Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
hat, wir hätten noch nie mit jemandem wie Inspector Hayes zu tun gehabt. Ich schätze, es war sehr scharfsinnig von ihm, Hayes zu uns zu schicken, wirklich«, sinnierte Damaris.
»Ich glaube, er ist ein starker Raucher – seine Fingerspitzen sind ganz gelb, auch wenn er nicht gefragt hat, ob er hier bei uns rauchen darf.«
Es war kühl im Zimmer. Meredith warf einen Blick auf den kalten Gasofen. Damaris bemerkte es und fragte:
»Soll ich ihn anzünden?«
Meredith schüttelte den Kopf und versicherte ihr, dass es nicht nötig sei, nicht wegen ihr. Juliet saß zusammengesunken in ihrem Sessel, die Arme vor der Brust verschränkt, das Gesicht in Falten gelegt, in Gedanken versunken und sich der Kälte im Raum nicht bewusst. Schließlich richtete sie sich auf und fragte:
»Verzeihung? Ich habe die letzten Worte nicht mitbekommen.«
»Ich hatte Sie gefragt, meine Liebe, ob Ihnen vielleicht kalt ist. Meredith sagt, es wäre in Ordnung, aber ich könnte den Ofen anzünden. Florence und ich sind daran gewöhnt, wir merken es nicht. Ich meine, wir heizen nur wenig. Das Haus war schon immer kalt. Als wir Kinder waren, fror manchmal das Wasser in der Waschschüssel oben in der Kinderstube ein. Wir mussten es aufbrechen, bevor wir uns waschen konnten.« Dieses Bruchstück einer spartanischen Kindheit entging Juliet völlig. Unvermittelt setzte sie sich kerzengerade auf.
»Wir müssen diesen Minchin und diesen Hayes loswerden!«, sagte sie.
»Das geht nicht«, erwiderte Meredith.
»Ich würde die beiden genauso gerne loswerden wie Sie. Aber sie sind nun mal hier, und wir müssen auf der Hut vor ihnen sein.« Juliet beugte sich vor, und der lange Zopf hing über eine Schulter nach vorn. Sie schob ihre Brille auf dem Nasenrücken nach oben. Alle warteten auf ihre nächsten Worte.
»Sie sind so lange hier, bis der Fall geklärt ist«, sagte sie.
»Danach verschwinden sie wieder. Also lösen wir den Fall, und es heißt: Leben Sie wohl, Doug Minchin!«
»Sie haben eine Art, die Dinge zu vereinfachen!«, sagte Meredith perplex.
»Aber so einfach ist das nicht!«
»Wieso? Ich halte es für ganz einfach!« Juliets Aufmerksamkeit war nun ganz auf Meredith gerichtet.
»Kommen Sie schon, Meredith! Sie sind schließlich die Expertin in diesen Dingen!«
»Ja, ja, schon gut.« Jetzt blickten alle drei Frauen erwartungsvoll zu ihr. Meredith atmete tief durch.
»Wir wissen, woher das Arsen kam. Was wir herausfinden müssen: Wie kam Jan dazu, es zu schlucken?«
»Und wer hat es ihm untergeschoben?«, sagte Juliet.
»Wenn wir wissen, wie er dazu kam, es zu nehmen, dann wissen wir wahrscheinlich auch, wer es ihm gegeben hat.« Meredith blickte zu Damaris.
»Würde es Ihnen etwas ausmachen, noch einmal die Ereignisse des vergangenen Samstags durchzugehen?« Damaris sah ihre Schwester an.
»Wenn es Ihnen hilft, bin ich dazu bereit. Allerdings weiß ich nicht …«
»Es ist in Ordnung«, sagte Florence leise.
»Wenn es sein muss, dann muss es sein.«
»Nun«, begann Damaris.
»Am Morgen war Jan noch völlig gesund. Er war auch mittags noch gesund, und am Nachmittag ist er zu Ihnen gegangen, Meredith. Er wirkte sehr zufrieden mit sich selbst, als er zurückkam.«
»Tatsächlich?«, fragte Meredith verblüfft.
»Ich habe ihn hinausgeworfen. Er … äh, hat sich danebenbenommen.«
»Das zu hören überrascht mich nicht. Sich danebenzubenehmen war Jans besonderes Talent«, stellte Damaris schroff fest.
»Er hat im Arbeitszimmer den Schreibtisch meines Großvaters aufgebrochen und die Papiere durchwühlt, die wir dort aufbewahren. Ron Gladstone hat ihn dabei durchs Fenster hindurch beobachtet und es Alan erzählt. Soweit wir feststellen konnten, hat er unsere Testamente gelesen – nicht, dass wir sie je zu seinen Gunsten geändert hätten! Aber wie Jan nun einmal war, wahrscheinlich hat er sich eingebildet, dass er uns überreden könnte. Er war sehr … sehr von sich eingenommen.« Damaris dachte nach.
»Ich glaube wirklich, dass er in seiner eigenen Welt gelebt hat, wissen Sie? Diese Geschichte mit dem Testament und seinem Recht auf einen Anteil am Haus … Sie mögen ihn vielleicht aufgefordert haben zu gehen, Meredith, aber ich wage zu behaupten, dass er für sich diesen Besuch bei Ihnen als rauschenden Erfolg betrachtet hat. Ron Gladstone hat von Anfang an gesagt, dass Jan seiner Meinung nach geistig nicht stabil ist. ›Verrückt‹, das war Rons Wort. Ich frage mich allmählich, ob er damit nicht Recht hat.«
»Wenn
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