Mord zur Geisterstunde
dass Doherty sie eingeladen hatte, ihn nach Trowbridge zu begleiten. Dort wollten sie sich die Associated Security Shredding ansehen.
»Auf jeden Fall hingehen!«
Sie erzählte, dass sie sich erst noch um ihre Mutter und das Angebot eines Ladens kümmern wollte.
Seine Stimme wurde eisig. »Ich hatte da eine Anfrage von einer Busreisegruppe. Die brauchen im Februar Zimmer. Könnten Sie die Reservierung übernehmen?« Eindeutig ein Köder, den man ihr vor die Nase hielt, damit sie nicht absprang und weiterhin als Verbindungsperson zur Polizei tätig blieb. Im Februar Zimmer vermieten, das war etwa so leicht, wie in einem Sieb den Atlantik zu überqueren. Katastrophal!
»Ich kann meine Mutter auch noch gegen Abend treffen.«
»Braves Mädchen.«
Das wurde ja immer besser! Sollten sie dann auch noch den Mörder von Lady Templeton-Jones dingfest machen, wäre es das Tüpfelchen auf dem i. Diesen Fall zu lösen, das wäre buchstäblich, als triebe man einen Geist aus.
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Doherty war bestens gelaunt. Während sie mit offenem Verdeck die Straße entlangflitzten, erläuterte er ihr den Fall. »Der Neffe von Lady Templeton-Jones hat der Polizei in Ohio erzählt, dass sie sich den Titel gekauft hat. Ihrer Meinung nach würde ihr das Status verleihen. Sie hatte sich immer gewünscht, eine Aristokratin zu sein. Zunächst war sie auch sehr glücklich. Dann hat sie einen Artikel gelesen, und ihr sind Zweifel gekommen. Sie vermutete, dass man sie hereingelegt hat.«
»Also war Ihre Ladyschaft auf dem Kriegspfad und wollte sich an dem rächen, der ihr den falschen Titel angedreht hatte?«
»Vielleicht.«
»Wissen wir, von wem sie ihn gekauft hat?«
»Noch nicht, aber wir wissen wo. Im Internet – wo sonst? Wir lassen das gerade überprüfen.«
Trowbridge war ein nüchterner Ort mit roten Ziegelhäusern aus viktorianischer Zeit. Eisenbahn, Kanal und Webereien hatten hier in vergangenen Zeiten den schwer geplagten Menschen Brot und Arbeit geboten. Jetzt war es eine Schlafstadt für Bath, ein Auffangbecken für alle, die sich keine Wohnung in einem Crescent aus der georgianischen Zeit leisten konnten, deren Konto aber für ein Haus in einer viktorianischen Häuserzeile durchaus ausreichte.
Um die Stadt herum war eine Reihe von kleinen Gewerbegebieten entstanden, die besonders für Unternehmen gut geeignet waren, die wenig Raum zum Lagern von Rohstoffen oder für die Produktion benötigten. Ideale Bedingungen für Betriebe im Dienstleistungssektor.
Auf einem großen Schild an der Einfahrt war eine lange Straße abgebildet. Sie lief bis in den entferntesten Bereich des Industriegebiets. Dort war Associated Security Shredding in einem |160| etwas größeren Bau untergebracht. Auf dem Plan hatte man alle Gebäude mit einem Farbcode versehen. Der Fertigbau von ASS war lila gekennzeichnet.
»Irgendwie eine schlappe Farbe«, meinte Honey.
Steve grinste. »So etwas würde deine Mutter aussuchen.«
»Es ist ein bisschen vage und ultrafeminin.« Sie warf einen genaueren Blick auf die Fertigkonstruktion – sie sah aus wie ein etwas zu groß geratenes Gartenhaus und auch mindestens genauso langweilig. »Das ist ja kaum der Stoff, aus dem Aristokratenträume sind. Keine Burgzinne weit und breit. Was zum Teufel hat Ihre Ladyschaft hier gewollt?«
»Na ja, es ist jedenfalls mal ein Anfang.« Steve hatte den Motor seines tiefer gelegten MR2 abgestellt. Er trommelte ungeduldig auf das Lenkrad.
»Ist was?«, erkundigte sich Honey.
»Man beachte: Hier ist der Name voll ausgeschrieben.«
»Mit den Initialen können sie ihrem Image nur schaden.«
»Dieser Wallace, hat der sich an dich rangemacht?«
»Nein.«
»Enttäuscht?«
»Das geht dich gar nichts an!«
»Er hat falsche Zähne.«
»Hat er nicht!«
»Wir haben ihn in flagranti erwischt.«
»Nein!«
»Die Assistentin vom Empfang hat ihm gerade sehr intensiv assistiert.«
Honey grinste. Plötzlich hatte sie den dringenden Wunsch, noch einmal bei Wallace & Gates Holdings vorbeizugehen. Und wenn es nur war, um der eingebildeten Ziege am Empfang einen wissenden Blick zuzuwerfen.
Dohertys Grinsen konnte mit dem von Cameron Wallace mithalten, wenn auch seine Zähne echt und nicht mit Porzellan verschönert waren. Wallace hatte perfekte Beißer, eine perfekte Sonnenbräune, perfekte Gesichtszüge und die dazu passenden perfekten Kleidungsstücke und Accessoires. Verglichen damit |161| war Doherty ein bisschen rau und ungehobelt. Die beiden ähnelten den
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