Mord zur besten Sendezeit
irgendwie beruhigend, ganz allein mit einem Katalog voller Teppichmuster dazusitzen. Hotelgeschäfte statt Verbrechensbekämpfung. Sie merkte, dass sie mit begehrlichen Blicken auf einen Berberteppich aus 100 Prozent Schurwolle blickte, auf dem sahnegelbe Bourbonen-Lilien auf einem mattgoldenen Hintergrund verstreut waren.
Der Teppich, der sie so interessierte, wurde als Auslegeware nach Maß eigens angefertigt. Es gab ihn nur auf Bestellung, und natürlich war er überwältigend teuer.
Mit dem Geld, das sie für das Green River bekommen hätte, hätte sie all ihre Schulden begleichen können, und es wäre noch genug für den Kauf von Cobden Manor übriggeblieben und für die Renovierungsarbeiten, wenn man sie über zwei Jahre ausdehnte. Aber das war ja jetzt alles den Bach runter. Jetzt wollte Honey auf gar keinen Fall mehr aufs Land ziehen. Also konnte sie stattdessen ein bisschen Geld für das Green River ausgeben. Ein schicker neuer Teppich im zweiten Stock, das war nur eine der möglichen Verbesserungen. Ein Whirlpool wäre auch nicht schlecht. Oder wie wäre es mit einer Sauna? Einem Fitnessraum?
»Wie wäre es, wenn wir in einen Fitnessraum investierten?«, fragte Honey Lindsey, die gerade ihren Dienst angetreten hatte.
»Du hast doch was gegen körperliche Betätigung. Zumindest gegen diese Art von körperlicher Betätigung.«
»Ich meine, für die Gäste. Wir könnten sogar für ein, zwei Tage in der Woche einen professionellen Fitnesstrainer einstellen.«
»Du hast doch deinen persönlichen Fitnesstrainer. Er heißt Steve Doherty. Hat er den verschwundenen Ehemann schon gefunden?«
»Nein.«
Honey hätte um ein Haar erzählt, was für einen Verdacht sie gegen John Rees hegte. Doch da klingelte das Telefon. Es war Casper.
»Mitte Februar kommt eine Reisegruppe aus Schweden her«, sagte er zu ihr. »Die können Sie haben. Fünfzehn Zimmer. Sechs Doppelzimmer, drei Zweibettzimmer, sechs Einzelzimmer. Können Sie das übernehmen?«
Natürlich konnte sie das.
»Kommen die Schweden aus irgendeinem bestimmten Grund her?«
»Ja, zu einer Europäischen Konferenz für militärische Logistik beim Verteidigungsministerium.«
»Fünfzehn Zimmer im Februar«, rief Honey aus. Aufgeregt gab sie die Buchung detailliert an Lindsey weiter.
»Und die in den Doppelzimmern, die arbeiten auch alle fürs Verteidigungsministerium?«, sagte Lindsey mit fragendem Blick.
Honey war die hochgezogene Augenbraue nicht entgangen. »Mir egal. Die können schlafen, mit wem sie wollen – solange ich es nicht bin.«
Neunundzwanzig
Kurz vor Ladenschluss wanderte Honey mit ihrer Liste – Indizien, Verdächtige und Einkäufe waren darauf verzeichnet – zu dem Geschäft in der Green Street, wo sie immer die Würstchen fürs Hotel kaufte. Sobald sie die Bestellung abgegeben hatte, hatte sie den Kopf frei und konnte über das Verbrechen, den simulierten Selbstmord von Arabellas Kollegen Sean Fox und über Arabellas nach wie vor verschwundenen zweiten Ehemann nachdenken.
Eine Tasse Kaffee und ein Croissant sollten dabei helfen, sich zu konzentrieren. Honey saß an demselben Tisch vor dem Café, wo sie Dominic Rolfe kennengelernt hatte. Block und Stift lagen vor ihr. Kaffee und Croissant standen griffbereit. Ehe sie sich diesen Aufgaben zuwenden konnte, bemerkte sie John Rees, der rasch in Richtung Bathwick unterwegs war.
Es war sechs Uhr abends. Wieder trug er einen flachen, in braunes Packpapier eingeschlagenen Gegenstand unter dem Arm. Ob es sich um etwas handelte, das ein untergetauchter Verdächtiger brauchte? Möglicherweise.
John hatte sehr lange Beine und würde gleich aus ihrem Blickfeld verschwinden. Sie ließ Kaffee und Croissant stehen, bezahlte rasch und stürzte los. Dieser Fall betraf sie persönlich. Sie durfte nicht wanken.
Zum Glück tauchte gerade ein Taxi auf. Es schien den Fahrer ziemlich kalt zu lassen, dass sie ihn bat, nur ein paar hundert Meter die Straße entlangzufahren. Der Fahrpreis war trotzdem gepfeffert, aber das war Honey egal. Wenn sie Glück hatte, würde sie John Rees wieder entdecken und konnte die Verfolgung erneut aufnehmen. Alles war möglich. Sie musste es einfach versuchen.
Da war sie nun, gerade aus dem Taxi ausgestiegen, und standauf dem Bürgersteig, doch John war nirgends zu sehen. Keine Spur von der vertrauten Gestalt, die mit hoch über der Menschenmenge erhobenem Kopf und großen Schritten daherkam. Nur Leute, die vor dem Curfew Pub Wolken von Nikotin in die Luft bliesen, und
Weitere Kostenlose Bücher