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Mordkommission

Titel: Mordkommission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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und erneute Freigabe der »verbotenen« Nummer.
     Um es kurz zu machen: Nach dem fünften Anruf bei der Dame (bei dem sie sich mitfühlend erkundigte: »Mei, können Sie noch?«)
     war es mir immer noch nicht gelungen, mit einem Menschen aus Fleisch und Blut Kontakt aufzunehmen. Fazit: Es war durchaus
     denkbar, diese Sex-Hotline anzuwählen und den Hörer einfach liegen zu lassen – niemand am anderen Ende der Leitung hätte dies
     bemerkt. Aus dieser Erkenntnis ergab sich der zweite Ermittlungsansatz für uns: War es möglich, nachts innerhalb von einer
     Stunde und 27   Minuten von der Wohnung der Ermordeten am Stadtrand zur Tatwohnung zu gelangen, dort die Tat zu verüben und anschließend zurückzukehren,
     wenn man – wie Ingo Z.– angeblich weder über ein motorisiertes Fahrzeug noch über ein Fahrrad verfügte?
    Das Fahrrad von Christa B. stand versperrt, verrostet und mit platten Reifen vor ihrem Wohnhaus, Unkraut war durch die Speichen
     gewachsen. Dieses Rad schied als Transportmittel definitiv aus. Ihr abgemeldeter Pkw parkte vor dem Anwesen. Spinnweben zwischen
     Stoßstange und Gebüsch sowie die vom Staub der letzten Monate bedeckten Scheiben ließen unschwer erkennen, dass dieses Fahrzeug
     ebenfalls seit Langem nicht mehr bewegt worden war. Denkbar war die Benutzung eines Taxis. Die entsprechenden Nachforschungen
     liefen jedoch allesamt ins Leere. Blieben die öffentlichen Verkehrsmittel: War es möglich, innerhalb eines Zeitfensters von
     87   Minuten mit dem Nachtbus, dem sogenannten Lumpensammler, und der S-Bahn an den Tatort |47| zu gelangen, den Mord zu verüben und den gleichen Weg retour zurückzulegen? In der folgenden Woche testeten wir das. Ein Kollege
     machte sich auf den Weg, legte am Tatort eine Pause von zehn Minuten ein – eine Zeitspanne, die dem Täter ausgereicht haben
     müsste, die Tat zu verüben – und blieb tatsächlich innerhalb der Zeit. Mit den Ergebnissen dieser Ermittlungen konfrontierten
     wir Ingo Z., der nach anfänglichem Leugnen schließlich die Tat gestand. Er hatte geargwöhnt, dass seine Freundin zu dem ihm
     verhassten »Nebenbuhler« gegangen sein könnte. Als sich sein Verdacht bei einem Besuch dort am Nachmittag bestätigte, beschloss
     er, die Frau zu töten. Eiskalt bezog er in seinen Plan den Umstand mit ein, dass Siegfried M. zur geplanten Tatzeit wie üblich
     sinnlos betrunken sein und von dem Geschehen nichts mitbekommen würde. Sicher käme er für die Polizei als Täter in Frage.
     Letztlich wurde Ingo Z. zum Verhängnis, dass er es versäumt hatte, vor der Tat das Durchhaltevermögen des Telefonsexautomaten
     zu testen.
    Zur Tatwaffe selbst verweigerte der Täter jegliche Angabe. Intensive Suchaktionen auf dem vermutlichen Fluchtweg verliefen
     erfolglos. Letztlich blieb dieser Umstand aber für die Verurteilung und das Strafmaß ohne Belang.

|48| Ein fragwürdiger Ehrbegriff
    Um genau 3.33   Uhr weckte mich das Bereitschaftshandy. Knapp und sachlich informierte mich der Kollege vom Kriminaldauerdienst darüber, dass
     vor einem Wohnhaus am südlichen Stadtrand von München ein türkischer Lagerarbeiter mit mehreren Schüssen lebensgefährlich
     verletzt worden war. Das Opfer werde derzeit in einer Klinik notoperiert, der oder die Täter sei(en) flüchtig. Es bestehe
     akute Lebensgefahr für den Angeschossenen. Der Tatort sei abgesperrt, eine groß angelegte Fahndung laufe, wenngleich man nicht
     genau wisse, nach wem man überhaupt suche. Unmittelbare Zeugen der Tat gebe es nach derzeitigem Erkenntnisstand wohl nicht.
    Am Einsatzort wurde ich von mehreren Funkwagenbesatzungen erwartet, die den engeren Tatort schon bestens gesichert hatten.
     Der Außendienstleiter der zuständigen Polizeidirektion gab mir einen Überblick über die bisher erfolgten Maßnahmen und die
     bereits bekannten Fakten. Demnach wohnte das Opfer mit seiner Frau und ihrem gemeinsamen Kleinkind in dem Wohnblock, vor dem
     die Schüsse abgefeuert worden waren. Dieser gehörte zur parkartigen, von einer Mauer umschlossenen Anlage eines Alten- und
     Pflegezentrums und beherbergte überwiegend Heimpersonal. Gegenüber dem Hauseingang war ein lichtes Wäldchen, aus dem heraus
     vermutlich die Schüsse abgegeben worden waren. Der Verletzte hatte zur Tatzeit wie üblich das Haus verlassen, um zu seiner
     Arbeitsstelle in den Großmarkthallen zu fahren. Die Ehefrau hörte von der Wohnung aus die Schüsse und fand gleich darauf ihren
     schwerverletzten Mann vor dem Haus.

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