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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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hatte es nicht gleich beim ersten Mal geschafft, die Schlinge so lange zuzuziehen, bis sein Opfer qualvoll erstickte. Es war viel Kraft nötig, jemandem auf diese Weise das Leben zu nehmen. Davídsson hatte während seiner Ausbildung in Quantico viel darüber gelesen, aber es war ihm immer noch schleierhaft, wie man jemanden auf so eine brutale Art töten konnte – wie man überhaupt jemanden ermorden konnte.
    Warum hatte sich Bernd Propstmeyer nicht gewehrt, als ihm der rosa Bademantelgürtel um den Hals gelegt wurde? War es ein Spiel für ihn? Er hatte von diversen Sexpraktiken gehört, die angeblich bei einem todesnahen Erlebnis einen besonderen Kick verleihen sollen. Auch so etwas war bei dieser Todesart in Betracht zu ziehen, auch wenn er in diesem Fall nicht daran glaubte.
    Aber die Frage blieb trotzdem: Wer konnte bei einem erwachsenen Mann eine todbringende Schlinge zuziehen, ohne dass es Abwehrspuren gab?
    Der Pathologe hatte nur eine Antwort darauf: Es ist eure Arbeit, das herauszufinden.
    Und dann gab es noch den Bericht der Spurensicherung, aber der war, als würde man in einer Glaskugel nach Antworten suchen. Die Bauarbeiter, eine unbestimmte Anzahl an Besuchern und vielleicht auch ein paar Obdachlose oder wer-weiß-wer-noch hatten Hunderte von sich überschneidenden Spuren in dem kleinen Raum hinterlassen, über dem eine zwölf Meter dicke Betonschicht für ein enormes Gewicht sorgte, das jetzt auf seiner Schulter zu lasten schien.
    Er starrte immer noch nach draußen, wo jetzt absolute Ruhe herrschte. Nur ein paar Vögel zwitscherten ihr Lied in das Morgengrauen, das heute tatsächlich grau war. Sie sangen ihr Lied wie die Rolling Stones und fast niemand hörte ihnen dabei zu. Alle schliefen, nur er konnte nicht mehr schlafen.
    Er humpelte zu seinem Kaffeevollautomaten und brühte sich per Knopfdruck seine besondere Mischung auf. Die Schmerzen würden in ein paar Tagen langsam abgeklungen sein, aber bis dahin würde er den Kopf nur sehr vorsichtig nach rechts drehen können. Am besten würde er ihn überhaupt nicht in diese Richtung drehen, auch wenn es komisch aussah.
    Er nahm die Fernbedienung vom Glastisch und erhöhte die Lautstärke. Seine Nachbarn hatten die Party veranstaltet und waren schließlich kurz nach halb vier ins Bett gewankt. Jetzt mussten sie den gleichen Lärm ertragen wie er in der Nacht. Der Lärm, der ihm den Schlaf geraubt hatte und der ihm diese Schmerzen in der Schulter eingebracht hatte.
    Als er seine Tasse in die Spüle stellte, sah er den Rest vom Rindfleisch auf der Theke stehen. Entweder schmeckte ihm mittelalterliches Bärenfleisch nicht, oder ihm war das Rezept nicht gelungen. Er überlegte kurz und schüttete dann den Rest ins Klo, bevor er sich unter die Dusche stellte und einen harten warmen Wasserstrahl auf seine Schulter einwirken ließ.
     
    Ólafur Davídsson stand in seinem Büro und wartete.
    Er hatte sich Zeit gelassen, mit dem Duschen, dem Anziehen und einem kurzen Imbiss und noch einem Kaffee. Er warf einen flüchtigen Blick auf die Uhr seines Bildschirms und sah, dass er langsam wieder fahren musste. Die Schmerzen hatten durch den heißen Wasserstrahl ein wenig nachgelassen, aber es war immer noch ein unangenehmes Gefühl, vor allem, wenn er mit dem Auto fuhr und sich die ganze Zeit umdrehen musste.
    Erich Colbert saß in einem Büro, das einem Denkmalverein kaum gerecht wurde. Es war ein stilloser Betonklotz mit drei Wänden und einer großen Glasfront, die den Blick direkt auf die Straße freigab. Offenbar war der Raum ursprünglich einmal eine Ladenfläche gewesen.
    Von außen konnte man nur einen kurzen Heizkörper und die riesige schlecht isolierte Glasfläche sehen. Neben Colberts Schreibtisch stand ein kleinerer, der unbesetzt war.
    Als Davídsson vor dem Fenster stand, erhob sich Colbert, um die Tür von innen zu öffnen. Es gab keinen Türknauf und eine Klingel hatte Davídsson auch nirgends sehen können.
    »Kommen Sie herein«, begrüßte ihn Colbert mit einem Lächeln.
    Davídsson wurde der Schreibtischstuhl am unbesetzten Arbeitsplatz angeboten und Colbert stellte ihm ungefragt eine Tasse Kaffee auf den Tisch.
    »Sie haben Fragen zum Schwertbelastungskörper?«
    »Auch.« Davídsson nahm einen Schluck. Der Kaffee schmeckte ihm. »Eigentlich wollte ich mich über die Arbeit des Vereins informieren, der sich ja offensichtlich um dieses Bauwerk bemüht.«
    »Auch«, Colbert strich ein paarmal über seine grauen Haare. »Der Denkmalverein kümmert

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