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Mordlast

Mordlast

Titel: Mordlast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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genommen?«
    »Er hatte nur dieses eine Bild von ihm. Alle anderen Bilder hatte sein Vater irgendwann einmal verbrannt. An dem Abend hat er es hervorgeholt und uns gezeigt. Ich habe mich in der Nacht an diese Schublade geschlichen und mir das Bild genommen.«
    »Und dann?«
    »Bernd hat es natürlich nicht gemerkt. Er holte das Bild nur ganz selten hervor. Als Evelyn dann tot war, habe ich ihm gesagt, dass ich es habe.«
    »Sie haben ihn damit erpresst.«
    »Er wollte es zurück.« Sie lächelte wieder. »Ich wollte ihn. Also haben wir so eine Art Vertrag gemacht. Ich habe einen Abzug von dem Bild machen lassen und ihm die Kopie gegeben, damit er sich an seinen Vater erinnern konnte und ich habe das Original mit dem Text auf der Rückseite behalten. Damit konnte ich mit ihm so viel Zeit verbringen, wie ich wollte.«
    »Das ist doch krank«, entfuhr es Engbers, der die ganze Zeit über geschwiegen hatte.
    »Sie haben ja keine Ahnung, wie sehr ich ihn geliebt habe.«
    »Irgendwann hat er sich wohl nicht mehr von Ihnen erpressen lassen wollen. Das Foto wurde wertlos und Sie waren wieder alleine.«
    »Falsch. Er kam freiwillig zu mir. Ich wusste ja ohnehin schon von dem Foto und er konnte mit mir darüber sprechen. Über die Last der Vergangenheit, die auf seiner Familie lag und die Verbrechen, die er herausgefunden hatte.«
    »Was wissen Sie darüber?«Davídsson wusste, dass die österreichischen Kollegen bei ihren Ermittlungen viele Indizien zusammengetragen hatten, aber sie hatten keine belastbaren Beweise für die Verbrechen finden können. Die Ermittler hatten sich mit den Kriegsgefangenen beschäftigt, aber die meisten Unterlagen waren verloren gegangen, als das Werk XII von den sowjetischen Truppen im Mai 1945 abgebaut worden war, um es nach Ungarn zu transportieren und dort wieder in Betrieb zu nehmen. Mit ihnen waren die Namen verschwunden, die zu den anonymen Nummern der Toten gehörten, mit deren Hilfe man sie hätte identifizieren können.
    »Er hat viele getötet. Frauen, Kinder, junge Männer, Alte. Es hat ihm wohl Spaß gemacht, sie zu quälen.«
    »Haben Sie die Unterlagen von Bernd Propstmeyer mal gesehen?«
    »Er hat sie wohl vernichtet. Er hat mir mal erzählt, dass er nicht wollte, dass sie in die falschen Hände gelangten.«
    »Vermutlich sollten sie nicht in Ihre Hände gelangen, nachdem Sie ihn schon mit diesem einen Foto erpressen konnten.«
    »Ich hätte das nicht getan. Ich hatte ja, was ich wollte.«
    »Es hätte vielleicht irgendwann nicht mehr gereicht.« Engbers nahm das Foto vom Tisch und sah es sich noch einmal an.
    »Er hätte sicher irgendwann erkannt, dass ich die bessere Wahl gewesen wäre. Er hätte mich lieben können wie keine andere Frau, weil ich ihn so geliebt habe wie keine andere Frau.«
    »Gab es denn eine andere Frau?«
    »Evelyn hat mir alles kaputt gemacht.«
    »Und danach?«
    »Nein. Da gab es nur noch mich.«
    »Eifersucht ist das häufigste Motiv für eine Mörderin.«
    »Ich wünschte, Bernd würde noch leben. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass ich ihn nicht umgebracht habe. Ich habe ihn geliebt.«
    »Aber er hat Sie nicht geliebt.«
    »Doch. Er hat mich geliebt.« Ihre Stimme klang weich und klar, aber ihre Augen zeigten ihre Erregung. »Jetzt ist er tot und ich bin wieder alleine.«
    Sie sah Engbers an, der das Foto wieder auf den Tisch gelegt hatte. Er ahnte, was ihre Blicke zu bedeuten hatten, aber er hatte kein Interesse an ihr. Nicht an dieser Frau. Auch wenn er sonst nicht viel anbrennen ließ. Sie war krank und sie lebte in einer anderen Welt, zu der niemand anderer Zugang haben würde.
    »Sie werden so schnell auch keine Gelegenheit mehr dazu haben, einen anderen Mann kennenzulernen«, sagte Engbers, ohne sie dabei anzusehen. »Morgen Mittag werden Sie dem Haftrichter vorgeführt und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie die nächsten zehn Jahre etwas anderes atmen als gesiebte Luft in einem Frauengefängnis. Dort gibt es dann höchstens noch einen männlichen Anstaltsleiter, wenn Sie Glück haben, aber den werden Sie wohl nur bei Ihrer Einlieferung und vielleicht noch bei Ihrer Entlassung sehen.«
     
    Davídsson hatte gut geschlafen. Die Klimaanlage im Hotelzimmer war die ganze Nacht über gelaufen und hatte ihm das ermöglicht, was für ihn seit Tagen reiner Luxus gewesen war, den er nur in den frühen Morgenstunden hatte genießen können. Dann, wenn er schon beinahe wieder aufstehen musste.
    Beim Abendessen auf dem Hotelzimmer hatte er die Idee

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