Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
bringen. Wenn sie nur nicht so müde wäre.
Anna und sie hatten nach ihrer Rückkehr noch ein paar Tage im Café in Stockholm gearbeitet. Anna schloss einen Inneneinrichtungsauftrag ab. Sie erzählte, sie hätte die Beherrschung verloren und den Kunden angeschrien, sie werfe die hässlichen Kissen höchstpersönlich weg, wenn er es nicht täte. Man hätte auf sie gehört und gezahlt, ohne zu protestieren. Mari lehrte ein paar junge Leute, mit denen sie schon vor langer Zeit einen Termin vereinbart hatte, die Grundzüge der Buchhaltung. Angesichts der gutgläubigen und besorgten Augen ließ sie alle zuvor vorbereiteten Informationen über Konjunkturtrends und Auftragseingänge außer Acht. »Beschäftigt euch mit Dingen, die euch am Herzen liegen, und lasst euch von niemandem einreden, ihr wäret wertlos«, bläute sie ihnen
stattdessen ein. Die Augen blickten daraufhin erstaunt, aber freudig überrascht. Dann saßen sie im Café, aßen Zitronenmuffins und lachten. Eines der Mädchen sagte, ihr gefiele Maris Kreuz.
Die Farbe der Trauer hatte sich vertieft. Sie pulsierte durch den Körper und bewirkte, dass sie kaum Angst empfand, als Elsa Karlsten das Café betrat und um eine Unterredung bat. Sie saß ihnen gegenüber und erzählte, sie habe sich mit den Ärzten unterhalten. Diese hätten sich, wie gesagt, dafür entschieden, einen Herzinfarkt zu konstatieren. Das Ableben war nicht unerwartet gekommen, und deshalb hätten sie von einer Obduktion abgesehen. Eigentlich wollten sie sie nur noch einmal fragen, ob ihr Mann selbstmordgefährdet gewesen sei, da er offenbar Alkohol und Tabletten im Übermaß konsumiert hätte. Anschließend hatten sie sich vorsichtig erkundigt, wie sie sich fühle. Ob sie Hilfe benötige. Jemanden, mit dem sie sich unterhalten könne. Elsa erzählte, sie wisse nicht, ob die Ärzte mit dem Gesagten etwas hatten andeuten wollen, aber sie hätte sie einfach nur ganz ruhig angesehen und gesagt, dass sie auf den Alkohol- und Tablettenkonsum ihres Mannes keinen Einfluss gehabt hätte. Sie selbst wäre nicht suchtgefährdet.
Dann erzählte Elsa Karlsten Anna und ihr, dass auch Martin Danelius eine ernste Unterredung mit einem der Ärzte der Station seiner Frau geführt habe. Einiges deute darauf hin, dass sich jemand am Beatmungsgerät zu schaffen gemacht habe, aber niemand konnte mit Sicherheit etwas sagen. Die Verantwortlichen kannten natürlich Martin Danelius’ Auffassung in dieser Frage, und daher wollte man gerne gefragt haben, ob es »etwas« zu erzählen gäbe. Martin Danelius hätte laut Elsa Karlsten alles energisch abgestritten und dann angedeutet, es könnte sich auch um eine Nachlässigkeit des Pflegepersonals gehandelt haben. Ob man mit dieser verdeckten Anklage vielleicht davon ablenken wolle? Der Arzt hätte das
entsetzt in Abrede gestellt, und anschließend wäre nicht mehr viel gesagt worden.
Anna und sie konnten einander kaum in die Augen sehen, nachdem Elsa Karlsten sie verlassen hatte. Dann stellte Anna fest, dass die Todesfälle nun offensichtlich zu den Akten gelegt worden seien. Niemand würde ein Interesse daran haben, herauszufinden, wie viel ein alter Mann getrunken habe, oder ob eine Krankenschwester versehentlich den falschen Knopf gedrückt habe. Mari schwieg und nickte. Sie fragte sich, ob der Herzinfarkt wirklich die Todesursache gewesen sein konnte. Sie weigerte sich, daran zu glauben, dass die Manipulation des Beatmungsgeräts zum Tod geführt hatte. Sie überdachte noch einmal, was der Arzt zu Anna gesagt hatte. Dass die meisten Morde unentdeckt blieben.
Die Wohnung zwei Wochen später zu verlassen war einfach gewesen, Anna zu verlassen jedoch schmerzhaft. Eine Umarmung, ein etwas gezwungenes Versprechen, in Verbindung zu bleiben. Gemeinsame Geschäfte. Darüber müssen wir noch reden. Dann allein. Grüß Greg. Und kein »Grüß David« zurück. Das war verständlich. Anna konnte es schließlich nicht wissen. Ihre Familie hatte mit einem einstimmigen »Ach ja?« geantwortet, als sie angerufen hatte, um sich zu verabschieden. Mit ihren übrigen Bekannten war es genauso gewesen. Die Reise nach Irland hatte sie wie eine Befreiung empfunden. Dann war sie tagelang in der Umgebung von Clifden mit dem Gefühl herumgelaufen, vielleicht doch überleben zu können. Mehr konnte sie nicht verlangen, aber weniger konnte sie auch nicht akzeptieren. Schuldig: Fredrik. Lieber Fredrik, verzeih mir.
Es war nicht schwer, sich Informationen zu besorgen. Der inzwischen berühmte
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