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MordLust

Titel: MordLust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Frage.
    »Kennen Sie eine Frau namens Amity Anderson?«
    Das Schniefen verstummte, und Widdler nahm die Arme vom Kopf. Sie hatte rote Ränder um die Augen und fragte mit erstickter Stimme: »Was hat denn dieses Miststück damit zu tun?«
    »Sie kennen Sie also?« Endlich kam er weiter.
    Sie blickte in ihre Handtasche, nahm das zusammengeknüllte Kleenex wieder heraus und rieb sich erneut die Nase, dann sah sie aus dem Fenster zu den Häusern entlang der Randolph Street und sagte: »Ich kenne sie.«
    »Wie lange?« Lucas rechnete mit einer Lüge.

    »Seit dem College«, antwortete Widdler. »Sie … hat Leslie vor mir gekannt.«
    »Ihn gekannt? Hatte sie eine Beziehung mit ihm?«, fragte Smith, den Blick in den Rückspiegel gerichtet.
    Ein Schniefen. »Ja.«
    »Hat, äh … gab es irgendwelche Anzeichen dafür, dass die Beziehung weiter bestanden hat?«, fragte Lucas.
    Sie lehnte den Kopf an das Seitenfenster und starrte auf Smiths Hinterkopf. Das Morgenlicht fiel unbarmherzig durch das Fenster auf ihr Gesicht und ließ sie älter, blasser und härter und irgendwie deutsch aussehen, wie ein Porträt aus dem fünfzehnten Jahrhundert von Hans Memling oder auch wie eine Farmersfrau aus dem zwanzigsten Jahrhundert, gemalt von Grant Wood. »Ja.«
    »Wenn Sie ja sagen …?«
    »Wenn er die ganze Nacht wegblieb, dann war er dort«, erklärte sie.
    »Bei Amity Anderson«, sagte Lucas.
    »Ja. Sie hatte ihn irgendwie in der Hand, emotional in der Hand. Verdammtes Miststück.« Sie sah Lucas an und fletschte die Zähne. »Weshalb fragen Sie nach ihr? Was hat sie mit dieser Sache zu tun?«
    Lucas sah sie ebenfalls an und bemerkte nur ein Gemisch aus Botox-Zuckungen, Haarspray, teurem Schmuck und verlaufenem Make-up. »Ich weiß es nicht«, sagte er.
     
    Solange Leslie Widdler noch im Auto gewesen war, hatte er zwar schon irgendwie tot ausgesehen, es wären aber auch andere Möglichkeiten denkbar gewesen, zum Beispiel dass er betrunken war oder Drogen genommen hatte oder einfach nur unbequem auf dem Rücksitz lag, zumindest solange man das Loch in seiner Schläfe nicht sah.
    In der Gerichtsmedizin hatte man ihn aus dem Leichensack genommen und auf einen Stahltisch gelegt, um eine rasche
Autopsie durchzuführen. Hier, unter dem harten, gleißenden Licht, sah er richtig tot aus, so bleich wie eine Scheibe Butterschmalz. Die Spitzen seiner teuren schwarzen Schuhe aus Alligatorleder zeigten fast zur Seite, seine Zunge ragte aus einem Mundwinkel hervor, und seine Augen waren immer noch geöffnet. Er wirkte überrascht, soweit Tote dazu imstande sind.
    Jane blinzelte und entfernte sich. »Ja«, sagte sie im Weggehen und ließ sich vor dem Untersuchungszimmer in einen Sessel sinken.
    »Wir möchten Sie bitten, hier zu warten«, sagte Lucas. »Detective Smith und ich haben etwas zu besprechen.«
    Sie gingen gerade weit genug den Flur hinunter, um außer Hörweite zu sein, dann fragte Lucas: »Was meinst du?«
    »Ich glaube nicht, dass wir genug für eine Verhaftung haben«, sagte Smith. »Was ist mit den Durchsuchungsbefehlen?«
    »Wir haben sowohl in ihrem Haus als auch im Laden Leute von der Spurensicherung. Wenn du auch noch ein paar Männer vorbeischicken willst …«
    »Das werd ich tun«, sagte Smith und blickte zu Jane Widdler hinüber. »Lassen wir sie gehen?«
    Lucas blickte ebenfalls zu Widdler, dann wandte er sich wieder Smith zu und nickte, wenn auch zögernd. »Ich bin deiner Meinung, dass wir nicht genug für eine Verhaftung haben. Noch nicht. Wir sagen ihr, sie soll sich einen Anwalt nehmen, und dann reden wir mit dem Anwalt. Er soll dafür sorgen, dass sie in der Stadt bleibt und nicht anfängt, Geld herumzuschieben, sonst geht sie in den Bau. Wir können immer irgendwas finden, zum Beispiel Besitz von gestohlenem Eigentum.«
    »Wenn wir welches finden.«
    Lucas grinste. »Okay. Verdacht auf Besitz von gestohlenem Eigentum. Oder wir wär’s mit Beihilfe zum Mord? Wir können uns hinterher immer noch entschuldigen.«
    »Erzähl das mal ihrem Anwalt.«

    Sie gingen zurück zu Widdler, die sie nervös beobachtete und ihr Kleenex verzwirbelte. »Mrs. Widdler«, sagte Lucas. »Sie sollten sich einen Anwalt nehmen, jemanden, mit dem wir reden können. Wir glauben nämlich, dass Sie möglicherweise in illegale Aktivitäten verwickelt sind, die mit Leslies Tod zusammenhängen könnten.«
    »Werden Sie mich verhaften?« Sie wirkte verängstigt oder tat so, als ob sie verängstigt wäre; wer konnte schon den Unterschied

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