Mordloch
geworden. Außerdem tummeln sich auf diesem Sektor schillernde Gestalten. Hier wie dort.«
»Das kann ich mir denken«, zeigte sich Häberle interessiert, »könnte es denn Geschäftspartner geben, die Ihrem Mann oder Ihnen nicht sonderlich gut gesonnen sind?«
Die Frau schüttelte den Kopf und richtete ihren Oberkörper auf. »Wenn mir spontan jemand einfiele, würde ich es Ihnen sagen. Aber ...« Für einen Moment hielt sie inne. »Aber es gibt niemanden, dem ich so etwas zutrauen würde.«
»Und in anderen Bereichen?« schaltete sich jetzt Linkohr ein. »Wir wissen, Ihr Mann hat sich in der Kommunalpolitik engagiert. Die Sache mit diesem Schweinestall hat für kräftigen Wirbel gesorgt.«
Sie winkte ab. »Vertane Zeit, hab’ ich immer gesagt. Ja, er hat sich da reingekniet wie ein Besessener und sich zum Sprecher der Gegner gemacht. Ich bin ja auch der Meinung, dass so eine riesige Anlage stinken wird – aber wenn die Behörden etwas genehmigen, hat man doch als kleiner Bürger keine Chance mehr. Nicht in diesem Land, nicht bei diesem Bürokratismus.«
Häberle nickte verständnisvoll. Und sein Kollege meinte: »Damit hat er sich den Hass des Ortsvorstehers zugezogen.«
»Das kann man wohl sagen. Vorige Woche ging’s doch im Ortschaftsrat kräftig zur Sache. Und anschließend gab es hitzige Telefonate. Mein Mann konnte in solchen Fällen richtig wütend werden.«
Häberle wechselte das Thema: »Hatte Ihr Mann ein Handy?«
»Ja, selbstverständlich. Aber es schaltet auf die Mailbox – hab’ ich heut’ schon x-mal probiert.«
Häberle ließ sich die Nummer geben. Es war ein Einfaches, die letzten Gesprächsverbindungen auflisten zu lassen. Vielleicht ergaben sich daraus Anhaltspunkte, mit wem er sich zuletzt getroffen hatte.
»Und sein Auto?«
»Er ist mit dem Wagen unterwegs gewesen. Steht der denn nicht da unten?« Sie meinte den Platz beim Mordloch, und schien irritiert zu sein.
Häberle schüttelte den Kopf. »Leider nein. Wir brauchen Fahrzeugtyp, Farbe, Kennzeichen.«
»Ein Mercedes Kombi, dunkelblau, fast schwarz.« Sie nannte das Kennzeichen und Linkohr notierte es auf einem winzigen Stück Papier, das er in seiner Hosentasche fand.
Dann bat der Chefermittler die Frau noch einmal um Verständnis dafür, dass sie noch heute Abend ihren Mann identifizieren müsse. Er werde sie in einer halben Stunde von einem Streifenwagen abholen und in das gerichtsmedizinische Institut nach Ulm bringen lassen. Die beiden Kriminalisten erhoben sich und ließen sich zur Haustür bringen. Dort fiel Häberle noch eine letzte Frage ein: »Hatte Ihr Mann sonst noch eine Tätigkeit? Ein Hobby – oder etwas anderes?«
»Nun ja«, erwiderte Frau Flemming und öffnete die Haustür. Draußen regnete es wolkenbruchartig. »Wissen Sie, er konnte nie genug kriegen, deshalb hat er immer mal wieder was Neues angefangen. Eine Zeit lang hat er eine Versicherungsagentur gehabt, doch wenn Sie da nicht all ihre Bekannten und Freunde aufs Kreuz legen, haben Sie heutzutage keine Chance als Neuling in dieses Geschäft einzusteigen. Und jetzt ...« Sie überlegte, »jetzt hat er mit dieser Künstleragentur angefangen. Vermittlung und so.«
Häberle, der schon zur Tür hinausgehen wollte, drehte sich um, Linkohr blieb im Flur stehen. »Künstleragentur?« hakte der Chefermittler nach.
»Ja, wenn irgendwo ein Fest geplant ist, hat er Künstler vermittelt – Sänger, Zauberer, Jongleure, Musiker, Artisten. Ist aber heutzutage auch nicht viel dabei zu verdienen. Die Veranstalter haben doch kein Geld mehr.«
»Und da hat’s nie Schwierigkeiten gegeben?« wollte Häberle wissen.
»Wo gibt’s die nicht?« fragte die Frau zurück, »natürlich gab’s da Ärger. Geld und Gagen, Honorare und Abrechnungen. Was glauben Sie, wie sensibel Künstler sind!«
»Und in letzter Zeit?« Der Wind trieb den Regen in den Flur.
»Noch gestern Vormittag, das fällt mir jetzt ein, hat er am Telefon einen heftigen Streit gehabt. Aber fragen Sie mich nicht warum.«
»Wir fragen Sie nur, mit wem«, sagte Häberle und kam wieder einen Schritt näher auf sie zu, weil er Regentropfen im Gesicht spürte.
»Es war dieser schwäbische Sänger, dieser Musiker, der am Abend in der Roggenmühle aufgetreten ist. Dieses Duo mit dem komischen Namen. Markus hat gesagt, er werde runterfahren, um mit ihm unter vier Augen zu reden.«
»Ach«, Häberle staunte, »das ist doch schon mal etwas.«
Draußen im weißen Kripo-Mercedes, mit dem Häberle aus
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