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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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Sohn der Gegend und seine Kunstwerke wurden in sämtlichen Broschüren des Fremdenverkehrsamts, die sie gelesen hatte, erwähnt, und in Clifden gab es mehrere Läden, die eines seiner unbedeutenderen Werke im Fenster
hatten. Sie betrachtete die Skulpturen, und die Art und Weise, auf die er die unzuverlässige Menge nun schließlich doch noch erobert hatte, ekelte sie an. Er hatte erreicht, wonach er gestrebt hatte, war zu schwindelnden Höhen aufgestiegen. Aber der Preis war hoch gewesen. Niemand wusste das besser als sie.
    Noch ein Tag. Sie schob es auf, solange es ging, dann überwand sie sich doch. Sie war sich nicht sicher, ob sie nicht doch früher oder später jemand wiedererkannte. Sie konnte es genauso gut heute erledigen. Die Sonne schien wie damals. Renvyle Point. Es würde fantastisch sein, wieder dorthin zu kommen.
    Mit der großen Tasche in der Hand wanderte sie die Sky Road entlang und sagte sich Sätze vor, die aus einem nachlässig formulierten Reiseführer hätten stammen können. Steil abfallende Felsen. Schäumende Wellen, endloses Meer. Schiffe am Horizont. Im Sommer würde das Gras wieder ganz grün sein, und gelbe und lila Blumen würden auf ihm leuchten. Die Touristen würden ihr mit Rucksäcken entgegenkommen und am Straßenrand verweilen, um sich der Aussicht hinzugeben. Autos würden an den Aussichtspunkten parken und Fahrräder am Straßenrand liegen. Bald würde sie zu dem Grundstück gelangen, von dem sie vor Jahren geträumt hatten. Sie hatten es bebauen wollen. Ein Grundstück mit einer Ruine. Rasen mit Aussicht und noch dazu einem Stück Geschichte.
    Das Haus war größer, als sie es sich nach der Beschreibung vorgestellt hatte. Der Versuch, den alten irischen Baustil zu imitieren, war geglückt, das musste sie zugeben. Zwei Gebäude. Wohnhaus und Atelier. Der graue Stein harmonierte mit den Farben der Landschaft, und nur die Autos verrieten den Wohlstand. Mercedes. Nichts geschieht zufällig. Alles ist bereits geschehen und wird geschehen. Sie ging auf die Tür zu und klingelte. Sie dachte, dass sie etwas fühlen müsse, wies
diesen Gedanken dann aber sofort von sich. Die Gefühle waren schon lange verschwunden. Verschwunden am Renvyle Point. In Elsa Karlstens Haus. Vor Fredrik auf der Bahre.
    Als die Tür aufging und er vor ihr stand, dachte sie, dass es vielleicht doch nicht so ganz stimmte. Ein Gefühl befiel sie trotz allem doch. Nicht Nervosität, Liebe oder Schrecken, sondern eine perverse Freude. Nur mit Mühe konnte sie ein krankes, gehässiges Gelächter unterdrücken. Sein Erstaunen war so lächerlich, so total und so vorhersehbar. Genauso lächerlich wie er selbst in schwarzen Hosen, schwarzem Rollkragenpullover und schwarzem Jackett. Natürlich hatte er zugenommen, und natürlich trank er immer noch. Das Gesicht hatte sich kaum verändert, aber die scharfen Linien waren diffuser geworden, und seine Haut war gerötet. Sein rotes Haar war kurz geschnitten und glatt gekämmt, und seine Augen hatten einen berechnenden Glanz, den sie vorher noch nie gesehen hatte, auch nicht in seinen wahnsinnigsten Augenblicken. Vielleicht sah sie das auch nur so, weil sie es so sehen wollte: Er war ein Mann, der seine Seele verkauft hatte.
    Sekundenlang standen sie da und sahen sich an. Sie wusste, dass sie lächelte. Ihr Lächeln wurde nicht erwidert. Der berechnende Gesichtsausdruck war verschwunden und von Überraschung, Fassungslosigkeit und Angst in dieser Reihenfolge abgelöst worden. Angst. Sie merkte, dass ihr Lächeln noch breiter wurde.
    »Mari …«
    Seine Stimme hatte sich nicht verändert. Vielleicht hätte sie sich darüber freuen sollen. Sie konnte ihn zwingen, ihr das keltische Gebet vorzuspielen, ein letztes Zugeständnis.
    I am the Man of this night.
    »Es freut mich, dass du mich noch erkennst, David, nach all den Jahren.«
    Er lachte. Ein unfreiwilliger Versuch, die Normalität zu wahren.

    »Wie kannst du nur glauben, dass ich dich nicht wiedererkennen würde? Du siehst aus wie früher, obwohl du die Haare gefärbt hast.«
    »Ich war immer rothaarig. Das weißt du. Aber jetzt färbe ich mein Haar nicht mehr blond. Die Umstände haben mich gelehrt, dass die Natur gibt und nimmt, wie es ihr gefällt.«
    Er lehnte am Türrahmen, und sie überlegte, dass seine scharfen Kanten vielleicht stumpfer geworden waren, dass sein Kern aber sicherlich intakt sei. Daher konnte sie seine Gedanken lesen. Was soll das? Wie kann ich das ausnutzen? What is in it for me? Sie betrachtete das

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