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Mord

Mord

Titel: Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Ludwig Kröber
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zudem eine Anklage wegen Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und wegen der Nasivin-Tropfen eine Anklage wegen versuchten Mordes.
    So saß sie nun Anfang November in der kleinen Frauenabteilung des Gefängnisses, mitten in der Stadt, gar nicht weit vom Haus und vom Fahrradladen entfernt, aber doch abgetrennt von allem. Die acht anderen Frauen, mit denen sie einsaß, hatten mehr oder weniger Ähnlichkeit mit Rita, gegen die wegen Beihilfe ermittelt wurde, aber sie wurde nicht inhaftiert und später auch nicht angeklagt.
    Elisabeth hatte starke Kopfschmerzen, konnte nicht schlafen, nahm ab. Und doch sah jeder, dass sie eine schöne Frau war. Sie sagte, sie habe nie an Gefängnis gedacht, sie habe sich nie Gedanken gemacht, dass sie verhaftet werden könnte. Und dass sie den Mann immer noch liebt. Tanner übernahm alle Anwalts- und Gerichtskosten für sie und erklärte, dass er ihr nicht böse sei, auch wenn ihre Beziehung nun doch wohl beendet sei. Vielleicht habe er sie auch etwas überfordert. Das stimmte am Ende auch das Gericht recht milde. Ins Gefängnis schrieb Reinhold Elisabeth gleich nach zwei Wochen einen Brief. Er hätte sie halt anzeigen müssen, um sich selbst vor ihr zu schützen. Aber er denke an die guten gemeinsamen Zeiten, sie solle das auch tun. Für ihn sei die Sache abgeschlossen. Er bedauere, dass sie nun, wo die Karnevalssession beginne, die ganze Zeit im Gefängnis sei. Der Brief endete: «Helau! Dein Reinhold.»
    Mehr als eine Session verbrachte Elisabeth Berg in Haft, ihren dünnen süchtigen und ihren derb resoluten Gefährtinnen eine treusorgende Lehrerin und Beraterin. Dann stand sie wieder draußen in der klaren Herbstluft vor den weiten Horizonten des Münsterlands, und sie war reinen Herzens.

Im Keller
    Es war ein trister Februarsonntag, etwas zu warm, nieselig, trübe, und Gerd Fuhrmann rechnete sich aus, dass es heute gelingen könnte. Er war ganz allein im Haus seiner Eltern. Schon vor dem Krieg hatten sie, mit viel Eigenleistung, das Siedlungshaus am Stadtrand von Leipzig gebaut, zwischen anderen bescheidenen Häuschen mit kleinem Garten, eine friedliche stille Gegend. Dank der Wende, die nun auch schon einiges zurücklag, hatte man vieles wieder auf Vordermann bringen können, den bröckelnden Grauputz saniert, manches Dach neu gedeckt, und Gerd hatte die Flächen zwischen Gartentor und Haus mit Knochensteinen versiegelt, auf denen sein Toyota parkte.
    Er war ganz allein, der Vater war vor drei Jahren gestorben, die langjährige Partnerin hatte sich von ihm getrennt, und nun hatte seine Mutter, mit der er seit Jahren zusammenlebte, einen Schlaganfall erlitten. Sie lag in der Uniklinik, er hatte sie mittags wieder besucht. Ihr Zustand war unverändert: Sie hatte die Augen auf, starrte in Richtung des fest montierten Fernsehers, der ohne Ton lief, und sagte nichts. Ihr Mund klaffte leicht, die Haut zur Nase hin war blassgelb und geriffelt wie bei einer Auster. Er hatte dagestanden, am Bett, sich gar nicht hingesetzt, nur eine Zeitlang ihre linke Hand gehalten, die auf der Bettdecke lag. Er hatte überlegt, wann er wieder rausgehen durfte aus dem Zimmer. Dann war er heimgefahren mit seinem Auto, in dem sein bester Freund brav auf ihn gewartet hatte, ein leicht angegrauter Schäferhund, und hatte zu Hause noch etwas ferngesehen. Er hatte das Gefühl, dass er es jetzt wirklich versuchen sollte und dass es heute gelingen könnte. Es war draußen ganz dunkel geworden. Der Hund wedelte mit dem Schwanz und sah ihn erwartungsvoll an, als er noch mal die Autoschlüssel vom Haken nahm. Und die Leine. Dann fuhren sie zur Wiese, und er ließ den Hund von der Leine. Nach der zweiten Straßenbahn kam sie. Er rief den Hund, legte ihm die Leine an und band ihn an eine Laterne.
     
    Iris Franke wollte abends ihre Eltern besuchen, die jetzt auf die 60 zugingen und sich freuten, wenn sie mit ihnen sonntags zu Abend aß. Sie fuhr mit der Straßenbahn hinaus in das Wohngebiet und stieg etwa um 19  Uhr aus. Kurz vor der Abzweigung zum neuen Gewerbepark sah sie vor sich einen Mann, der an einer dunklen Laterne seinen Hund festmachte. Sie lief auf dem Bürgersteig an ihm vorbei, ohne auf die Straße zu treten, mit einem vorsichtigen Blick auf den Hund, der aber ganz friedlich wirkte. Als sie den Mann passiert hatte, fühlte sie sich mit zwei Händen von hinten umfasst und mit einem Griff zu Boden gezogen, wie im Judo, der Mann kurz unter ihr, gedreht, dann war er obenauf. Sie versuchte zu

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