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Mordgier

Mordgier

Titel: Mordgier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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versehenes Abendkleid aus Baumwollsatin in der Farbe abgestorbener Haut trug. Schlecht sitzende angeschnittene Ärmel saßen zu hoch auf glatten Armen. Ein hohes, rechteckiges Oberteil hielt sein Versprechen, niemandem zu schmeicheln. Katrina Shonskys blonde Haare waren zurückgebürstet und mit Locken verziert, die aussahen wie Würste aus Messing. Ihre Lippen waren zu etwas verzogen, das einem Lächeln ähnelte, aber der Rest ihres Gesichts strahlte Verachtung aus.
    »Also dann«, sagte Milo, »sind Sie ziemlich zuversichtlich, dass sie sich auf einem ihrer Ausflüge befindet, haben sie aber vorsichtshalber als vermisst gemeldet.«
    »Ich weiß, dass sie nicht weit gereist ist, weil sie ihren Pass nicht mitgenommen hat.«
    »Waren Sie in ihrer Wohnung?«
    »Ich habe den Vermieter überredet, mir den Schlüssel zu geben, und bin das gesamte Apartment durchgegangen. Hab bei der Gelegenheit gleich aufgeräumt, das Drecksloch hatte es weiß Gott nötig. Ihr Pass lag da in einer Kommodenschublade. Falls sie Sachen zum Anziehen mitgenommen hat, waren es nicht viele, Lieutenant. Aber Katrina ist dazu fähig, sich mit nichts als ihrer Handtasche und einer Kreditkarte aus dem Staub zu machen.«
    »Haften Sie für ihre Karte mit?«
    »Ich hafte nicht dafür. Nicht mehr, Katrina hat mein Kreditlimit missbraucht. Sie hat jetzt eine Visa mit einer Höchstgrenze von eintausend Dollar pro Monat, und es wird erwartet, dass sie ihre Rechnungen selber bezahlt. Und ich muss sagen, zum größten Teil hat sie das auch gemacht.« Sie legte den Mittel- über den Ringfinger.
    »Kein Pass, keine Sachen zum Wechseln«, sagte Milo. »Klingt eher nicht nach einem Urlaub.«
    »Bei einigen Hotels, zu denen sie fährt«, erwiderte Monica Hedges, »braucht man nur einen Bikini und ein Weinglas. Außerdem ist es möglich, dass sie ihren Angestelltenrabatt für eine Garderobe genutzt hat.«
    »Arbeitet sie in der Modebranche?«
    »Sie verkauft Kleidung in der Boutique La Femme in Brentwood. Überteuerte Geschmacklosigkeiten, wenn Sie mich fragen. Ich hab ihr gesagt, ich könnte ihr wahrscheinlich durch Royal eine Stellung bei Harari oder in einem der Läden am Rodeo Drive verschaffen. Er war in der Bekleidungsindustrie; ihm hat eine Riesenfirma gehört, die Auftragsarbeit für ein paar ziemlich große Couture-Namen erledigte.«
    Sie spielte mit ihrer nicht angezündeten Zigarette, griff nach einem weißen Onyxfeuerzeug. Milo bekam es zuerst zu fassen.
    »Katrinas Job«, sagte sie zwischen zwei Zügen, »ist aufstiegsmäßig eine Sackgasse. Wie jeder andere Job, den sie hatte. Wenn Sie mich fragen, glaubt sie tief in ihrem Innern, dass sie es nicht besser verdient hat, weil sie keine ordentliche Erziehung genossen hat. Sie hat die Highschool abgebrochen, ihren Schulabschluss auf dem zweiten Bildungsweg gemacht, ein Semester am Santa Monica Community College absolviert. Der Plan war, dass sie dort zwei Jahre bleibt und dann auf eine University of California geht. Stattdessen hat sie aufgehört und als Schuhverkäuferin bei Fred Segal gearbeitet. Die haben sie wegen schlechter Arbeitsmoral entlassen. Ich hab ihr gesagt, sie solle Nägel mit Köpfen machen und an das SMC zurückgehen, sie brauche nur noch anderthalb Jahre. Keine Chance.«
    »Klingt so, als hätte Katrina etwas von einer Rebellin«, sagte ich.
    »Etwas?« Krächzendes Lachen. »Gentlemen, ich liebe meine Tochter innig, aber ich glaube, dass sie der Ansicht ist, sich mir zu widersetzen wäre der Schlüssel zu ihrer Identität. Sie war schon immer ein schwieriges Kind. Als Baby neigte sie zu Koliken - ein unglaublich süßes Gesicht, aber sie hat vierundzwanzig Stunden am Tag geschrien. Als das schließlich aufhörte, fing sie früh mit dem Laufen an und zeigte sich an allem interessiert. Die Schule hat sie immer gehasst. Obwohl sie intelligent ist. Sie kann singen, wollte aber nicht in den Chor gehen. Sie hat eine tolle Figur und hätte Cheerleader werden können.« Sie seufzte. »Vielleicht wird sie irgendwann erwachsen.«
    »Kommen wir auf diese Nacht zurück«, sagte Milo. »Katrina ist mit zwei Freundinnen in eine Disco gegangen. Beth Holloway und …«
    »Rianna und irgendwas Ausländisches.«
    »In welche Diskothek sind sie gegangen?«
    »Irgendeine Kaschemme in West L.A., eher eine Scheune als ein richtiger Nachtclub.«
    »Sind Sie dort gewesen?«
    »Ich bin gestern dorthin gefahren und habe mit einigen monströsen Männern gesprochen - Türstehern. Ein hässliches Industriegebiet

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