Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
Vom Netzwerk:
mit Bourbongeruch im Atem.
    Cappy schloss die Tür so weit, dass er die Kette zurückziehen konnte, öffnete sie wieder und trat einen Schritt zurück. Als Joe Mack hereinkam, sah er aus, als wollte er »hübsches Zimmer« sagen, aber weil die Bemerkung absurd gewesen wäre, verkniff er sie sich und gab ihm nur die Tüte. Als Cappy sie in der Hand wog, wusste er sofort, was darin war.
    Er holte die Taurus Judge heraus.
    »Wo hast du die her?«
    »Hier gibt’s alle Waffen, die du dir vorstellen kannst, wenn du nur weißt, wo du suchen musst. Die wurde in Minneapolis geklaut, ist also heiß. Falls die Bullen dich erwischen sollten, erzählst du ihnen, du hast sie jemandem an der Hennepin Avenue abgekauft, zur Selbstverteidigung, weil du in einer gefährlichen Gegend lebst.«
    Cappy nickte. »Willst du was rauchen?«
    »Nee, ich hab zu tun.« Er hinterließ eine Wolke aus Alkoholdünsten.
    Joe Mack war hackedicht, dachte Cappy, legte sich mit dem Revolver wieder ins Bett, ließ den Zylinder kreisen, holte die Patronen heraus und schob die Waffe unters Kissen. Ein paar Minuten lang lauschte er noch dem Ticken des Weckers, bevor er ganz entspannt mit der Taurus Judge unter dem Kopf eindöste.

VIER
    J oe Mack beugte sich zu seinem Bruder hinüber und murmelte: »Schau dir diese Titten an …«
    »Halt’s Maul. Und hör auf, die so anzugaffen«, ermahnte ihn Lyle Mack. »Sonst machst du ihnen Angst.«
    »Die machen mir Angst«, sagte Joe Mack, ohne den Blick abzuwenden.
    Joe und Lyle Mack befanden sich auf fremdem Terrain, im Gebäude der Studentenvereinigung der University of Minnesota, wo es von kleinen Blondinen mit rosigen Wangen, Pfirsichhaut und dicken Titten nur so wimmelte.
    Joe Mack hatte noch nie eine mit Pfirsichhaut gebumst. Und er war noch nie auf einem College-Campus gewesen.
    Die Macks trotteten wie Elefanten im Porzellanladen durch das Erdgeschoss in die Cafeteria im Souterrain, wo Barakat mit einem Cappuccino in einer Ecke saß. Er trug ein weißes Hemd, bis obenhin zugeknöpft, blickte finster drein und fing gelegentlich an zu zittern, obwohl ihm Schweiß auf der Stirn stand. Ein dicker Parka lag auf dem Sitz neben ihm.
    Lyle Mack zog einen Stuhl heran, beugte sich zu ihm vor und sagte: »Das war nicht nötig.«
    Barakat zischte: »Ich erzähle euch jetzt eine kurze Geschichte. Mein Vater, meine Familie, die sind alle Christen; sie kommen aus dem Libanon. Euch Amerikanern sagt das nichts, aber für uns bedeutete es, dass wir uns gegen Palästinenser und Syrer verteidigen mussten, die uns hassten.«
    »Ja, ja …«, brummte Lyle Mack.
    Barakat drohte ihm mit dem Finger. »Ich weiß Bescheid über eure albernen Bikergangs, über die Seed. Die bringen hin und wieder einen oder zwei Menschen um. Als ich fünf Jahre alt war, haben unsere Leute in Beirut Hisbollah-Kämpfer aus dem Untergeschoss eines Kaufhauses geholt. Die haben sich ergeben, weil wir sie sonst mit Benzin ausgeräuchert hätten. Sie haben ein paar Tage in einem Gefangenenlager gewartet, bis es zu einem Waffenstillstand gekommen wäre. Wir Christen haben sie einen nach dem anderen rausgeholt, ihnen in den Kopf geschossen und sie in ein Loch gestoßen. Sechzehn Männer. Ich hab vom Dach unseres Hauses aus zugesehen und armenische Aprikosen gegessen. Mein Vater, meine Onkel, meine Cousins, sie waren wie Verkehrspolizisten an einer belebten Kreuzung: Hier rüber, da rüber, peng, peng, peng. Und ich habe Aprikosen gegessen und gelacht. Jetzt sind wir hier in den Vereinigten Staaten und bauen uns was auf. Solide Geschäfte. Ich habe meine Cousins angerufen und ihnen gesagt, dass es geschäftliche Probleme gibt. Wenn ich verschwinde oder sterbe, sollen sie die Brüder Joe Mack und Lyle Mack von der Cherries Bar umbringen. Habt ihr das verstanden? Sie kennen sich aus mit geschäftlichen Problemen; sie erledigen das. Ich habe ihnen freigestellt, wie sie es machen; sie sollen sich nur nicht erwischen lassen und euch, wenn möglich, quälen. Einer meiner Onkel, er heißt Timor, behauptet, er hätte mal einem Hisbollah-Kämpfer mit einem Rasiermesser die gesamte Haut abgezogen, bevor der gestorben ist. Ich weiß nicht, ob er das wirklich geschafft hat, aber versucht hat er es jedenfalls.«
    Die Mack-Brüder starrten ihn einen Moment lang ungläubig an.
    »Ich kann nur hoffen, dass ihr mir glaubt«, sagte Barakat, »denn es stimmt. Nach dem Mord an dem Mann im Krankenhaus wollt ihr mich sicher als Zeugen ausschalten. Versucht das ja nicht. Ich schwöre

Weitere Kostenlose Bücher