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MordLust

Titel: MordLust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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vorgetäuschten Reaktionen zu unterscheiden.
    Widdler war im Laden und telefonierte gerade mit dem Rücken zur Tür, als Lucas und Smith hineingingen. Über ihnen klingelte das Glöckchen. Widdler war allein. Sie drehte sich um, sah sie, richtete sich auf ihrem Stuhl auf, täuschte einen Ausdruck von Verwunderung vor und sagte ins Telefon: »Ich muss Schluss machen. Ich hab Besuch.«
    Sie legte auf, dann erhob sie sich angespannt und zittrig und hielt sich an der Stuhllehne fest. »Was gibt’s?«, fragte sie.
    »Sie scheinen … Wissen Sie es bereits?«, fragte Lucas und neigte den Kopf zur Seite.
    »Wo ist mein Mann?« Die Frage hatte nichts Zögerliches an sich; sie klang wie eine Forderung.
    Lucas sah Smith an, worauf dieser sagte: »Nun ja, Mrs. Widdler, es hat sich eine Tragödie ereignet …«
    Eine Serie winziger Muskelzuckungen zog über ihr Gesicht. »O Gott«, sagte sie. »Ich wusste es. Wo ist er? Was ist ihm zugestoßen?«
    »Mrs. Widdler«, sagte Lucas, »er hat sich offenbar umgebracht.«
    »O nein!«, schrie sie. Wieder konnte Lucas nicht feststellen, ob die Reaktion vorgetäuscht oder echt war. Sie wirkte vorgetäuscht, aber … das musste sie ja schließlich auch. »Das würde er doch nicht tun«, schluchzte sie. »Leslie würde niemals … Ist er gesprungen? Ist er gesprungen?«
    »Ich fürchte, er hat sich erschossen«, antwortete Smith.
    »O nein. Nein. Leslie doch nicht«, sagte Widdler. Sie machte eine halbe Drehung und ließ sich auf den Stuhl sinken, setzte eine weinerliche Miene auf und hätte beinahe sogar eine Träne produziert. »Leslie würde niemals … sein Gesicht ist doch nicht etwa …?«

    Wenn sie uns das vorspielt, ist sie echt gut, dachte Lucas. Ihre Fragen waren auf ziemlich genau die richtige Art blödsinnig.
    »Ich fürchte, Sie müssen mit uns kommen, um den Toten offiziell zu identifizieren, doch es besteht wirklich kein Zweifel«, sagte Smith. »Lucas und ich kannten ihn ja schließlich. Was haben Sie geglaubt, wo er letzte Nacht war? War er hier? Ist er heute Morgen in aller Frühe weggegangen?«
    Widdler wandte den Blick ab, ihre Stimme klang zögernd und brüchig. »Er … ist gar nicht nach Hause gekommen.«
    »Hat er das früher schon mal gemacht?«
    »Nur … ja. Ich glaube nicht … er würde es wohl nicht noch einmal aus dem gleichen Grund getan haben.« Sie blickte sie mit weit aufgerissenen Augen um eine Erklärung heischend an. »Aber warum? Warum sollte er sich etwas antun? Er hatte doch alles, was man sich im Leben wünschen kann.«
    Sie machte wieder ein weinerliches Gesicht, und Lucas dachte nur: Mist!
    »Es gibt da noch einige andere Probleme, die mit seinem Tod zusammenhängen, Mrs. Widdler«, sagte Smith. »Wir sind auf illegale Aktivitäten gestoßen, und wir glauben, dass Sie darüber Bescheid wissen. Wir müssen Sie davon in Kenntnis setzen, dass Sie das Recht haben zu schweigen und dass alles, was Sie sagen, vor Gericht gegen Sie verwendet werden kann und auch verwendet werden wird. Sie haben das Recht, mit einem Anwalt zu reden …«
    »O Gott!« Die gesetzlich vorgeschriebenen Worte versetzten sie in Angst und Schrecken. »Sie können doch nicht etwa glauben, dass ich etwas getan habe?«
     
    Sie nahmen Lucas’ Truck, doch Smith fuhr. Lucas saß mit Widdler hinten. »Wie gut haben Sie Claire Donaldson gekannt?«, fragte er.
    »Donaldson? Aus Chippewa Falls?«

    »Ja.«
    Widdler machte ein nachdenkliches Gesicht. »Nun ja, ich wusste, wer sie war, aber ich habe sie nie persönlich kennen gelernt. Wir haben, als ihr Hab und Gut versteigert wurde, ein paar Antiquitäten gekauft, das war ja ein großes Ereignis in der Gegend. Warum?«
    »Ihr Mann hat sie ermordet«, sagte Lucas.
    »Hören Sie auf!«, schrie Jane Widdler. »Hören Sie sofort auf! Leslie würde niemals jemandem etwas zuleide tun.«
    »Und Mrs. Bucher und einen Mann namens Toms in Des Moines. Haben Sie Mrs. Bucher oder Mr. Toms gekannt?«
    Sie hatte die Arme um ihren Kopf gelegt, hatte nicht einfach nur ihr Gesicht in den Händen vergraben, sondern ihre Arme so um den Kopf geschlungen, dass ihr Gesicht beinahe ihren Schoß berührte. »Ich höre nicht zu«, sagte sie. »Ich höre nicht zu.«
     
    Sie schniefte, weinte und stöhnte, weinte noch ein bisschen mehr und kramte in ihrer Handtasche nach dem zusammengeknüllten Kleenex-Tuch, das offenbar alle Frauen dabeihaben, und rieb sich so lange die Nase, bis ihre Nasenlöcher wund waren. Dann bombardierte Lucas sie mit der nächsten

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