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Mord zur Geisterstunde

Mord zur Geisterstunde

Titel: Mord zur Geisterstunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Hotel im Halteverbot zu parken. Der Verkehrskontrolleur, der sonst hier immer Dienst getan hatte – ein freundlicher Sikh mit weißem Bart und blauem Turban – war kürzlich aus der Altersteilzeit wieder in seinen Job zurückgekehrt. Normalerweise war er sehr durchsetzungsfähig, aber vor Mary Jane hatte er eine Heidenangst. Honey hatte schon beobachtet, wie er sich in einen Ladeneingang drückte, um ihr aus dem Weg zu gehen. Eines Tages würde sie ihn einmal nach dem Grund für diese Furcht fragen. Heute jedoch nicht. Sie musste sich bereits um so viele andere Dinge Sorgen machen. Zum Beispiel um den glänzenden rosa Cadillac. Und um seine Fahrerin.
    »Steig schon ein!«
    Honey nutzte ihre Chance und zwängte sich auf die Rückbank, während Lindsey vorn auf dem Beifahrersitz Platz nehmen musste.
    »Du hast mehr Mut als ich«, murmelte Honey ihrer Tochter leise zu.
    »Und ich bin beweglicher«, flüsterte Lindsey zurück. »Ich kann ihr zur Not ins Lenkrad greifen.«
    Mary Jane schoss vom Bordstein weg wie eine Rakete in Cape Canaveral. Sie war tief über das Steuer gebeugt, hatte die Ellbogen spitzwinklig abgespreizt, die Augen zu Schlitzen verengt, als zielte sie mit einem Supergewehr auf ein Opfer und führe nicht mit einem alten rosa Auto durch Bath.
    Honey biss die Zähne zusammen. Die Stadt Bath raste in einem verschwommenen audiovisuellen Tableau von fliehenden Fußgängern und dröhnenden Hupen an ihr vorüber. Auch sie hatte jetzt die Augen zu Schlitzen verengt, den Kiefer verkrampft. Was |248| pure, unverdünnte Angst betraf, konnte keine Achterbahn mit Mary Jane mithalten.
    Nach dem Ausflug nach Northend hatte sich Honey überlegt, die beste Strategie bei einer Autofahrt mit Mary Jane wäre wohl, einfach gar nichts zu sagen. Auch Lindsey war zu diesem Ergebnis gekommen. Wenn unbedingt gesprochen werden musste, dann wollten sie das Mary Jane überlassen. Solange sie selbst redete, schaute sie wenigstens auf die Straße.
    Im Augenblick war noch alles in Ordnung. Die meisten Bemerkungen der Amerikanerin bezogen sich auf den Straßenverkehr. Es waren viele Kommentare zu den schlechten Fahrgewohnheiten anderer Leute abzugeben. Für ihre eigenen Verfehlungen in dieser Hinsicht war Mary Jane blind. Das Gleiche galt für ihren Bekleidungsstil.
    »Schaut euch bloß einmal diesen Radlerdress an! Lila und Grau in Lycra. Da bleibt der Phantasie ja überhaupt kein Raum mehr! Wo will der denn so angezogen um Himmels willen hin?«
    Honey kniff die Augen fest zu. »Ist mir egal. Ich will nur bei lebendigem Leib zum Wurstladen kommen, bitte.«
    Lindseys Schultern begannen zu beben.
    Honey biss die Zähne zusammen, klammerte sich von hinten mit den Fingern an Lindseys Rückenlehne. Sie beugte sich vor. »Denk einfach nicht mehr an Würste.«
    Wenn Mary Jane am Steuer saß, hatte die Sicherheit von Leib und Leben höchste Priorität.
    Lindsey und Honey waren sehr erleichtert, als sie unversehrt auf den Parkplatz rollten.
    »Musstest du noch irgendwohin, Mary Jane?«, erkundigte sich Honey.
    »Nein, mir macht einfach das Autofahren so viel Spaß. Ich fühle mich dann so quicklebendig! So voller Lebenskraft!«
    Aus dem Augenwinkel konnte Honey sehen, dass Lindsey beinahe an einem Kommentar erstickt wäre. Ihr schossen die Worte »dem Tod ins Antlitz blicken« durch den Kopf. Sie blieben jedoch unausgesprochen.
    |249| Mary Jane fügte noch hinzu, dass sie ihnen nur zu gern beim Einkaufen zur Hand gehen würde.
    »Und dann lade ich euch zu Kaffee und Doughnuts ein. Oder zu den großen Teekuchen in Sally Lunn’s Teeladen.«
    Lindsey lächelte schwach. »Heute ist unser Tag zum Ausspannen. Wenn wir Wurst einkaufen, gehen wir danach immer in den Pump Room.«
    Vom Parkplatz bis zur Green Street war es nicht weit. Die drei spazierten gemütlich an den Schaufenstern vorbei. Honey war immer noch in Gedanken versunken.
    Vor einem Kurzwarenladen warteten sie auf Mary Jane, die drinnen den Ständer mit den rosa Nähseiden begutachtete.
    Lindsey bemerkte, wie schweigsam ihre Mutter war. »Ist irgendwas?«
    Honey stieß einen tiefen Seufzer aus. Sollte sie es ihr sagen oder nicht? Ja, sie musste es ihr sagen.
    »Ich glaube, mir spioniert jemand hinterher.«
    »Wer?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Und was war mit dem Rest der Geschichte? Sollte sie ihrer Tochter wirklich erzählen, dass sie dämlich genug gewesen war, sich von dem Typen auf dem Motorrad mitnehmen zu lassen, von dem sie vermutete, dass er ihr nachstellte? Oder hatte sie sich

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