MordLust
scheinenden Minuten blickte er auf und sagte: »Sie ist hin.«
»Sehr gut, hat überhaupt keinen Lärm gemacht«, sagte Jane. Ihr fiel auf, dass die kahle Stelle auf Leslies Kopf immer größer wurde.
»Yeah.« Leslie konnte sehen, dass etwas Haar, ein bisschen Haut und vielleicht auch ein Spritzer Blut an der Holzkugel klebten. Er stand auf, drehte die Kugel richtig hin, setzte sie auf die Halterung in dem Geländerpfosten und drückte sie fest. Das Haar und die Haut befanden sich jetzt auf der Treppenseite der Kugel, wo Coombs wahrscheinlich mit dem Kopf dagegengeknallt wäre, wenn sie gestürzt wäre. »Finger?«, fragte er. »Sollen wir ihr die Finger brechen?«
»Ich glaube, wir fassen sie besser nicht mehr an«, antwortete Jane. »Sie ist perfekt gefallen. Was wir noch tun könnten …« Sie zog Coombs einen Pantoffel aus und warf ihn auf die unterste Treppenstufe. »Als ob sie über ihren Zeh gestolpert wäre.«
»Ich würde das schlucken«, sagte Leslie. »Also …«
»Gib mir noch eine Minute, um mich umzusehen«, sagte Jane. »Nur eine Minute.«
»Mein Gott, Jane.«
»Sie war eine alte Lady«, sagte Jane. »Vielleicht besaß sie ja irgendwas Gutes.«
Sie fuhren etwa fünfzig Meter, bogen auf die Lexington Avenue, und nach einer halben Meile lenkte Leslie das Auto in eine Seitenstraße, fuhr bis zu einer dunklen Stelle und schaltete den Motor aus.
»Was ist los?«, fragte Jane, obwohl sie es schon ahnte. Hier ging es nicht um Eleganz.
Leslie löste den Sicherheitsgurt, richtete sich ein wenig auf, um seine Hose zu lockern, und zog den Reißverschluss auf. »Besorg’s mir mal schnell mit der Hand. Mal eben auf die Schnelle.«
»Mein Gott, Leslie.«
»Na mach schon, Gott verdammt. Ich hab echt Schmerzen«, sagte er.
»Ich mach’s nicht, wenn du weiter eine solche Sprache benutzt«, erwiderte Jane.
»Nun mach doch schon.«
Jane löste ihren eigenen Sicherheitsgurt, langte hinüber, dann sagte sie: »Was hast du mit den Kleenex gemacht? Die müssten doch da in der Seitentasche sein.«
»Scheiß auf die Kleenex«, stöhnte Leslie.
SIEBEN
D ie nächsten zwei Tage waren hart. Die Kline-Sache lief auf Hochtouren, und Lucas hatte keine Zeit für den Fall Bucher. Er sprach zwar an beiden Tagen mit Smith und ließ sich auf den neuesten Stand bringen, aber es passierte nicht viel. Die Zeitungen schrieben allmählich ziemlich bissig darüber, und Smith ging in die Defensive.
Von den Versicherungsgesellschaften und der Strafvollzugsbehörde waren Berichte eingegangen. Die Sache mit dem Übergangshaus sah nicht sehr vielversprechend aus. Die Cops von St. Paul führten diverse Gespräche mit Verwandten, die zur Beerdigung anreisten und um über die Aufteilung der Bucher-Reichtümer zu diskutieren. Es kursierten Gerüchte von Rechtsstreitigkeiten innerhalb der Familie.
Doch trotz der Spannungen untereinander hatte keiner von ihnen einen anderen Familienangehörigen beschuldigt, zur Mordzeit in der Nähe von St. Paul gewesen zu sein. Sie waren mehr oder weniger gleichmäßig auf Santa Barbara und Palm Beach verteilt gewesen, und ein komischer Vogel hatte in seinem Apartment in Paris gehockt.
Alle von ihnen hatten Geld, sagte Smith. Tante Connies Vermögen wäre für sie zwar wie eine schöne Maraschinokirsche auf dem Eisbecher gewesen, doch die Eiscreme hatten sie bereits.
Lucas musste in den zwei Tagen drei lange Befragungen durchführen und hatte doppelt so viele Besprechungen.
Das erste Gespräch verlief schlecht.
Kathy Barth hatte sowohl Arsch als auch Titten, und vielleicht von beidem ein bisschen viel, nun wo sie auf die vierzig zuging. Ihre Tochter Jesse hatte die Gene ihrer Mutter geerbt, aber mit sechzehn war das alles noch straff, und wenn sie ging, bebte sie wie eine Schüssel Wackelpudding.
Obwohl sie wie ein Teenager redete, sich wie ein Teenager bewegte und ständig mit den Stöpseln ihres iPod in den Ohren herumlief, hatte Jesse das Gesicht einer dreißigjährigen Kneipenhockerin, zu großporig, zu verbraucht, mit einem schmalen, verdrießlichen Mund und mit Augen, die den Eindruck erweckten, als fürchte sie ständig, dass sie jemand schlagen könnte.
Beim ersten Gespräch saßen sie und Kathy Barth hinter den breiten Schultern ihres Anwalts, der einen Haufen Kauderwelsch von sich gab: »… zusammengekommen, um festzustellen, ob wir genau klären können, was wann passiert ist, und ob es überhaupt Sinn hat, diese Ermittlungen fortzusetzen …«
Virgil Flowers, ein
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