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Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall

Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall

Titel: Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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erneuert werden mussten, war das Dach offensichtlich undicht. Markby schnüffelte. Es roch nach Trockenfäule, Feuchtigkeit und Verfall. Er fragte sich, was Jan Oakley wohl gedacht hatte, als er das Haus zum ersten Mal betreten hatte.
    »Hier ist es«, sagte Damaris schlicht und öffnete eine Tür. Markby betrat das Zimmer. Florence hatte Recht gehabt. Es war kalt in diesem Raum, obwohl draußen die Sonne schien. Eine Anzahl abgebrannter Streichhölzer auf dem Rost des Gaskamins deutete auf Jans Bemühungen hin, das Zimmer zu heizen. Auf dem Boden mitten im Raum lag ein alter blauroter türkischer Teppich. Der Boden zwischen Teppich und Wänden war bedeckt von altem, gerissenem Linoleum. Ein Messingbett an der Wand war ordentlich gemacht, wahrscheinlich von Jan selbst. Dazu gab es eine Schubladenkommode, einen altmodischen Waschtisch mit Marmorplatte, doch ohne Schüssel oder Wasserkrug, einen Sessel und einen großen Garderobenschrank, dazu gemacht, die Kleidung einer anderen Epoche aufzunehmen. Eine Frisierkommode passte nicht zum restlichen Mobiliar. Sie war nierenförmig und besaß vorne ein Kretonne-Furnier im Stil der 1940er Jahre. Markby vermutete, dass sie eigens für Jan aus irgendeinem anderen Zimmer herbeigeschafft worden war. Auf der Kommode stand und lag eine Vielzahl von Toilettenartikeln und Männerparfums. Markby nahm einen Flakon zur Hand und stellte fest, dass es eine teure Marke war. Vielleicht hatte Jan in Polen Schwarzmarktgeschäfte getätigt. Er blickte sich um. Damaris stand geduldig im Eingang und wartete. Er lächelte ihr verlegen zu und ging zum Schrank, um die Tür zu öffnen. Im Innern fand er eine magere Anzahl Kleidungsstücke. Er durchsuchte oberflächlich die Taschen und fand einen polnischen Pass, einen Ausweis, eines von jenen billigen Heiligenbildchen der Jungfrau Maria mit ein paar Gebetszeilen auf Polnisch darunter, ein wenig Wechselgeld und eine Börse mit englischen Banknoten, alles in allem etwa sechzig Pfund. Gut möglich, dass es alles war, was Jan besaß.
    »Haben Sie etwas dagegen?«, fragte er Damaris.
    »Ich müsste das alles mitnehmen. Ich gebe Ihnen selbstverständlich eine Quittung, und man wird es Ihnen zurückgeben.«
    »Wir wollen es nicht«, sagte sie mit versteinerter Miene.
    »Wir wollen nichts von alledem.« Markby wandte sich der Schubladenkommode zu. In der oberen linken Lade fand er Jans Rückflugticket nach Polen. Er hatte sich einen Monat Zeit gegeben, um seine Ziele zu erreichen. Wahrscheinlich hatte er geglaubt, dass seine Cousinen ihn nicht länger im Haus dulden würden. In einem verstärkten Briefumschlag von der Sorte, in der man Fotos per Post versandte, fand er ein altes Sepia-Porträt eines attraktiven Gentlemans mit der Hand auf der Schulter einer Frau, deren eng geschnürtes Korsett und seidenes Kleid die bäuerliche Herkunft nicht zu verbergen imstande waren. Ihre Gesichtszüge waren derb, ihr Blick scharf und frömmlerisch. Der Blick des Mannes hingegen war spöttisch und herausfordernd.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte er zu dem Fotografen.
    »Aber es ist mir gleichgültig. Ich habe, was ich wollte.« Seine Haltung, die Hand auf der Schulter der Frau, zeigte keine Liebe, sondern triumphierenden Besitz. In einer Ecke der steifen Fotografie war ein Stempel, einstmals wahrscheinlich golden, heute braun: Fotografien Hable, Krakau. Die restlichen Schubladen enthielten ein wenig Unterwäsche und ein paar Socken, sonst nichts. Jan war mit leichtem Gepäck gereist. Markby blickte nach oben und entdeckte den Rucksack, den Meredith bereits beschrieben hatte, auf dem oberen Brett des Schranks. Er zog ihn hervor und wirbelte damit eine kleine Staubwolke auf. Der Rucksack war leer bis auf eines jener kleinen versiegelten Frischtüchlein, die an Bord von Flugzeugen nach dem Essen an die Passagiere verteilt wurden. Alles in allem waren es die Habseligkeiten eines armen Mannes, der dennoch eitel genug war, um sich mit luxuriösen Toilettenartikeln zu pflegen und mehr dafür auszugeben, als er sich eigentlich leisten konnte. Es bestätigte, was Markby bereits vermutet hatte. Jan war keine Art von Mafioso gewesen. Jan war ein Mann gewesen auf der Suche nach seinem Glück, ein armer Mann, der sich eingebildet hatte, dass Reichtümer auf ihn warteten. Oder zumindest genügend Geld, um weitaus besser gestellt nach Polen zurückzufahren, als er es verlassen hatte. Markby blickte sich um. Er war fertig, bis auf eine letzte Sache. Eine merkwürdige Sache, ein

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