Mord zur Geisterstunde
Wohnungen in diesem Fernsehprogramm über Renovierungen – die eine war glatt und elegant und perfekt, die andere hatte jede Menge Charakter, musste allerdings hier und da ein bisschen renoviert werden.
Der dunkelhäutige junge Mann am Empfang von Assured Security Shredding war das genaue Gegenteil von der Dame bei Wallace & Gates. Kein schicker Anzug, kein straff nach hinten gekämmtes Haar. Er hatte Dreadlocks und trug ein T-Shirt mit Nadelstreifen. Wenn er lächelte, blitzte einer seiner Backenzähne golden auf. Und er hatte ein Zungenpiercing, einen glänzenden Stahlknopf.
»Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
Steve zückte den Dienstausweis, und schon waren Zunge und Stahlknopf nebst Lächeln verschwunden. Feindseligkeit war an die Stelle der Freundlichkeit getreten.
»Ohne Mr. Bannisters Erlaubnis kann ich Ihnen gar nichts zeigen. Und ich kann jetzt hier nicht weg und ihn fragen.«
»Könnten Sie ihn bitte anrufen?«
»Nein. Er hört das nicht.«
Steve runzelte die Stirn. »Keine Ausflüchte bitte.«
Der junge Mann drehte die Augen zur Decke. »Sie war’n wohl noch nie in ’ner Schredderanlage?«
»Wo ist die?«
Der junge Mann deutete auf die Tür zu seiner Rechten, auf der ein Schild »Kein Zutritt für Unbefugte« prangte.
Steve drückte sie auf und ging hinein. Honey folgte ihm auf den Fersen.
Der Raum vibrierte von ohrenbetäubendem Lärm. Vor ihnen standen Schreddermaschinen, Reihe um Reihe – große Ungetüme, die das Papier schneller auffraßen, als McDonald Hamburger produziert.
Männer mit Gummihandschuhen luden aus Plastiktüten Hände voller A4-Blätter und Computerausdrucke in den Schlund der Maschinen. Manchmal flatterte ihnen ein Blatt aus der Hand und landete auf dem Fußboden.
|162| Gerade war an der Laderampe eine weitere Lastwagenladung angekommen. Im Augenblick standen die großen Doppeltüren offen, und es zog gewaltig herein. Einige Blätter waren im Luftzug schon fortgeflogen. Die endlosen, gefalzten Buchhaltungsausdrucke wurden nur aufgeblättert und flatterten fröhlich im Wind.
Steve wiederholte die Nummer mit dem Dienstausweis. Ein junger Kerl in Turnschuhen schlurfte los, um Bannister zu holen.
Ein glatzköpfiger Mann mit verkniffenem Gesicht und schwammigem Kinn schaute hoch, als ihm jemand auf die Schulter tippte. Er nickte und unterbrach gleich seine Arbeit.
Er hatte eine fliehende Stirn und blassblaue Augen. Er schrie, um sich Gehör zu verschaffen. »Kann ich was für Sie tun?«
Wieder zückte Steve den Dienstausweis und brüllte zurück. »Ich bin hier wegen einer Morduntersuchung.« Er musste sich gewaltig anstrengen. »Könnten wir irgendwo reden, wo es ein bisschen leiser ist?«
Mr. Bannister nickte und führte Honey und Steve wieder durch die Tür, durch die sie eingetreten waren. Als sie hinter ihnen zufiel, hatte Honey das Gefühl, jemand hätte einen Deckel auf einen brodelnden Kochtopf gelegt. Das Getöse verstummte sofort.
Bannister musterte sie beide mit zusammengekniffenen, fragenden Augen. »Haben Sie gerade Mord gesagt?«
Doherty nickte. »Kürzlich wurde in Bath eine gewisse Lady Templeton-Jones ermordet.«
Bannister nickte zurück. »Ja, davon habe ich gehört.«
»Wir haben die Adresse und Telefonnummer von ASS in ihrem Terminkalender gefunden. Wissen Sie, warum sie da drinstehen könnten?«
Bannister schob die Unterlippe vor und schüttelte den Kopf. »Der Name kommt mir nicht bekannt vor.«
»Könnten Sie bitte in Ihren Unterlagen nachsehen?«
Er schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig. Wir haben sehr wenig private Einzelkunden hier. Unsere Klienten sind große Unternehmen, die mehr Papier produzieren, als eine normale |163| Büromaschine schreddern kann. Wir arbeiten viel für Regierungsbehörden und große Konzerne, aber auch für einige kleinere Unternehmen. Und das ist schon alles.«
Während Steve dem Mann weitere Fragen stellte, beobachtete Honey Bannisters Körpersprache. Er schob manchmal beim Sprechen den oberen Teil seines Gebisses herunter, aber sonst gab es keinerlei Anzeichen dafür, dass er vielleicht etwas zu verbergen hatte. Auch das vorgeschobene Gebiss hatte nichts zu sagen: vielleicht irritierte ihn ein Körnchen aus der Erdbeermarmelade, ein Tomatenkern oder eine Nuss. Dieser Mann brauchte dringend ein besseres Haftmittel.
Steve zeigte ihm ein Foto der Verstorbenen.
Bannister schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Wenn ich Ihnen das Foto hierlasse, könnten Sie es rumreichen?«, fragte Doherty.
»Kein
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