Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
wissen das, und sie verlassen sich darauf. Nicht jeder Einwohner von Bamford kann es sich leisten, einen Arzt zu besuchen. Viele Kranke behandeln sich selbst!«
»Niemand möchte andeuten, Sie hätten etwas Ungesetzliches getan, Mr. Baxter. Hat Mrs. Oakley bei einer jener Gelegenheiten, zu denen sie kleine Mengen Laudanum bei Ihnen erstanden hat, den Grund genannt, warum sie es benötigt?«
»Manchmal sagte sie, es wäre gegen irgendwelche Schmerzen, unter denen sie litt, und manchmal für den einen oder anderen ihrer Diener. Bevor sie sich diesen Zahn hat ziehen lassen, litt sie über einen Monat lang an Zahnschmerzen. Sie kam während dieser Zeit mehrmals vorbei. Am Ende musste ich ihr sagen, dass sie zum Zahnarzt gehen sollte, damit er sich den Zahn einmal ansieht. ›Da haben Sie wohl Recht, Mr. Baxter‹, lautete ihre Antwort. Kurz darauf war sie bei einem Zahnarzt und bekam den Zahn gezogen.«
»Sie haben Mrs. Oakley also empfohlen, sich den Zahn ziehen zu lassen.« Mr. Green beugte sich vor.
»Warum?«
»Nun ja, Sir, sie litt unter Zahnschmerzen, und so etwas geht nicht von alleine wieder weg!«, rief Baxter aufgeregt aus.
»Aus keinem anderen Grund, Mr. Baxter?« Der Apotheker schluckte mühsam, und sein Adamsapfel tanzte an seinem Hals auf und ab.
»Ich wollte nicht, dass sie weiter so viel Laudanum nimmt, Sir, und das meine ich ernst. Ich kenne Leute, die davon abhängig geworden sind. Nicht mehr so viele wie früher, vor dem neuen Gesetz. Als mein Vater noch Apotheker in Bamford war, gab es viele Leute, die davon abhängig waren. Von Opium wird man abhängig, und Laudanum ist schließlich eine Opium-Tinktur, nicht wahr?«
»Sie befürchteten, dass Mrs. Oakley abhängig werden könnte?«
»Um die Wahrheit zu sagen, Sir, genau das tat ich, ja«, gestand der Apotheker.
»Wäre es jemand anders gewesen, ich hätte mich mit ihrem Ehemann unterhalten, aber so … ich mische mich nicht gerne in Angelegenheiten der vornehmen Leute ein. Ich … na ja, ich bin auf sie angewiesen und darauf, dass sie mir gewogen sind. Wie jeder Geschäftsmann. Angenommen, ich hätte mich geirrt? Wie hätten Mr. und Mrs. Oakley darauf reagiert?«
»Also haben Sie dieser Dame lieber regelmäßig kleine Mengen Laudanum gegeben und zu alledem geschwiegen. Erzählen Sie mir doch, angenommen, eine Person würde süchtig nach diesem Medikament, so wie Sie es beschrieben haben – woran würde man das merken?«
»Schwer zu sagen, Sir. Opium spielt dem Verstand Streiche. Manchmal sehen die Leute Dinge, die in Wirklichkeit nicht da sind. Oder Dinge, die da sind, sehen auf einmal anders aus. Manchmal geht ihre Fantasie förmlich mit ihnen durch. Ich habe von Dichtern gehört, die unter dem Einfluss von Opium wundervolle Zeilen zu Papier gebracht haben. Aber manchmal ist es auch wie ein Albtraum. Nach einiger Zeit jedenfalls wird die betroffene Person lustlos, verliert jegliches Interesse und kann sich selbst nicht mehr organisieren.«
»Würde solch eine abhängige Person ihre Umgebung eher richtig oder eher falsch einschätzen, das, was sie ringsum sieht und hört?«
»Sehr wahrscheinlich falsch, Sir«, sagte Baxter und fügte hastig hinzu:
»Aber ich weiß nicht, ob das bei Mrs. Oakley der Fall gewesen ist!«
»Nein, natürlich nicht. Aber ich frage ja auch nur ganz allgemein nach Ihrer Meinung. Würde eine solche Person zu Ungeschicklichkeit neigen?«
»Durchaus möglich, Sir. Nachdem man eine Dosis genommen hat, wird man schläfrig und kann seine Bewegungen nicht mehr richtig koordinieren.«
»Wenn also eine Person, die vor dem Schlafengehen Laudanum eingenommen hat, noch unter dem Einfluss des Medikaments versucht, wieder aus dem Bett aufzustehen, was würde geschehen?«
»Sie würde wahrscheinlich hinfallen«, sagte Baxter einfach.
»Danke sehr, Mr. Baxter«, sagte Mr. Green. Er blickte sich um, als erwartete er eine Runde Applaus. Stanley Huxtable war nicht weiter überrascht, dass er keinen bekam.
Als Mr. Green schließlich sein Plädoyer für die Jury hielt, strahlte er womöglich noch mehr Zuversicht aus.
»Gentlemen von der Jury, wir befinden uns hier vor einem britischen Gerichtshof. Es ist eine grundlegende Regel britischer Rechtsprechung, dass eine angeklagte Person nicht aufgrund von Geschwätz und Hörensagen verurteilt werden darf, sondern nur aufgrund von eindeutigen und geprüften Beweisen.
Betrachten wir die Beweise in diesem Fall. Sie scheinen größtenteils aus der Aussage einer entlassenen
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