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Mordkommission

Titel: Mordkommission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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olivgrüne, lange Jacke getragen. Unbeeindruckt von dem Beinahezusammenstoß sei der Mann auf einen kleinen geteerten
     Platz mit Wertstoffcontainern gelaufen. Unser Mitteiler war von dem plötzlichen Auftauchen des Mannes zwar geschockt, aber
     dennoch geistesgegenwärtig genug, seine Fahrt zu verlangsamen und im Rückspiegel das weitere Geschehen zu verfolgen. Er habe
     nicht lange warten müssen, da hätten die Scheinwerfer eines Fahrzeuges aufgeleuchtet, das offensichtlich auf dem Platz abgestellt
     gewesen war. Mein Kollege, der bis dahin ebenso gespannt gelauscht hatte wie wir anderen auch, fragte den Anrufer, ob er denn
     gesehen habe, wohin das Auto gefahren sei, oder vielleicht sogar die Automarke erkannt habe? Der Anrufer schien zu spüren,
     welche Wirkung seine Mitteilung auf uns hatte, und er genoss es sichtlich, uns ein wenig zappeln zu lassen. »Keine Angst,
     ich erzähle Ihnen alles der Reihe nach, was ich gesehen habe.« Dieses Auto sei auf seine Spur eingebogen und mit sehr hoher
     Geschwindigkeit gleichfalls in Richtung Innenstadt gefahren, weshalb er selbst sich weit rechts gehalten habe, um dem »Verrückten«
     das Überholen zu erleichtern. Aufgrund der Dunkelheit konnte er nicht erkennen, wie viele Personen in dem Fahrzeug saßen.
    Wir blickten uns an. Es gab keinen Zweifel, der Anrufer hatte den Schützen gesehen. Ein Zeuge hatte ja gehört, dass jemand
     über einen Kiesweg gerannt war, und ein anderer hatte aus Richtung der Straße mitbekommen, dass ein Auto mit quietschenden
     Reifen losgefahren war. Die geschilderte Örtlichkeit und die Uhrzeit stimmten exakt mit den bisherigen Erkenntnissen überein.
     Man merkte es meinem Kollegen an, dass er sich vor einer negativen Antwort fürchtete, als er fast scherzhaft nachhakte: »Wenn
     Sie mir jetzt noch verraten könnten, was das für ein Auto war, dann wäre ich wunschlos glücklich!« Der Mann am anderen Ende
     lachte. »Wenn Sie so leicht glücklich zu machen sind, dann bitte: Es war ein blauer Mercedes, älteres Baujahr.«
    Bingo! So ein Auto gab es im weiteren Umfeld des Opfers! Das war tatsächlich ein ausgesprochen wichtiger |52| Zeuge und aufgrund seines umsichtigen und besonnenen Verhaltens ein unglaublicher Glücksfall für uns. Der Kollege bat den
     Anrufer, nach Möglichkeit sofort zu unserer Dienststelle zu kommen, um seine Aussage protokollieren zu lassen. Doch da legte
     der Anrufer noch mal nach, und zwar ordentlich: »Möchten Sie denn gar nicht wissen, was das Auto für ein Kennzeichen hatte?«
     Wir hielten die Luft an. So was gab es doch sonst nur in Vorabendserien. »Jetzt sagen Sie bloß, Sie haben das Kennzeichen
     erkennen können!« »Ich hab’s nicht nur erkannt, sondern ich hab’s auch gleich notiert – auf der Rückseite der Parkscheibe!«
     Und dann nannte er das Kennzeichen des Wagens, als ob dies die selbstverständlichste Sache der Welt sei.
    Wie sich herausstellte, war das Fahrzeug auf den Onkel des Opfers, Orhan F., zugelassen, der zwei Söhne hatte. Beides ordentliche
     Jungs, der ältere stand kurz vor dem Abitur. War es wirklich nur Zufall, dass dieser Sohn der Beschreibung des jungen Mannes
     entsprach, den unser Zeuge fast überfahren hätte? Das interessierte uns natürlich brennend. Da das Fahrzeug nicht als gestohlen
     gemeldet war, wurde gegen den Fahrzeughalter ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zu einem versuchten
     Tötungsdelikt eingeleitet. Knapp zwei Stunden später standen wir vor seiner Wohnungstür. Mit der gebotenen Eigensicherung
     erlangten wir Zutritt zu der Wohnung und trafen Orhan F. und seine Frau an. Wir erklärten dem Beschuldigten zunächst den Grund
     unserer Anwesenheit und sodann die vorläufige Festnahme. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass die beiden Söhne unterwegs waren,
     sie kämen und gingen, wann sie wollten, und manchmal übernachteten sie auch tagelang bei irgendwelchen Mädchen. Die gründliche
     Durchsuchung der Wohnung erbrachte nichts, was Rückschlüsse auf den Mordanschlag zugelassen hätte. Lediglich ein leeres und
     scheinbar lange nicht mehr benütztes Pistolenmagazin fand sich versteckt in einem der Räume. Ohne sichtbare Regung begleitete
     uns Orhan F. zur Dienststelle. Erwartungsgemäß verweigerte er bei der anschließenden Vernehmung jegliche Angaben. |53| Schließlich wurde er in die Haftanstalt verbracht, wo er die restliche Nacht blieb.
     
    Für die Kollegen von der Bereitschaft und mich war die Nacht kurz. Gegen drei Uhr

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