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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Loch in einem der Müllsäcke, ein weit offenes, gefrorenes blaues Auge.
    Lucas las in der Krankenhauscafeteria gelangweilt eine zerfledderte Ausgabe von The Onion , als Marcy Sherrill anrief und sagte: »Ich esse gerade Karottenschnitze und fettreduzierten Joghurt als Nachmittagssnack.«
    »Ich bin stolz auf dich«, erwiderte Lucas. »War’s das?«
    »Nein. Ich hätte da noch was Interessantes für dich, in Dakota County. Ein Farmer hat dort unter einer Brücke zwei frische Leichen in Müllsäcken gefunden. Ohne Brieftaschen, aber in der Jacke von dem einen steckte eine Benzinrechnung mit seinem Namen drauf. Charles Chapman alias ›Shooter‹ für seine Kumpels von den Seed. Die Deputies in Dakota haben den anderen als Michael Haines, Chapmans Mitbewohner, identifiziert. Beide sind in unserer Datei, beide Mitglieder der Seed. Und beide trugen Jeans, Bikerstiefel und beigefarbene Carhartt-Arbeitsjacken.«
    Lucas beugte sich über den Tisch, und Jenkins, der ihm gegenübersaß, spitzte die Ohren. »Nun, das ist tatsächlich interessant.«
    »Sie haben die Leichen nach St. Paul in die Gerichtsmedizin gebracht. Arme und Gesichter waren von Kojoten zerfetzt, die Beine zum Glück nicht. Haines hat drei Kratzer an der linken Wade, knapp oberhalb der Achillessehne. Sie sehen aus wie von Fingernägeln.«
    »Gute Neuigkeiten«, sagte Lucas. »Ich bringe Weather nach Hause, und dann fahre ich ins Büro und rede mit den Gang-Spezialisten. Das könnte die Lösung bringen.«
    »Wenn zwei von dreien tot sind …«
    »… ist der Dritte, der noch lebt, der Cleverste von ihnen. Nach dem Tod von Don Peterson musste er die anderen aus Sicherheitsgründen loswerden. Vielleicht wusste der Clevere auch, was es bedeutet, dass Haines sich die Kratzer eingehandelt hat.«
    »Die Gerichtsmedizin schickt DNS-Proben rüber zu euch ins Labor, in der Hoffnung, dass wir den Leuten dort Feuer unterm Hintern machen können«, erklärte Marcy. »Die Proben von Petersons Fingernägeln sind bereits dort.«
    »Sie werden mir sagen, dass Chemie Chemie ist, aber ich werde trotzdem versuchen, die Sache zu beschleunigen. Weißt du was? Ich wäre wirklich froh, wenn wir den Fall abschließen könnten.«
    »Ich glaube, das können wir«, erwiderte Marcy, mit Betonung auf »wir«, womit sie Minneapolis meinte.
    »Ich will dir nichts vormachen, Marcy. Wir haben die Informationen über die Rocker und ihre Akten«, sagte Lucas. »Ich sehe mir alles an und rede, mit wem ich reden muss. Schließlich geht’s um meine Frau.«
    Langes Schweigen. »Halt mich auf dem Laufenden.«
    »Du kennst mich doch.«
    Weather hatte die Nähte an den Köpfen der Zwillinge wieder geöffnet, so dass die Neurochirurgen die Dura mater weiter, Millimeter für Millimeter, trennen konnten. Um zwei Uhr nachmittags hatten sie die Hälfte geschafft.
    »Das Herz«, bemerkte der Anästhesist.
    Maret hielt inne und sah Sara an.
    »Nicht Sara, sondern Ellen«, erklärte der Anästhesist.
    Sie holten Seitz, den Kardiologen. »Ihr Blutdruck ist zu niedrig«, sagte er nach einem Blick auf die Monitore. »Sie steht kurz vor dem Herzstillstand.«
    Nun ging alles sehr schnell: Seitz verabreichte ihr stabilisierende Medikamente, doch jetzt machte Sara Probleme.
    »Aufhören. Ihr Blutdruck muss rauf, aber der von Sara darf nicht zu hoch sein. Sie müssen zurück in die Intensivstation«, erklärte Seitz.
    »Wenn wir noch ein oder zwei Stunden weiteroperieren könnten …«, sagte Maret.
    Der Kardiologe schüttelte den Kopf. »Dann verlieren wir eins der Mädchen. Mehr halten sie nicht aus.«
    »Verdammt. Alles andere läuft so gut …«, sagte Maret, sah auf seine Uhr und hinauf zum Zuschauerraum.
    »Weather … wie lange brauchst du, um alles zu verschließen?«
    Weather saß in der vordersten Reihe, Jenkins zwei Reihen hinter ihr. »Eine halbe Stunde.«
    »Dann zieh dich an, und wir hören auf.«
    Die Babys sahen verklebt und mit Gesichtsschutz aus wie kleine, blasse Fleischklopse; ihre Persönlichkeiten spielten im Moment keine Rolle. Zwischendurch kam es Weather vor, als beschäftigte sie sich mit Holzklötzen, dann waren sie plötzlich wieder Kinder. Sie arbeitete schnell. Die Zuschauer beobachteten sie voller Bedauern. Mit jedem Tag kam der Tod für die Mädchen näher.
    Als Weather fertig war und wieder ihre Straßenkleidung trug, ging sie mit Jenkins zum Eingangsbereich des Krankenhauses, wo Marcy Sherrill mit Lucas wartete. Marcy holte Fotos von Haines und Chapman aus ihrer Aktentasche

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