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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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sie guthießen. Zudem hatte ihm das Triumvirat geraten, Jung zu verlegen. Und die Herren hatten ihn auch ermuntert, Brills Übersetzung von Freuds Buch anzunehmen, als sich eine Veröffentlichung bei Morton Prince in Boston anzubahnen schien. Sie hatten sogar einen Lektor engagiert, der helfen sollte, Brills Übersetzung zu glätten.
    Jelliffe hatte lange überlegt, wie viele Mädchen er zu diesem Dinner mitbringen sollte. Mädchen waren seine Spezialität. Mit diesem Mittel hatte er schon einige gesellschaftliche und berufliche Verbindungen zementiert. Wenn man ihn fragte, empfahl er stets den Players Club am Gramercy Park. Doch die Herren vom Triumvirat hatten Jelliffe nie gefragt. Als er jedoch zum Dinner ins Roman Gardens eingeladen wurde, hielt er die Gelegenheit für günstig. Wie jeder New-York-Kenner wusste, gab es in den oberen Stockwerken der Roman Gardens vierundzwanzig luxuriös eingerichtete Junggesellenapartments, die alle über ein Doppelbett, ein eigenes Bad und eine eisgekühlte Flasche Champagner verfügten. Zuerst hatte Jelliffe an vier Mädchen und vier Zimmer gedacht, doch das schien ihm dann zu wenig kollegial. Also hatte er nur zwei von beidem bestellt: Wenn man sich abwechselte, brachte das erst so richtig Würze in die Sache.
    Tatsächlich machte Jelliffe Eindruck, aber nicht den beabsichtigten. Als er zu dem abgeschiedenen Alkoven geführt wurde, stießen der Bonvivant und seine Damen auf eine unmissverständliche Froideur vonseiten der dort sitzenden drei Herren. Keiner von ihnen stand auch nur auf. Jelliffe, der die Ursache dieses frostigen Empfangs nicht erkannte, begrüßte mannhaft seine Gastgeber, bat den Kellner um zusätzliche Stühle und verkündete, dass nach dem Dinner zwei Junggesellensuiten auf sie warteten. Mit einem Wink seiner eleganten Hand unterband Dr. Charles Dana die Bestellung zusätzlicher Stühle. Schließlich musste Jelliffe in den sauren Apfel beißen und seinen Revuegirls zuflüstern, dass sie oben auf ihn warten sollten.
    Kurz darauf erfuhr das Triumvirat von Jelliffe, dass Abraham Brill ohne jede Vorwarnung die Veröffentlichung von Freuds Buch auf unbestimmte Zeit verschoben hatte. Wie schade, bemerkte Dana. Und was war mit Dr. Jungs Vorlesungen an der Fordham University? Jelliffe berichtete, dass seine Pläne für die Fordham-Vorlesungen gut vorankamen – und dass die New York Times Verbindung mit ihm aufgenommen hatte, um ein Gespräch mit Jung zu arrangieren.
    Dana wandte sich dem beleibten Mann mit den buschigen Koteletten zu. »Starr, bist du nicht auch von der New York Times interviewt worden?«
    Und ob er interviewt worden war, erklärte Starr, nachdem er eine Auster ausgeschlürft hatte, und er hatte auch kein Blatt vor den Mund genommen. Dann kam das Gespräch auf Harry Thaw, und Jelliffe wurde in aller Deutlichkeit ermahnt, dass es in diesem Zusammenhang keine weiteren Experimente geben durfte.
    Als sich das Dinner seinem Ende zuneigte, beschlich Jelliffe immer mehr die Furcht, seiner Sache nicht gerade genutzt zu haben. Dana und Sachs schüttelten ihm nicht einmal die Hand, als sie sich verabschiedeten. Doch seine Stimmung besserte sich ein wenig, als Starr, der hinter den anderen zurückgeblieben war, nachfragte, ob Jelliffe tatsächlich zwei Zimmer gebucht hatte. Jelliffe bestätigte das. Die beiden korpulenten Herren blickten sich an, während sie sich ein boabekleidetes Revuegirl neben einer eiskalten Flasche Champagner vorstellten. Starr verlieh der Auffassung Ausdruck, dass man bereits bezahlte Dinge nicht verschwenden sollte.

     
    »Haben Sie den Verstand verloren, Detective?«, schnaubte Bürgermeister McClellan am Donnerstagabend hinter den geschlossenen Türen seines Büros.
    Littlemore hatte einen Trupp Männer angefordert, um das klemmende Fenster im Senkkasten unter der Manhattan Bridge zu untersuchen. Er und ich saßen vor dem Schreibtisch des Bürgermeisters. McClellan war aufgestanden.
    »Mr. Littlemore.« McClellan hatte offensichtlich die militärische Haltung seines Vaters geerbt. »Ich habe dieser Stadt eine Untergrundbahn versprochen und Wort gehalten. Ich habe der Stadt den Times Square versprochen und Wort gehalten. Ich habe der Stadt die Manhattan Bridge versprochen, und auch da werde ich Wort halten, verdammt, und wenn es meine letzte Amtshandlung ist. Unter keinen Umständen darf die Arbeit an der Brücke behindert werden – sie darf sich nicht um eine einzige Minute verzögern. Und unter keinen Umständen darf George

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