Mordrausch
gesagt.
Beim Wegfahren hatte er gedacht: Genau so läuft’s. Der Nachbarsjunge geht aufs College, hat eine blonde Verlobte und kriegt irgendwann Kinder. Er wird nie was erleben, außer dass er heiratet und Nachwuchs bekommt. Irgendwie hatte Cappy das wütend gemacht. Manche Leute besuchen das College, andere schleppen Kartons bei UPS.
Die Kälte in Minnesota machte ihm zu schaffen. Schon nach fünfzehn Minuten auf der BMW fühlte er sich trotz der Lederklamotten, der Fleece-Jacke und der Skimaske, als wäre er an der Maschine festgefroren.
Er musste fahren, irgendetwas tun, aber er hatte kein Geld. Keinen Penny. Sein Leben unterschied sich nicht sonderlich von dem in einem Kerker: arbeiten, essen, Drogen, schlafen und wieder arbeiten – ohne Aussicht auf etwas anderes.
Während er sein Gesicht mit Rasierschaum einseifte, dachte er an Kalifornien und Florida. Er war noch nie in Florida gewesen. Angeblich war das Leben dort intensiver und härter als in Kalifornien – Meth statt Kokain und viel mehr alte Leute.
Und wieder fiel ihm der große Schnapsladen in Wisconsin ein, gleich neben dem Supermarkt. Er war an einem Freitagabend dort gewesen und hatte zwölf Dollar fünfzig für eine Flasche Bourbon bezahlt, einen gefälschten Ausweis parat.
Niemand hatte ihn danach gefragt, weil er alt genug wirkte, um Alkohol kaufen zu dürfen. Der Mann an der Kasse hatte Cappys Fünfziger unter das Kleingeldfach geschoben, und Cappy hatte mindestens zwanzig andere Scheine entdeckt, alles Fünfziger und Hunderter. Mit den Fünfern, Zehnern und Zwanzigern im oberen Fach befanden sich bestimmt zweitausend Dollar in der Kasse.
Genug, um nach Florida zu kommen.
Da hatte er seinen Blick im Spiegel gesehen und gedacht: Idiot. Jedem Trottel, der Geld brauchte, fiel als Erstes ein Schnapsgeschäft kurz vor Ladenschluss ein. Wahrscheinlich waren überall Kameras, Waffen, Alarmanlagen und was sonst noch.
Nein, kein Schnapsladen, Cappy, lass dir was anderes einfallen.
Cappy starrte sich noch immer im Spiegel an, als das Telefon klingelte.
Als er ranging, meldete sich Lyle Mack: »Cappy?«
Cappy, der im hinteren Teil des Cherries saß, sagte zu Lyle Mack: »Shooter hat dir also erzählt, dass ich Leute um die Ecke bringe.«
»Er hat’s angedeutet, ohne es wirklich auszusprechen.«
»In Kalifornien könnte einem das Gefängnis einbringen«, sagte Cappy. »Vielleicht sogar die Todesspritze.«
»Genau deswegen haben wir ein Problem mit Shooter. Er quatscht zu viel.«
»Zehntausend Dollar?«, fragte Cappy mit ausdrucksloser Stimme.
»Fünftausend für jeden.«
»Und dann?«, wollte Cappy wissen.
»Was meinst du damit?«
»Man kann sie nicht einfach da draußen liegen lassen«, erklärte Cappy. In puncto Entsorgung besaß er Erfahrung.
»Wir … schmeißen sie irgendwohin.«
Cap musterte Lyle Mack eine Zeitlang, bis dieser unruhig zu werden begann. Schließlich sagte er: »Fünfzehn.«
»Mann, wir haben nicht viel Bares«, sagte Lyle Mack. »Komm schon, Cappy, wir bitten dich als Kumpel darum.« Lyle hatte noch nie einen Mord in Auftrag gegeben und war höllisch nervös. Sein Bruder, der neben ihm saß, rieb sich ununterbrochen das Gesicht.
»Fünfzehn ist der Freundschaftspreis. Ich brauch einen neuen Van.«
»Einen neuen Van kriegst du nicht für fünfzehn«, gab Joe Mack zu bedenken.
»Keinen wirklich neuen, nur einen für mich neuen«, erklärte Cappy.
Joe Mack beugte sich ein wenig vor. »Weißt du was? Du kannst meinen haben. Dodge Grand Caravan Cargo, drei Jahre alt, bestens gepflegt. XM, Rampe fürs Motorrad und Navi. Genau das Richtige für dich.«
»Getriebe?«
»Hat nie Probleme gemacht.«
»Ich hab einen Dodge; der zickt öfter«, entgegnete Cap, dachte jedoch: Florida.
»Alles zickt mal. Dodge-Vans sind trotzdem die besten«, sagte Joe Mack.
»Würd ich mir gern selber ansehen«, erwiderte Cappy.
»Klar.«
»Und dazu zweitausend bar. Ich brauch auch was zu essen.«
Als Lyle Mack in Cappys fahlblaue Augen blickte, wurde ihm bewusst, dass dieser wahnsinnig war.
Lyle Mack wählte Honey Bees Handynummer. »Bist du noch im Home Depot?«
»Bin grade am Wagen.«
»Mir ist da noch was eingefallen«, sagte Lyle Mack. »Geh zurück und hol ein paar von diesen großen Müllsäcken, ja? Und Gummihandschuhe.«
»Bin ich dein Dienstmädchen oder was?«
»Verdammt, du stehst doch vor dem Laden, Honey Bee …«
Cappy sollte am anderen Ende der Straße im Log Cabin auf sie warten, bis Honey Bee
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