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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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Salatblatt. Und wenn er seine Hand in den Stall steckte, dann war auch er es, der daran schnupperte.
    Die Kaninchen waren jetzt seit einigen Monaten in seiner Obhut. Lisen hatte ihm ein Nachbar geschenkt, der mehr Kaninchen besaß, als er verbrauchen konnte, wie er sich ausdrückte. Sie war bereits trächtig gewesen, dick und unförmig, und wenig später hatte sie drei Junge zur Welt gebracht, die bis auf weiteres den Stall mit ihrer Mutter teilen mussten. Papa hatte gute Laune gehabt, als der Nachbar ihm das Kaninchen
angeboten hatte, und gesagt, er dürfte es behalten, wenn er sich um alles selbst kümmerte. So war es geschehen. Er hatte einen ordentlichen Stall gebaut, den Boden mit Stroh bedeckt, eine Ecke zum Schlafen und eine für die Notdurft eingerichtet, und im Übrigen genau darauf geachtet, den Stall sauber zu halten und seinen neuen Haustieren jeden Tag frisches Futter zu geben. Dass man im Nachbarhaus ab und zu Kaninchen aß, hatte ihn zu diesem Zeitpunkt nicht beschäftigt. Er war einfach dankbar gewesen, dass sein Papa eingewilligt hatte, ohne näher darüber nachdenken zu wollen.
    Die Kaninchen waren dankbar für seine Fürsorge und hatten sich als zahmer erwiesen, als er das für möglich gehalten hatte. Er liebte sie alle und hatte das Gefühl, dass die Einsamkeit ein akzeptabler Zustand war, solange sich seine Kaninchen freuten, wenn er kam, um sie zu streicheln. Wenn er seine Nase ganz tief in Lisens Pelz bohrte, fand er manchmal, dass dieser genauso gut duftete wie die Kleider im Kleiderschrank seiner Mutter.
    »Hast du verstanden?«, schrie sein Vater wieder.
    Er nahm all seine Kraft zusammen und antwortete: »Ja, Papa.« Das Gewehr war so schwer, dass sein Arm bereits wehtat. Er hob es mit beiden Händen hoch, und es lag auf seinen Armen wie ein kleines Kind. Er fragte sich, ob es wohl losging, wenn er nicht vorsichtig war. Er dachte, dass es vermutlich eine Sicherung hatte, und hoffte nur, dass sein Vater das Spiel nicht dadurch noch spannender zu machen versuchte, indem er es entsicherte.
    »Ich stoppe die Zeit. Fünf Minuten. Von … jetzt!«
    Papa schaute auf seine Uhr, und seine Stimme hatte sich wieder verändert. Jetzt benutzte er seine scherzende Vater-Sohn-Stimme, die er immer dann hervorkramte, wenn er vor Besuchern ihre Zusammengehörigkeit demonstrieren wollte. Er hatte Fredrik angesehen und war dann zur Mutter gegangen.

    »Zeit für Musik, Michelle?«, fragte er. Sie antwortete nicht, sondern ging einfach auf den Flügel zu und begann zu spielen und zu singen. Chicago. Die Noten des Musicals waren neu. Sie hatte sie sich aus den USA schicken lassen. Die Geschichte von den Mörderinnen war sehr eindrucksvoll. Mama hatte in einer Stimme von ihnen erzählt, die er heute als erregt bezeichnet hätte.
    When you’re good to Mama, Mama’s good to you.
    Er verstand bereits da, dass das, was sie sang, irgendwie zu dem passte, was vorgefallen war. Das Lachen seines Vaters verfolgte ihn auf die Diele. Er hörte es vermischt mit dem Gesang seiner Mutter in jedem Zimmer, in dem er nach einem Versteck suchte, das groß genug für ein Gewehr war. Sein Vater durfte es nicht finden. Er schaute in die Schränke und dachte einen Augenblick an Mamas, aber wagte es dann nicht, sich eines doppelten Vergehens schuldig zu machen, da es sich um verbotenes Terrain handelte. Er ging weiter in die Küche und schob das Gewehr in den Putzschrank, sah dann aber, dass Besen und Schrubber zu schmal waren, um es zu verbergen. Er empfand die Angst des Wilds, als er ins Wohnzimmer schaute. Sein Papa saß auf dem Sofa und lauschte der Musik. Er schien nicht die Absicht zu haben zu spionieren oder ihn zu überraschen. Er würde kommen, wenn es ihm gefiel. Zum vorgesehenen Zeitpunkt. Nicht früher und nicht später. Wir Männer stehen zu unserem Wort und verlieren keine unnötigen Worte.
    Er öffnete die Haustür in dem verzweifelten Gedanken, das Gewehr vielleicht im Wald vergraben zu können, sah dann aber ein, dass das vergeblich sein würde. Papa besaß mehrere Gewehre. Wenn dieses ganz verschwand, so würde das seinen Zorn derart erregen, dass es überhaupt keine Rettung für Lisen und die anderen gab. Außerdem wollte er das Risiko nicht eingehen, dass ihn seine Füße wie automatisch zum Kaninchenstall trugen. Wenn Kelis fröhlich auf ihn zugehoppelt
käme, dann wäre alles verloren. Er würde hysterisch zu weinen beginnen, ohne etwas dagegen unternehmen zu können.
    Ruhig, Fredrik. Ruhig. Wohin geht Papa nie?

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