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Mord zur besten Sendezeit

Mord zur besten Sendezeit

Titel: Mord zur besten Sendezeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valerie Frankel
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hätte, hätte ich sie auch angerufen.«
    »Aber sie hat dich doch angerufen«, bemerkte Alex. »Über Sabrina. Vielleicht hat sie das getan, sobald sie konnte.«
    »Wir brauchen einen Plan, damit wir Lola endlich einmal zwei Minuten allein sprechen können«, beschloß ich. »Ich mag es nicht, wie Sabrina sie herumkommandiert.« Sabrina hatte jedenfalls gestern abend Lola nicht sehr weit von ihrer Seite gelassen. Meine Neugierde (vermischt natürlich mit Sorge) war inzwischen riesig. »Du flirtest mit dem Mädel, und ich besorge mir die Informationen.«
    »Warum stecken wir nicht vorher Lola einen Zettel zu oder sowas?«
    »Nein.«
    »Du haßt es aber doch, wenn ich flirte.«
    »Ich habe es mal gehaßt.« Als wir noch ein Paar waren.
    »Und jetzt magst du es.«
    »Jetzt bin ich stolz darauf«, erklärte ich ihm.
    Alex schüttelte den Kopf, sagte aber wenigstens nicht: Frauen, ich werde sie nie verstehen. Ich beendete mein Frühstück und wünschte mir sofort eine Zigarette. Ich blieb eisern. Die Rechnung kam. Ich zahlte Alex den Kaffee, was ich sehr großzügig fand. Sein Dank war eher sparsam.

    »Wieviel?« brüllte ein Reporter Sinclair Singer zu, der auf einem Podium stand. Er war angeblich sechzig Jahre alt, sah aber eher aus wie gut erhaltene siebzig. Er hatte noch alle seine Haare, die meisten davon grau, manche aber dank seines Friseurs dunkler getönt. Sein Bauch wölbte sich zwar nicht vor, aber er atmete etwas angestrengt. Ich hatte erst letzte Woche ein Photo von ihm in der Zeitung gesehen, auf dem er ungefähr zwanzig Kilo runder aussah. Ich fragte mich, ob er wohl unter seinem gestreiften Wollanzug ein Korsett trug.
    »Der Scheck, den ich hier in Händen halte, ist eine Million Dollar wert«, sagte er mit seinem britischen Akzent. »Und wenn die Photographen so weit fertig sind, werde ich jetzt auf der gepunkteten Linie unterschreiben.« Ein Blitzgewitter setzte ein, während Singer kritzelte. »Ich würde gerne einige Worte über Tony Felluti sagen, den armen Jungen, der gestern während der Show erschossen worden ist.« Singer hielt dramatisch inne. Ich konnte an der Art, wie er diese Pause machte, erkennen, daß er die Rede vorbereitet hatte — ganz ein Mann nach meinem manipulativen Geschmack. »Tony«, sagte er, die Augen gen Himmel erhoben, »wenn du uns hören kannst: es tut uns leid, daß dir das hier geschehen mußte. Es ist eine Tragödie, wirklich, das ist es. Wir von der Party-Girls -Familie werden alles tun, was in unserer Macht steht, um den trauernden Mitgliedern deiner Familie zu helfen. Mrs. Felluti« — er blickte die Frau in mittleren Jahren und schwarzen Kleidern an, die zu seiner Rechten saß — , »wir hoffen alle, daß Sie unser Beileid in dieser Zeit der Not und der Trauer annehmen können. Wir stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung.« Von seinen Gefühlen überwältigt, trat Singer vom Podium. Er bedeckte zum Schein seinen trauernden Gesichtsausdruck vor den Dutzenden von Blitzgeräten.
    Ein anderer Mann griff zum Mikrophon. Er wirkte schmuddelig und mußte ungefähr zwei Meter groß sein. Er trug eine Flanellsportjacke von unser aller Jeansausstatter, dem GAP (ich habe dieselbe in Rostrot), deren Ärmel weit über seinen Handgelenken endeten. Seine Dockerjeans hörten etliche Zentimeter über seinen Knöcheln auf. Ich fragte mich, ob er wohl eine Flutwelle erwartete. Seine Socken, nicht zu übersehen, waren grellweiß. Er zog sich eben an wie der übliche Langweiler, Grundausstattung. Seine enorme Größe war dabei keine Entschuldigung.
    Er sagte: »Dank Ihnen, Mr. Sinclair Singer, für diese herzlichen Worte.« Der Mann zeigte sein Profil — kräftiges Kinn, zerquetschte Nase — und streckte die Hand zu Mutter Felluti aus. Sie nahm seine Hand. Ihr spitzenbesetztes schwarzes Kleid knisterte beim Gehen. Sie war klein und kompakt gebaut, und Unmengen glänzender brauner Haare hingen ihr den Rücken hinab.
    Der Langweiler nahm den Scheck und hielt ihn den Photographen entgegen, damit sie ihn überprüfen könnten. Dann reichte er ihn der schwarzgekleideten Frau. Ich schaute verstohlen zu Mr. Singer. Er hatte sich anscheinend schon wieder völlig erholt. Die Frau schob den Schleier von ihrem Gesicht. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie sich den Scheck ansah. Sie nahm das Mikrophon, wobei ihr Kleid bei jeder Bewegung sanft raschelte.
    »Ich habe meinen Sohn verloren«, sagte sie. Ich spürte, wie das in mein Herz eindrang. »Und nichts wird ihn uns je ersetzen. Seine zehn

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