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Morddeutung: Roman (German Edition)

Morddeutung: Roman (German Edition)

Titel: Morddeutung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jed Rubenfeld
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eines Polizisten ein paar Häuser weiter Sorgen gemacht, dass ein Mörder in der Gegend herumschleichen könnte. »Na, dann ist ja alles in Ordnung.« Das Mädchen schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Eine Sekunde lang habe ich schon geglaubt, Sie sind der Mörder.«
    Als die beiden lachend die Tür hinter sich schlossen, stieg ein anderer Mann im Schatten der Calvary Church aus einem Wagen. Die Droschke fuhr weg, und der Mann stand nun fast an derselben Stelle wie Jung in der vergangenen Nacht. Er trug eine weiße Krawatte. Trotz der sommerlichen Abendwärme hatte er neben seinem Anzug auch noch einen Überzieher und weiße Rehlederhandschuhe an. Sein Hut war tief in die Stirn gezogen, um so viel wie möglich von seinem Gesicht zu verbergen. Reglos beobachtete er aus der Dunkelheit, in der ihn der Polizist nicht entdecken konnte, das Haus der Actons.

     
    Sobald Littlemore die Tür hinter sich geschlossen hatte, trat Smith Jelliffe zu seinem Telefon. Er bat die Vermittlung, ihn mit dem Matteawan State Hospital zu verbinden. Nach einer Viertelstunde kam Jelliffe endlich zu einem Anstaltswärter durch, mit dem er auf bestem Fuß stand. Jelliffe setzte zu hektischen Befehlen an, wurde aber sogleich unterbrochen.
    »Sie haben ihn verpasst«, erklärte der Wärter. »Er ist weg.«
    »Weg?«
    »Vor drei Stunden ist er abgehauen.«
    Jelliffe ließ den Hörer auf die Gabel fallen. Mit fahrigen Fingern wählte er die Nummer von Charles Danas Haus an der Fifth Avenue. Niemand meldete sich. Es ging bereits auf Mitternacht zu. Nach sechs Klingeltönen hängte Jelliffe ein.
    »Was mach ich jetzt bloß«, flüsterte er.

     
    Gegenüber vom Balmoral verabschiedete sich Littlemore unter einer Straßenlaterne von Greta. Es war immer noch heiß und schwül wie bei ihrer Ankunft.
    »Wenn Sie wollen«, bot Greta an, »kann ich ja sagen, dass er Sonntagnacht da war.«
    Littlemore musste lachen. Kopfschüttelnd winkte er einer vorbeikommenden Droschke.
    »Werden Sie jetzt nicht nach meiner Fannie suchen?«, fragte sie niedergeschlagen.
    »Nein«, antwortete Littlemore. »Ich werde sie nicht suchen, sondern finden.«
    Er nannte dem Kutscher die Adresse an der Fortieth Street und gab ihm einen Dollar für die Fahrt.
    Greta starrte ihn an. »Sie sind echt eine Kanone, wissen Sie das? Sie haben nicht zufällig Lust, mich zu heiraten? Schließlich sind wir beide rothaarig.«
    Littlemore lachte erneut. »Tut mir leid, Süße. Bin schon vergeben.«
    Greta küsste ihn auf die Wange. Als die Droschke wegfuhr, wandte sich Littlemore um und stand direkt vor Betty Longobardi. Auf dem Weg hierher hatte der Detective bei den Longobardis vorbeigeschaut und Betty eine Nachricht hinterlassen, dass sie ihn gleich nach dem Heimkommen vor dem Balmoral treffen sollte.
    »Dann lass dir mal eine Erklärung einfallen«, begrüßte ihn Betty. »Und zwar eine möglichst gute.«
    Littlemore erklärte nichts, sondern führte sie zu seinem geparkten Wagen. Aus dem Kofferraum holte er einen großen Sack. »Ich muss dir ein paar Sachen zeigen. Sachen, die vielleicht Miss Riverford gehört haben. Du bist die Einzige, die sie identifizieren kann.«
    Littlemore leerte den Sack in den Kofferraum. Die Kleidungsstücke waren so durchnässt, dass man nichts erkennen konnte. Der Schmuck und die Schuhe kamen Betty bekannt vor, aber sie war sich nicht sicher. Dann sah sie einen paillettenbesetzten Ärmel, der aus einem dichten Stoffgewirr hing. Sie zog das Kleid heraus, zu dem der Ärmel gehörte und hielt es ins Laternenlicht. »Das war von ihr! Darin hab ich sie gesehen.«
    »Du bist ein Schatz«, sagte Littlemore. »Du bist die … warte mal. Warte mal. Ist da eigentlich auch was dabei, was eine Frau am Tag anziehen könnte?«
    »Das hier auf keinen Fall.« Mit hochgezogenen Augenbrauen ließ Betty die Dessous durch die Finger gleiten. »Und das hier garantiert auch nicht. Nichts davon, Jimmy. Alles Abendgarderobe.«
    »Abendgarderobe«, wiederholte der Detective nachdenklich.
    »Was ist das eigentlich für Zeug?«, wollte Betty wissen. Littlemore war so in Gedanken versunken, dass er nicht antwortete.
    »Was ist das, Jimmy?«
    »Aber dann hat Mr. Hugel …« Eilig klopfte der Detective seine Taschen ab und suchte darin herum, bis er endlich einen Umschlag mit mehreren Fotografien gefunden hatte. Eins davon zeigte er Betty. »Kennst du dieses Gesicht?«
    »Ja, natürlich. Aber warum …?«
    »Wir müssen noch mal rauf«, unterbrach sie Littlemore. Er nahm einen

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