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Mordlicht

Mordlicht

Titel: Mordlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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er
Dr. Starke an. Der Kriminaloberrat war der direkte Vorgesetzte der Husumer
Kripo. Während Christoph auf die Verbindung wartete, sah er den Mittdreißiger
vor seinem geistigen Auge. Braun gebrannt, nach der neuesten Mode gekleidet,
durchgestylt. Niemand hätte hinter dieser Fassade den ehrgeizigen Polizisten
vermutet, der vielen als Überflieger galt und nach eigener Aussage die Position
in Flensburg nur als Zwischenstufe auf der Kieler Karriereleiter sah. Auf
menschlicher Ebene hatten die drei Husumer nie Zugang zu ihrem Vorgesetzten
gefunden.
    Christoph informierte den Kriminaloberrat über die
Ereignisse der vergangenen Nacht sowie den Anruf von Frode Hansen, ebenso ließ
er den gestrigen Besuch des Toten beim Bredstedter Pastor nicht unerwähnt.
    »Wie sind Sie derzeit ausgelastet?«, wollte Dr. Starke
wissen.
    »Mehr als genug. Wir haben hier jede Menge der
üblichen Routinefälle zu erledigen. Darüber hinaus bereitet uns ein Täter
Sorgen, der als ›Schubser‹ in den Medien Einzug gehalten hat. Wie Ihnen bekannt
ist, sind wir immer noch unterbesetzt.«
    »Sie sollten nicht immer das Hohe Lied der Klage
anstimmen, sondern konstruktive Überlegungen anstellen, wie das Arbeitspensum
mit dem gegebenen Rahmen an Personal und Sachmitteln zu bewältigen ist«,
belehrte ihn der Kriminaloberrat, der seit dem ersten Tag, an dem Christoph den
Dienst an der Westküste aufgenommen hatte, an den Fähigkeiten der Husumer
Dienststelle herummäkelte. »Wir kennen immer noch nicht die Identität des
Toten. Er hatte keine Papiere bei sich. In unseren zentralen Dateien wird er
auch nicht geführt. Ich beauftrage Sie deshalb, dem K1 Unterstützung zu leisten
und Namen sowie Herkunft des Mannes aufzuklären. So schwer kann das ja nicht
sein. Schließlich scheint das Opfer aus der Gegend zu stammen. Und die ist dünn
besiedelt. Der Landkreis hat nicht mehr Einwohner als ein Stadtbezirk einer
Großstadt.«
    »Unser Kreis ist nur unwesentlich kleiner als das
Saarland, hat dafür aber eins Komma drei Millionen Gäste pro Jahr«, hielt
Christoph entgegen.
    Dr. Starke lachte auf. »Wie so oft bringen Sie
unsachliche Argumente ein. Wir können doch ausschließen, dass ein Tourist als
Täter infrage kommt. Oder wollen Sie – gerade Sie in Husum – sich womöglich
noch zu der Vermutung hinreißen lassen, bei Ihnen würde ein bezahlter
Auftragskiller aus Osteuropa sein Unwesen treiben?«
    Es war müßig, mit Dr. Starke zu diskutieren. Deshalb
verzichtete Christoph auf eine Erwiderung. Stattdessen fragte er: »Und wer
kümmert sich um die Behauptung des Opfers, es sei selbst ein Mörder?«
    »Dafür gibt es keine Anhaltspunkte. Wir haben
nirgendwo unbekannte Mordopfer. Ich halte diese Behauptung für falsch.
Vielleicht hat der Tote sich selbst gemeint?«
    Gern hätte Christoph dem Kriminaloberrat geantwortet,
dass er Zynismus in diesem Fall für wenig angebracht hielt.
    »Aber wenn es Sie beruhigt«, ergänzte Dr. Starke,
»dann übertrage ich Ihnen auch die Nachforschungen zu dieser Frage. Es würde
mich wundern, wenn Sie einen weiteren Toten finden würden. Im Übrigen werden
Sie Verstärkung bekommen. Ich habe dafür gesorgt, dass eine Kollegin aus
Schleswig zu Ihnen versetzt wird. Frau Hauck wird sich in den nächsten Tagen
bei Ihnen melden.«
    Nachdem er aufgelegt hatte, informierte Christoph
seine beiden Kollegen über den Inhalt seines Telefonats mit dem Vorgesetzten.
»Und du, Wilderich, kannst dir deinen üblichen Kommentar ersparen, wenn wir
über unseren Chef sprechen«, meinte er an Große Jäger gewandt.
    Doch der Oberkommissar lachte nur kurz auf.
»Trotzdem«, meinte er, zeigte zwei Reihen gelber Zähne und zischte: »Scheiß-Starke.«
    Christoph warf Große Jäger einen missbilligenden Blick
zu, ließ die Äußerung aber unkommentiert.
    Mommsen durchforstete alle Dateien, die ihnen
Aufschluss über die Identität des Unbekannten hätten geben können. Es lag weder
eine Vermisstenmeldung vor, die auf den Mann gepasst hätte, noch gab es
irgendeinen Hinweis auf ein weiteres Tötungsdelikt, dessen sich der Tote
gegenüber Pastor Hansen bezichtigt hatte.
    Christoph rief Hauptkommissar Jürgensen von der
Kriminaltechnik an.
    »Die Leiche ist noch in der Nacht zur Obduktion nach
Kiel gebracht worden. Ein Ergebnis liegt uns noch nicht vor. Nach allem, was
wir bisher wissen, ist der Kopf des Mannes mit großer Wucht gegen die Mauer
geschlagen worden. Dafür sprechen auch die Druckstellen im Gesicht, unterhalb
der Ohren.

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