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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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ihr gefahren.«
    »Und?«
    »Sie hat mir fünfhundert Euro geliehen.«
    »Und weiter?«
    »Sie wollte das Geld heute zurückhaben. Ich bekomme immer mein Geld kurz vor dem Ersten. Deshalb.«
    Davídsson dachte an Wittkampf. Er hatte seine Kollegen darauf vorbereitet, dass er für einen Monat ausfallen würde, ohne ihnen zu sagen, warum. Für einen Monat mussten sie sich nun selbst koordinieren und keiner stellte sich mehr schützend vor sie, wenn die Presse ihre bohrenden Fragen stellte oder die Hausleitung, die manchmal noch schlimmer sein konnte als die Presse.
    »Was wissen Sie über Bernd Propstmeyer?«
    Der Alte überlegte. Der Schlapphut lag jetzt vor ihm auf dem Tisch. Er hatte seine ursprüngliche Form wiedergefunden. »Ich habe den Namen schon mal gehört.«
    Engbers wollte etwas sagen, aber der Mann kam ihm zuvor: »Das ist doch der Vater von Lukas, oder?«
    Engbers nickte. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er etwas von seinem Enkel wusste.
    »Sie hat mir mal gesagt, dass sie mit ihm zusammen ist. Das ist doch so ein seltsamer Vogel, nicht? Ich glaube Künstler oder so.«
    »Das hat sie Ihnen erzählt?«
    Der Mann nickte. »Ich glaube schon. Sie war mächtig stolz darauf, dass sie ihn abgekriegt hatte. Die Männer haben sonst immer gleich gemerkt, dass sie eine Schraube locker hatte.« Sein Zeigefinger wirbelte wieder vor der Schläfe herum. »Vielleicht war er ja auch nicht ganz richtig im Kopf. Künstler sind ja manchmal etwas verrückt oder bescheuert.«
    »Wann war das?«
    Der Mann überlegte wieder. Dann schüttelte er den Kopf. »Ich weiß es nicht mehr. Ist schon länger her.«
    »Wie lange ungefähr? Monate? Wochen? Jahre?«
    »Nee. Monate vielleicht. Ich weiß es nicht mehr.«
    »Wir rufen Sie an, sobald wir Ihnen die Sachen geben können.« Engbers stand wieder auf und stellte sich direkt neben den alten Mann, der sich jetzt ebenfalls erhob. Langsam und nicht so gelenkig, wie er aus dem Auto gestiegen war. Es sah beinahe so aus, als wollte er ihnen noch etwas sagen, ohne genau zu wissen, wie er es tun sollte.
    »Ein Moment noch, Siegbert«, sagte Davídsson instinktiv. »Wenn Sie noch etwas auf dem Herzen haben, sagen Sie uns das bitte jetzt.« Davídsson hatte sich auf den Stuhl gesetzt, auf dem eben noch Engbers gesessen hatte, und sah den alten Mann mit einem eindringlichen Blick an.
    Der Mann schien im Geiste abzuwägen, was er tun sollte.
    Ólafur Davídsson dachte an das verpasste Frühstück mit Martina Krug und gleichzeitig an den Selbstmord von Iris Schrauder. Das war, als ob er sich gleichzeitig in zwei Räumen aufhielte: In einem stillen, altmodischen Wohnzimmer und in einer lebendigen Studentenküche, in der gerade eine Party gefeiert wurde. Seine Gedanken vermischten sich in seinem Kopf zu einem undurchdringlichen Brei.
    »Ich glaube, ich gehe jetzt«, sagte der Mann plötzlich.
    »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie uns an.« Engbers reichte ihm eine Karte mit seiner Telefonnummer, bevor der Mann mit energischen Schritten über den Flur davonlief.
    Davídsson beobachtete ihn, bis er in dem alten Rover saß und sich eine Weile lang nicht mehr rührte. Er denkt immer noch darüber nach, ob er mit uns reden soll, dachte Davídsson. Er hatte sich noch nicht endgültig entschieden.
    Aber dann startete er den Motor und der Rover setzte sich langsam in Bewegung.
    »Vielleicht hat er auch nur mit sich gerungen, uns zu sagen, dass ihm der Suizid seiner Tochter doch leidtut«, sagte Engbers, der sich wieder hinter seinen Schreibtisch gesetzt hatte.
    »Möglich.«
    »Klingt aber nicht sehr überzeugt.«
    »Hm.«
    »Ich glaube, das ist ein Berliner Urgestein: raue Schale, weicher Kern. Jetzt tut er so, als könnte ihn nichts und niemand aus der Bahn werfen, indem er mit starken Worten herumwirft oder sagt, dass seine Tochter eine Schraube locker gehabt hätte, aber in Wirklichkeit fährt er jetzt nach Hause und heult sich in seinem Kopfkissen aus.«
    »Kann sein. Ich glaube aber, dass er noch etwas anderes auf dem Herzen hatte. Etwas, das uns weitergeholfen hätte.«
    »Möglich.« Engbers grinste.
    »Die Presse wird uns in den nächsten Wochen nicht mehr in Ruhe lassen.«
    »Ja.« Engbers stellte sich an das Fenster, um zu rauchen.
    »Wir müssen die Unterlagen über Alfons Propstmeyer finden.«
    »Du glaubst, er hat sie nicht verbrannt?«
    »Ich weiß es nicht. Er hat an seinem Vater gehangen. Es wäre immerhin möglich, dass er sie nur versteckt hatte, um sie vor Iris Schrauder zu

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