster von Mullarkey’s Bar hing ein Plakat. Ein paar Musiker aus der Gegend würden abends spielen. Kein David Connolly natürlich.
    Der Abschied von Schweden war so schmerzlos gewesen, wie sie erwartet hatte. Nach Fredriks Beerdigung hatte es keiner Worte mehr bedurft. Ein namenloses Grauen hatte sich ihrer bemächtigt, ein Schrecken, den sie nie überlebt hätte, wenn sie nicht Anna an ihrer Seite gehabt hätte. Unter die wenigen Trauergäste aus dem Dorf hatte sich eine illustre Gesellschaft aus dem Fata Morgana gemischt. Das hätte eine aufregende Kombination ergeben können, wären die Extreme in Fredriks Leben und Tod dadurch nicht so deutlich geworden.

    Michael Pfeils Trauer war unendlich tief und aufrichtig, aber seine bloße Anwesenheit erinnerte an Mordaufträge und eine Welt voll Illusionen. Seine Tochter Stella im Rollstuhl verstärkte die Tragik noch. Eine bezaubernde Frau, aber verschlossen und einsilbig. Mari hatte nicht recht verstanden, weshalb sie zu der Beerdigung angereist war, und vermutet, dass ihr Vater sie brauchte. Vielleicht hatte sie Fredrik irgendwann getroffen. Sie hatte nicht fragen wollen. Sie hatten sich begrüßt und ein paar wenige, unverbindliche Sätze gewechselt. Stella Pfeil schien kein Mensch zu sein, der Zeit auf Plattitüden verschwendete.
    Fredriks Mutter hatte Klavier gespielt und gesungen. Ihre Stimme erreichte ungeahnte Höhen, und sie absolvierte die Veranstaltung mit Bravour. Das Publikum applaudierte wie dressierte Affen, und Mari empfand bei allen klatschenden Händen Ekel.
    An das eigentliche Begräbnis und das Mahl danach wollte sie jetzt gar nicht erst denken. Sie würde in den kommenden Jahren noch Zeit genug zum Trauern haben. Aber noch nicht jetzt. Erst musste sie etwas zu Ende

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