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Mordloch

Mordloch

Titel: Mordloch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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galt Osotzky. Also doch.
    Er betätigte ebenfalls den Blinker, reduzierte die Geschwindigkeit und bog ab. Er kannte dieses Bild: Mehrere Kastenwagen der Polizei, dazwischen ein weißer Kombi des Bundesamts für Güterverkehr (BAG). Sie hatten es nicht nur auf den technischen Zustand der Lastwagen abgesehen, sondern auf den ganzen bürokratischen Papierkram, mit dem das Transportgewerbe zunehmend belastet wurde, dachte der altgediente Fernfahrer. In solchen Fällen war er froh, wenn er auf erfahrene Polizeibeamte stieß, die in einer Viertelstunde alles gecheckt hatten. Abseits der Autobahnen jedoch entwickelten sich die Kontrollen oftmals zu mehr als halbstündigen Zeremonien, weil sich die dortigen Polizisten in dem Wust von Vorschriften selbst nicht zurechtfanden.
    Als er angehalten hatte, öffnete er die Fahrertür und begrüßte mit einem freundlichen Lächeln einen uniformierten Oberkommissar, dessen Uniform bereits ziemlich durchnässt war. Der bat um die Papiere, während sich zwei seiner Kollegen im strömenden Regen auf den technischen Zustand des Sattelzugs konzentrierten. Osotzky reichte den Schnellhefter herab. »Alles drin«, sagte er und öffnete bereits, ohne aufgefordert worden zu sein, die Klappe für die Tachografenscheibe. Er schlug dem Oberkommissar vor, auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen, um die Unterlagen nicht im Regen prüfen zu müssen. Der Beamte lächelte dankend und ging um das Fahrzeug herum zur Beifahrertür. Als er in der Kabine saß, stellte er mit geübten Blicken fest, dass alle erforderlichen Dokumente vorhanden waren.
    »Sie fahren nach Antwerpen?« fragte er.
    Osotzky nickte. »Irgend so ein Vorort, ja. Steht da drauf. Ich kann mir den Namen nie merken. Muss man ja nicht mehr, seit man diese Dinger hat.« Er deutete auf den Bildschirm des Navigationsgeräts.
    »Ziemlich ungeliebten Stoff an Bord«, murmelte der Uniformierte beim Blick auf die Gefahrgutunterlagen und ließ damit durchblicken, dass er sich in der Materie auskannte. »Clophen – das Zeug kostet zum Entsorgen verdammt viel Geld.«
    Osotzky nickte. »Das Zeug aus den Transformatoren, ein Kühlmittel«, erwiderte er.
    »Davon haben Sie 6000 Liter da hinten drin?« fragte der Beamte, obwohl er diese Mengenangabe aus den Unterlagen gelesen hatte.
    Der Fernfahrer nickte. »Wollen Sie einen Blick reinwerfen?«
    »Ja, bitte«, sagte der Oberkommissar und unterzog die Tachografenscheibe einem kritischen Blick. Dann stiegen die beiden Männer aus und eilten im stärker werdenden Regen zum Fahrzeugheck. Unterwegs wechselte der Polizist einige Worte mit seinen durchnässten Kollegen, die ihm offenbar das zufriedenstellende Ergebnis ihres Außenchecks mitteilten. Mit wenigen Handgriffen öffnete Osotzky die Flügeltür am Heck des Sattelzugs. »Soll ich Licht anmachen?« fragte er, doch der Beamte winkte ab. Ihm genügte, was er sah. Die beiden langen Reihen Fässer, die fest in metallenen Vorrichtungen verankert waren, machten einen sauberen und ordentlichen Eindruck. Die Ladefläche wirkte gepflegt, als würde man damit Lebensmittel transportieren wollen.
    »Okay«, sagte der Beamte und warf dem Fahrer einen vielsagenden Blick zu: »Und die in Antwerpen verkappen das Zeug im Meer?«
    Osotzky, der die Hecktüren wieder verriegelte, zuckte mit den Schultern: »Müssen Sie meinen Chef fragen. Aber wahrscheinlich ist das dem auch egal. Wir bringen’s ordnungsgemäß hin – und was die Entsorgungsfirmen tun ...« Er hob mit einer Unschuldsgeste die Arme. »...mein Gott, das müssen andere prüfen.«
    Der Oberkommissar erwiderte nichts und wandte sich dem nächsten Lkw zu.
     
     
     

15
    Florian Metzger hatte sich auf den Besucher gründlich vorbereitet und die Räume des schmucken Vereinsheimes hergerichtet. Die Hobbyeisenbahner waren stolz auf ihre Unterkunft, die sich in einem Nebengebäude des Geislinger Bahnhofs befand. In mühe- und liebevoller Arbeit hatten sie es renoviert, nachdem es ihnen von der Bahn verpachtet worden war. Direkt am Bahnsteig eins, gleich neben dem eisernen Fußgängersteg, hatten sie auf diese Weise ein Vereinsheim geschaffen, das stilvollerweise direkt an der Hauptstrecke Stuttgart-Ulm lag. Während vor dem Fenster ein ICE vorbeizog, hier nur 70 km/h schnell, weil Steigungsverhältnisse und enge Gleisbögen kein schnelleres Tempo zuließen, begrüßte der junge Mann den Gast. Es war Geislingens Oberbürgermeister Hartmut Schönmann, der sich an diesem regnerischen Montagmorgen selbst von den

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