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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Vordergrund steht – oder der grenzenlose Schwachsinn von Politikern, die noch nie in ihrem Leben einen Mistwagen geschoben haben.«
    Das waren Worte, wie sie Häberle gefielen. Er selbst kämpfte schon ein halbes Leben lang gegen den allgegenwärtigen Bürokratismus.
    Der Mann war noch nicht fertig: »Aber es kommt noch schlimmer. Wir kriegen Geld, wenn wir Flächen stilllegen. Man muss sich das mal vorstellen. Wir sollen aus unserem Ackerland möglichst ein Biotop machen – nichts tun. Und kriegen Geld dafür. Kann es einen größeren Schwachsinn geben? Wir kriegen Geld, damit wir nichts anbauen, könnten aber allein von dem, was die karge Hochfläche der steinigen Schwäbischen Alb hergibt vermutlich ganze Landstriche in Afrika versorgen und Menschen vor dem Verhungern retten. Okay, unsere Politiker sagen, das alles wäre finanziell nicht zu bewältigen – hier anpflanzen und dann nach Zentralafrika transportieren. Immer die Kosten!« Wühler ballte die Fäuste. »Haben wir denn keine Verantwortung gegenüber den anderen Menschen auf diesem Planeten? Bloß, weil wir zufällig da leben dürfen, wo alles in Hülle und Fülle wächst, kümmern wir uns einen Dreck um die Ärmsten der Armen! Aber wir sehen ja nur uns, unsere kleine Welt!«
    »Sie nicht?« wagte Häberle zu unterbrechen. Wühler war für einen Moment irritiert. »Meinen Schweinestall?« fragte er leiser. »Man mag geteilter Auffassung sein, Herr Häberle. Das ist absolut legitim. Aber unser Konzept basiert auf der Überlegung, dass die Landwirtschaft hier bei uns überleben muss. Hier wird das Futter produziert, hier wird es an die Schweine verfüttert – und hier wird heimisches Fleisch produziert. Kein fragwürdiges Billigfutter von was weiß ich woher. Kein Fleisch, dessen Herkunft nur mühsam, wenn überhaupt, nachzuvollziehen ist. Oder sind Sie auch so blauäugig, zu glauben, dass all die Maßnahmen, die nach dem BSE-Skandal getroffen wurden, lückenlos zu überprüfen sind? Bei den Gaunern, die heutzutage überall sitzen, bis rauf in die höchsten Ministerien.«
    Häberle entgegnete nichts. Der Mann hatte vermutlich Recht.
    »Nein«, gab sich der Redner nun selbst die Antwort, »nur wenn wir selbst produzieren, hier, bei uns, können wir den grenzüberschreitenden Banditen entgegen wirken und guten Gewissens unseren Lebensmitteln vertrauen. Aber was heutzutage abläuft, Herr Häberle, da staun’ ich, dass man sich wundert, welche Krankheiten ausbrechen. Die vielen Allergien dürften noch das Harmloseste von allem sein.«
    Auch der Kommissar hatte jetzt einen trockenen Mund und trank hastig. Ihm gefiel die Art Wühlers.
    »Ganz zu schweigen von dem verantwortungslosen Verkehr«, fuhr der Gastwirt fort, »Waren und Tiere werden quer durch Europa kutschiert, nur um Subventionen zu erschleichen oder an irgendeinem entlegenen Zipfel günstige Arbeitslöhne auszunutzen. Schau’n Sie auf die Autobahn, schauen Sie hin!« Wühler war jetzt in Fahrt. »Ein Lastzug am andern. Die Kraftstoffkosten spielen gar keine Rolle, nicht mal die Lkw-Maut. Nein, Herr Häberle, auf Teufel komm raus wird alles verschoben und zwischen Nordkap und Sizilien hin- und hertransportiert. Und die Spediteure zocken ab.«
    Der Chefermittler sah keinen Grund zu widersprechen. Während seiner Zeit beim Landeskriminalamt hatte er Einblicke in die abartigsten Geflechte erhalten. Um innerhalb der EU Subventionen zu erschleichen, brauchte man die Waren nicht mal zu bewegen. Findige Betrüger tätigten die Transaktionen, um Gelder zu ergaunern, nur auf dem Papier.
    »Aber Ihnen gelingt es nicht, Ihre Gegner von Ihrem Projekt zu überzeugen?« hakte Häberle jetzt nach, um dem Gespräch wieder die gewünschte Richtung zu geben.
    Wühler schüttelte resignierend den Kopf. »Nein. Ich bin hier zum Buhmann abgestempelt.«
    »Und jetzt, wo Flemming tot ist – wer wird den Widerstand künftig organisieren?« Der Kommissar behielt sein Gegenüber fest im Auge.
    »Keine Ahnung. Da findet sich ganz bestimmt wieder einer.«
    Häberle wechselte das Thema. »Flemming hatte mehrere Jobs ...?«
    Wühler blickte sich um und beugte sich zu seinen beiden Gesprächspartnern her. »So kann man das sicher sagen. Diesen Großhandel mit seiner Frau – irgendwelche Importgeschichten ja. Und neuerdings diese Künstlersache.«
    Auf dieses Stichwort hatte Häberle insgeheim gehofft. »Er hat sich wohl noch gestern mit einem Musiker in die Haare gekriegt, mit einem, der in der ›Oberen Roggenmühle‹

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